Ausgabe Nr. 2355
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Zu den Gewinnerfilmen des Astra Film Festivals 2013 in Hermannstadt
„Ich habe gar kein Einfühlungsvermögen; ich muss alles selber herausfinden!” Matthew ist Autist. Er nimmt seine Telefongespräche auf, um die Gefühle seiner Gesprächspartner anhand der Frequenzen zu entziffern. Der Gewinnerfilm der diesjährigen Ausgabe des Astra Film Festivals heißt „Matthew’s Laws“ von Regisseur Marc Schmidt aus den Niederlanden.
Der Film geht unter die Haut. Er zeigt die psychische Verfassung von Matthew, Autist und ehemaliger Schulfreund des Regisseurs. Matthew strebt nach Ordnung um jeden Preis – mit katastrophalen Folgen. Der Regisseur begleitet Matthew in seinem Alltag, in seinen heftigen Konfrontationen mit seiner Umwelt. Allmählich bekommt der Zuschauer einen Einblick in die komplexe Denkensart des Protagonisten.
Sieben volle Tage bot die 13. Ausgabe des Astra Film Festivals, das vom 14. bis zum 20. Oktober in den drei Sälen des Gewerkschaftskulturhauses in Hermannstadt stattgefunden hat. Die Fachjury hatte keine leichte Arbeit, denn sehr viele Filme hätten es verdient, zu gewinnen. Doch schließlich kann nur ein Film pro Kategorie preisgekrönt werden. Am Samstagabend, dem 19. Oktober wurden die Gewinner in einem feierlichen Rahmen im Thaliasaal bekannt gegeben.
Die Geschichte einer zerrütteten Familie gewann den Preis für den besten internationalen Dokumentarfilm. Neun Monate lang begleitete Biene Pilavci ihre Familie und versuchte auf diese ungewöhnliche Weise, ihre Geschwister mit den Eltern und untereinander zu versöhnen. „Alleine tanzen“ ist die Geschichte einer türkischen Einwandererfamilie. Körperliche Gewalt und ein liebloser, respektloser Umgang miteinander bestimmen die Kindheit von Biene. Die Eltern kommen in den 1970-ern aus Mittelanatolien nach Deutschland und ziehen ihre fünf Kinder vor allem mit Schlägen groß. In dem Film kommt es zu der Auseinandersetzung.
In der Kategorie Mittel- und Osteuropa wurde der Dokumentarfilm „Anatomie des Weggehens“ preisgekrönt. Șerban Ovidiu Tătaru erzählt die Geschichte seiner Ausreise aus Rumänien nach Deutschland in den späten 1980-er-Jahren. Der Dokumentarfilm bietet einen Einblick in die private Dimension des Lebens in der damaligen Diktatur und ist zugleich das Dokument einer Suche nach der eigenen Identität und nach einem Zuhause, das in dem Moment der Ausreise nicht mehr existierte.
In der Kategorie bester rumänischer Film wurde „În numele primarului“ (Im Namen des Bürgermeisters) von Anca Hirte prämiert. Im Bürgermeisteramt der Stadt Piatra Neamț bildet sich eine Warteschlange. Unzufriedene Bürger warten darauf von dem Bürgermeister zur Audienz gerufen zu werden. Die Jury des Astra Film Festivals beschreibt den Film als „eine beeindruckende Analyse der Beziehung zwischen einfachen Leuten und der Autorität“.
„Little Land“ (Kleines Land) von Nikos Dayandas gewann den Titel bester Film in der Kategorie „Ecocinematograff“. Bester studentischer Film wurde „Sachliche Romanze“ von Elke Margarete Lehrenkrauss.
Die Namen der Gewinnerfilme sind auf der Homepage www.astrafilm.ro zu finden.
Cynthia PINTER
Generalkonsul Thomas Gerlach (links) überreichte den Preis des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland an Şerban Ovidiu Tătaru, der in der Kategorie Mittel- und Osteuropa erfolgreich war. Foto: aff