Ausgabe Nr. 2347
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Das Harbachtalmuseum in Agnetheln zeigt Bilder des Künstlers Michael Barner
„Ich war von vornherein als Outsider gebrandmarkt und verfügte de fakto nicht über die geringsten diplomatischen Fähigkeiten" ist in den Memoiren des Agnethler Künstlers Michael Barner (1881-1961) zu lesen, die nur in handgeschriebener Form vorliegen. Barner kann wohl als ein vielseitig begabter Außenseiter betrachtet werden: Er war Zeichner und Maler, schrieb aber auch Gedichte in der siebenbürgisch-sächsischen Mundart, in deutscher, ungarischer und rumänischer Sprache, vertonte ca. 200 deutsche, siebenbürgisch-sächsische, ungarische und rumänische Texte und auch „Zigeunerlieder", die Heinrich von Wislocki gesammelt und ins Deutsche übersetzt hatte, nahm überallhin seine Geige mit und verbrachte ca. ein Jahr in einer Roma-Siedlung bei Agnetheln. Hier im Harbachtalmuseum sind jetzt Zeichnungen und Gemälde des Künstlers aus den Beständen des Harbachtalmuseums und aus Privatbesitz zu sehen.
„Wer war nun dieser Michael Barner, den man bis in die jüngste Zeit höchstens als Agnethler Heimatmaler wahrgenommen hat?" Dieser Frage ging die Kunsthistorikerin Dr. Irmgard Sedler, als Vertreterin des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim, das die Ausstellung gemeinsam mit der Heimatortsgemeinschaft Agnetheln und dem Harbachtalmuseum in Agnetheln betreute, in ihrer Ansprache bei der Vernissage am Donnerstag der Vorwoche nach.
Barner wurde 1881 in die Familie eines Schumachers hineingeboren, die laut Sedler „den Sprung aus ländlichen Verhältnissen (der Vater stammte aus Hundertbücheln) in die von protestantischem Fleiß und nüchterner Lebensführung geprägte Gesellschaft im aufstrebenden Handwerker-Marktflecken Agnetheln geschafft hatte." Der junge Barner besuchte die ungarische Bürgerschule in Fogarasch, dann die staatliche ungarische Handelsmittelschule in Kronstadt, wo er sich auf eine Beamtenlaufbahn vorbereitet. 1900 kommt er als solcher nach Budapest, wo im Zuge der Milleniumsfeier (1000jähriges Bestehen der "Stephanskrone") die Künstler hoch angesehen sind, wobei einige der ungarischen Künstler Malerschulen in Deutschland leiteten. 1903 kommt Barner mit einem staatlichen Stipendium an die Meisterzeichenschule in Budapest und enttäuscht nicht, wie Sedler festsstellt. 1905 stellt ist in der Ersten Ausstellung siebenbürgischer Künstlers des Sebastian Hann Vereins in Hermannstadt auch sein Selbstbildnis von 1903 zu sehen, laut Sedler "ein Schlüsselbild von Barners Schaffen. Es zeigt einen schönen jungen Mann, der selbstbewusst, leicht von oben herab seinen Blick in die Welt schickt. Der junge Maler ist sich seiner Gabe sehr wohl bewusst (…) Das Bildnis mit leicht symbolistischem Nachgeschmack lebt von der Aura des Erhabenen, der nach außen getragenen Seele. "
Knapp vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wandert Barner durch Europa, über München, nach Paris, nach den Haag und Amsterdam und schließlich besucht er in Rom die Freie Malschule, wo er vor allem Akte zeichnet. 1907 entschliesst er sich dann für die Malerei. Sedler stellt fest: "Mit dem Weg zur Farbe als neuem und nun als seinem eigentlich empfundenen Ausdrucksmittel verinnerlicht der Siebenbürger Sachse wie kaum ein anderer unter den siebenbürgisch-sächsischen Künstlern die Anregungen der Neo-Bewegung der Freien ungarischen Malschule in Frauenbach/Nagybanya/Baia Mare. (…) Er entwirft Landschaftsvisionen in gleißendem Geld und Rot, er fängt die bunten Spiegelungen des Lichts auf Meereswellen und auf den Flügeln der Möwen ein. Das Ernte-Bild, die Wagenszene mit dem fahrenden Volk, das Möwenbild, die Schnecken, all diese Bilder in der Ausstellung sind solche Farbvisionen, deren Stimmungsgehalt von der Lust am Leben bestimmt ist. Diese Lust am Leben ist dem Maler, Musiker, Komponisten und Poeten Michael Barner nie abhanden gekommen, auch nicht, als verstärkt seit den 1920er Jahren sein Nervenleiden Oberhand in seinem Leben gewann. Die vielen Agntehler Panorama-Bilder mit Emblemcharakter, seine oft verflachten Blumenbilder sind immer als ein kühnes Erlebnis der Welt und ihrer Farbenschönheit zu werten."
Barner ist nach 1918 auch in Berlin tätig, kehrt dann um 1935 in die Heimat zurück und verdient sich seinen Unterhalt als freier Maler in Schäßburg, Hermannstadt, Sächsisch-Reen, Mediasch und Agnetheln, unterbrochen durch Aufenthalte in der Nervenheilanstalt. 1950 kommt er ins Altenheim nach Birthälm und am 6. Juli 1961 stirbt er im Mediascher Krankenhaus an den Folgen einer Bilddarmentzündung.
In dem Begleittext zum Kalender mit Barner-Bildern, den die HOG 2011 zum 130. Geburtstag und 50. Todestag des Künstlers herausgegeben hatte, stellt die HOG-Vorstandsvorsitzende Helga Lutsch fest: „Eine umfassende Würdigung dieses hochinteressanten und vielseitig begabten Menschen steht noch aus." Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die aktuelle Ausstellung, die noch bis 21. Dezember d. J. in Agnetheln besichtigt werden kann und die 2014 auch im Friedrich Teutsch-Kultur- und Begegnungszentrum in Hermannstadt zu sehen sein wird.
Beatrice UNGAR
Unsere Bilder: Michael Barner: Fingerlingsplatz in Hermannstadt. Öl/Spanplatte, 1935.
Michael Barner: Selbstbildnis. Graphit und Silberstift, 1903