Fotos von Sibylle Bergemann bis Oktober in Hermannstadt zu sehen
Ausgabe Nr. 2926

Frieda Wild beim Auspacken der Fotografien. Foto: Ruxandra STĂNESCU
Ein Blick auf die Ränder, ein Gespür für das Subtile und Außergewöhnliche: Eine der umfassendsten Retrospektiven der ikonischen Berliner Fotografin Sibylle Bergemann (1941-2010) wird vom 6. September bis 6. Oktober 2025 im Museum für Zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums, in Kooperation mit dem Deutschen Kulturzentrum Hermannstadt und dem Institut für Auslandsbeziehungen Stuttgart gezeigt.
Mit Frieda von Wild, der Kuratorin der Ausstellung und Tochter der Künstlerin, sprach HZ-Redakteurin Ruxandra S t ă n e s c u, während die Ausstellung, die im Rahmen des Internationalen Festivals für Zeitgenössische Kunst (SCAF) stattfindet, aufgebaut wurde.
Was ist in dieser Ausstellung zu sehen?
In dieser Ausstellung sind ganz viele verschiedene Themen zu sehen. Meine Mutter hat viel Frauen fotografiert, also selbst als Frau war Frau immer das Thema. Wir sind gerade daran, das ein bisschen zu sortieren. Es gibt einen Raum hier unten, in dem auch die Ferne zu sehen sein wird. Meine Mutter war am Ende für die Zeitschrift Geo relativ viel in Afrika unterwegs und das wird hier im unteren Raum zu sehen sein. Das wird eine Mischung aus Schwarz-Weiß-Bilder und Farbfotos sein, die sie alle selbst gemacht hat. In der oberen Etage werden Schwarz-Weiß-Bilder und viele Portraits zu sehen sein und Mode. Weil das immer eine Gratwanderung ist, wann ist es Mode, wann ist es Portraitfoto, haben wir angefangen, das ein bisschen aufzulösen, weil viele ihrer Modefotos eigentlich Portraits der Frauen sind. Dazu werden auch ein paar Fotos von einem Pret-á-porter für afrikanische Mode in Dakar, in Senegal kommen, da hat sie auch fotografiert. Die kommen nicht in die Ferne, sondern hier, bei den Frauenportraits und Mode. Die Farben, die hier hängen, sind nicht mehr die Originalabzüge, weil wir beschlossen haben, dass sie zu wertvoll sind, um auf Reisen zu gehen. Das hier sind Archival Pigment Prints, die von den Originalabzügen gemacht worden sind, in der Farblichkeit und Ton unterscheiden sie sich durch nichts.

Hat Sibylle Bergmann also sowohl Schwarz-Weiß- als auch Farbfotos gemacht?
Die Auftragslage nach dem Mauerfall hat sich massiv verändert. Vorher war es irgendwie klar, dass sie schwarz-weiß fotografiert, was natürlich auch daran lag, dass das Material dafür in der DDR gut war und das Farbmaterial wirklich schlecht war. Auch wenn man zwischendurch farblich fotografieren musste, war es immer schwierig. Mit dem Fall der Mauer, mit den neuen Auftraggebern, war es aber irgendwie klar, dass sie in Farbe fotografieren muss und am Anfang ein bisschen schwierig, weil das nicht ihrer Sichtweise entsprach, aber sie hat sich schnell reingefunden, hat letztendlich mit der Farbe nicht anders fotografiert – warum auch – und hat angefangen, auch die Farbe selbst zu vergrößern. Sie hat sich eine riesige Farbentwicklungsmaschine gekauft und hat viele Stunden in der Dunkelkammer verbracht.
Wie haben Sie diese Ausstellung zusammengesetzt?
Die Auswahl für diese Ausstellung hat tatsächlich meine Mutter noch selbst gemacht, das war eine Ausstellung, die 2006 in der Akademie der Künste zu sehen war, und dann vom ifa übernommen wurde und seither durch die Welt reist. Ihre Erbinnen, also meine Tochter und ich, haben auch andere Ausstellungen zusammengesetzt, aber diese hier wurde von meiner Mutter selbst konzipiert.
Wie finden Sie persönlich diese Ausstellung, warum würden Sie sie empfehlen?
Es gibt viele Gründe, warum ich sie empfehlen würde… zum einen, weil es eine sehr warmherzige, empathische Art zu fotografieren ist, vor allem die Portraits sind alle sehr besonders, und auch die Landschaften, die wir sehen, sind immer mit einer Empathie fotografiert worden, die am Ende weiblich ist, was ich auch spannend finde. Ich mag jedes einzelne Foto sehr, obwohl ich diese Ausstellung inzwischen an vielen verschiedenen Orten gehängt und aufgebaut habe. Weil man sie an jedem Ort anders zusammenstellt, freue ich mich jedes Mal, die Bilder wieder zu sehen und es ist immer wieder auch ein gegenseitiges Willkommen zwischen den Bilder und mir. Ich wünsche allen, die in diese Ausstellung kommen, dass sie eine ähnliche Freude haben, diesen Bildern zu begegnen.

Wo war die Ausstellung schon zu sehen, wo wird sie noch zu sehen sein?
In Rumänien ist Hermannstadt die dritte Station, die Ausstellung war letztes Jahr bei Art Safari in Bukarest und dieses Jahr in Klausenburg zu sehen. Die Ausstellung wird dann noch in Kronstadt zu sehen sein.
Machen sie auch selber Fotos?
Tatsächlich mache ich auch selber Fotos, ich bin sogar gelernte Fotografin, habe meine Ausbildung bei meiner Mutter gemacht, die beste Lehrerin, die man haben kann, aber natürlich streng zu der eigenen Tochter. Das Problem für mich ist, dass es mir als Tochter einer so wunderbaren Fotografin schwerfällt, die eigenen Bilder zu zeigen, aber ich arbeite daran.
Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!
Die Vernissage der Ausstellung „Sibylle Bergemann. Photographien” findet am Samstag, den 6. September, 18 Uhr, im Museum für Zeitgenössische Kunst des Brukenthalmuseums (Quergasse/Tribunei 6) mit einer Führung von ifa-Kulturmanagerin und Kunstwissenschaftlerin Christiane Böhm statt. Im Rahmen der aktuellen ifa-Tourneeausstellung bietet Christiane Böhm weitere drei besondere Ausstellungsführungen: Am 16., am 23. und am 30. September, jeweils um 17 Uhr.
„Mich interessiert der Rand der Welt, nicht die Mitte. Das Nichtaustauschbare ist für mich von Belang,“, erklärte Sibylle Bergemann 2008. Sie begann ihre Karriere als Modefotografin für die DDR-Zeitschrift Sibylle, wo sie schnell mit einem neuen, unkonventionellen fotografischen Stil auf sich aufmerksam machte. Es folgten Aufträge für Zeitschriften wie Der Sonntag, Das Magazin, später auch Geo, Die Zeit, Der Spiegel, Stern und The New York Times. 1990 war sie Mitbegründerin der Berliner Fotoagentur OSTKREUZ, 1994 wurde sie in die Akademie der Künste aufgenommen. Ihre Werke sind heute in renommierten Sammlungen vertreten, u. a. in der Berlinischen Galerie, dem Deutschen Bundestag, der Sammlung Deutsche Börse, dem Deutschen Historischen Museum sowie internationalen Institutionen in Frankreich und den USA.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Frieda von Wild. Die lokale Koordination erfolgt durch Dr. Iris Ordean vom Deutschen Kulturzentrum Hermannstadt sowie Alexandra Runcan vom Brukenthalmuseum.