Eröffnung einer Keramikausstellung im Kreismuseum Bistritz
Ausgabe Nr. 2924

Dr. Zoltán Mlatzsi Ionescu, Dr. Irmgard Sedler und Gela Neamţu (v. l. n. r.) bei der Vernissage. Foto: der Verfasser
Die neue Sommerausstellung Kreismuseum Bistritz eröffnete am 8. August d. J.. Die alljährlich im August und September gezeigten Themenausstellungen des Museums in Bistritz werden nunmehr seit vier Jahren in der Zusammenarbeit mit dem Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim konzipiert und gestaltet. In diesem Jahr beteiligte sich zudem auch der Kulturverein „Haus der Sammlungen“ (Casa colecţiilor) in Torda/Turda am Projekt.
Während das thematische Konzept auf die gleichnamige Ausstellung des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim zurückgriff, stand den Museumsfachleuten in Bistritz die umfangreiche Keramiksammlung des Hauses zur Verfügung. Die Präsentation wurde ergänzt durch wertvolle Exponate aus dem ehemaligen Töpferzentrum aus Turda.
Neu war in Bistritz auch die Art der Zurschaustellung: Text und Bildbahnen wenden sich dreisprachig rumänisch, deutsch, ungarisch in der Form einer Straßenpräsentation an die Vorübergehenden. Viele blieben interessiert stehen und vertieften sich in die dargebotenen Inhalte. Auf einer zweiten Ebene erwarten gut über hundert Originalexponate aus drei Jahrhunderten die Besucher noch bis zum 15. September in den Räumlichkeiten des Museums. Die Textinformationen werden dann im Ausstellungsraum selbst ein weiteres Mal digital präsentiert.
Die Artefakte sind Zeugnisse einer reichen vorindustriellen städtischen und ländlichen Kultur im vielethnischen Raum Nordsiebenbürgens. Sie beleuchten äußerst dekorativ die traditionelle Gestaltung des Bauernhauses mit seinen entlang der Wände aufgereihten Krügen und Tellern am Rahmen. Sie verweisen auf die aufwändigen Geschenke seitens der Bruder- und Schwesterschaften im Verlobungs- und Hochzeitsbrauchtum, bei der Taufe. Als „Gevatterpfannen“ erinnern sie an die soziale Pflichterfüllung des Essenstragens zur Wöchnerin. Gestaltet sind sie auch in der Form bauchiger Nachbarschaftskannen mit witzigen Inschriften, oder als kommunizierende Gefäße (Vexierkrüge) zur Belustigung beim Zugang der Bruderschaften. Zuletzt lädt eine Vitrine mit Keramikmodellen für figurative Votivgaben aus Wachs, wie sie in der katholischen Kirche bei der ungarischen Bevölkerung Verwendung fanden, zur Besichtigung ein.
Die Ausstellungseröffnung vor vollem Saal und zahlreichen Medienvertretern leitete über zu zwei Vorträgen zum Thema. Dr. Irmgard Sedler vertiefte die Rolle spezieller keramischer Artefakte im Brauchtum der Siebenbürger Sachsen bei Hochzeit, Taufe, Einsegnung der jungen Mutter, bei Beerdigungen und im Aberglauben. In einem zweiten Teil, der von den Zuhörern interessiert verfolgt wurde, da er viel Neues brachte, sprach sie über die symbolische Aneignung der Keramikartefakte im Identitätshaushalt der einzelnen Ethnien in Siebenbürgen. Sie legte die Mechanismen offen, die solche Aneignungen ermöglichten: von der Auswahl einzelner Formen, Farben und Muster aus dem Angebot der Zeit über ihre Integration in ein ethnisch-kulturelles Symbolsystem und das Empfinden der Zugehörigkeit zur eigenen Kultur, auch wenn die Keramik von Produzenten einer anderen Ethnie stammte.
Dieses waren die Stichworte für Dr. Zoltán Mlatzsi Ionescu, der über die Bedeutung des Keramikzentrums in Torda/Turda für die Volkskultur aller Ethnien in Siebenbürgen sprach. Er verwies auf die Gebrüder Tompa, deren Manufaktur noch um die Wende zum 20. Jahrhundert dem traditionellen Töpferzentrum Torda/Turda zu neuer Blüte verhalf.
Die originelle und ansprechende Gestaltung der Ausstellung lag in den Händen der Kuratorin vor Ort, Gela Neamţu, ihr zur Seite standen Mihaela Bolog und Alina Ilia Sabo. Die Fachfrauen des-Bistritzer Kreismuseums hatten aus der beeindruckenden Sammlung des Hauses die thematisch zutreffenden Exponate ausgewählt. Viele dabei sind erstmals Teil einer öffentlichen Präsentation.
Der Nachmittag klang bei Wein, Kuchen und anregenden Gesprächen aus.
Werner SEDLER