,,Wir brauchen Stabilität und Kontinuität”

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Streiflichter von der AHK-Regionalveranstaltung in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2896

Gruppenbild mit Gastgeber, Ehrengästen und Referenten: Sebastian Metz, Vizebürgermeister Helmut Lerner, Elena Radu, Vizekonsul Sven Kunert, Alexandra Tudorică und Alexandru Radu (v. l. n. r.).           Foto: der Verfasser

Die Regionalveranstaltung der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer (AHK) fand vor Jahreswechsel in Hermannstadt statt. Nach den Grußworten von Sebastian Metz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK, Sven Kunert, Vizekonsul des Deutschen Konsulats in Hermannstadt und Vizebürgermeister Helmut Lerner stellte Alexandru Radu, Manager für Zivilbau bei Geiger die Firma vor und sprach über die derzeitigen Chancen und Herausforderungen der Baubranche. Alexandra Tudorica, Direktorin für internationale Entwicklung der Firma International Work Finder referierte zum Thema asiatische Gastarbeiter und Elena Radu, Leiterin des operativen Geschäfts bei Medialine Rumänien zum Thema Cybersicherheit und der NIS2-EU-Richtlinie.

AHK-Vorstandsmitglied Ilinca Pandele, die den Abend moderierte, erinnerte daran, dass die Gemeinschaft der AHK aus fast 700 Mitgliedern bestehe, wodurch sie die größte bilateral Handelskammer Rumäniens sei. Die Veranstaltung in Hermannstadt war übrigens das letzte regionale AHK-Ereignis des Jahres. Wie sich Sebastian Metz spaßhaft ausdrückte, habe man eine Gelegenheit finden müssen, zum Weihnachtsmarkt zu kommen. Es war ein sehr dynamisches Jahr, mit einer Reihe von Wahlen in Rumänien”, sagte Metz, Stabilität und Kontinuität ist das, was wir brauchen.” Man stehe gegen Isolation und Abkehr von der Europäischen Union und der NATO. Mit den Vertretern von 13 deutschen Unternehmen habe man auch den Premierminister der Republik Moldova getroffen, wo sich interessante Gespräche ergaben. Hoffentlich wird Rumänien auf dem eingeschlagenen pro westlichen, pro europäischen Weg weitermachen”, meinte Metz.

Der deutsche Vizekonsul Sven Kunert erinnerte daran, dass im südlichen Siebenbürgen rund 60 Prozent der Firmen einen deutschen Hintergrund haben. Kunert machte darauf aufmerksam, dass in Zeiten, wo die Liste mit Hiobsbotschaften scheinbar täglich länger werde, die Beibehaltung von Innovation, Motivation, und der gemeinsame Austausch von Erkenntnissen sowie Vernetzung sehr wichtig seien, nicht nur im Rahmen der AHK, sondern beispielsweise auch mit dem regionalen Wirtschaftsclub vor Ort. Weiterhin sei auch die Zusammenarbeit von hier ansässigen Firmen und öffentlichen Institutionen wichtig.

Die AHK-Regionalveranstaltung sei hier bereits zur Tradition geworden, meinte Vizebürgermeister Helmut Lerner. Weiterhin ging er auf die Wichtigkeit der Rolle ein, die Unternehmen in der Stadt einnehmen und damit zur guten Lebensqualität beitragen. Im letzten Jahr war die Hermannstädter Stadtverwaltung zu mehreren Feiern bei Firmen eingeladen, darunter zu Anlässen wie die Erweiterungen von Produktions- oder die Eröffnung von neuen Forschungs- und Entwicklungseinheiten.

Alexandru Radu stellte die Firma Geiger und die jüngsten Entwicklungen in der Baubranche vor. Die Bauwirtschaft allgemein sei derzeit mit besonders vielen Herausforderungen konfrontiert, bei jeder Herausforderung bestehe die Möglichkeit, Chancen zu entdecken.

1989 gab es in Rumänien etwa 100 Kilometer Autobahn, heute gibt es 1.000 Kilometer. Heute befinden sich 700 Kilometer Autobahnen in Rumänien im Bau – ein Rekord für unser Land”, meinte Radu. Dazu gehöre beispielsweise die Autobahn A1 zwischen Pitești und Boița. Ebenfalls gehe es um die Autobahn A7, die Bukarest mit der Region Moldau verbindet. Und im Jahr 2025 sind weitere 600 Kilometer Autobahnen in Planung.

Die deutsche Firma Geiger ist seit 25 Jahren in Rumänien tätig und beschäftigt hier 650 Angestellte in fünf Regionen: Hermannstadt, Neumarkt am Mieresch, Jassy, Kronstadt und Bukarest. Einige der Arbeiten von Geiger: Die Autobahn A3 bei Câmpia Turzii (6 Km), die in nur 10 Monaten fertiggestellt wurde, die Sanierung der Brücke bei Ovidiu im Landkreis Constanța, die Viitorului-Straße in Hermannstadt, ein ziemlich komplexes Projekt, die 38 Kilometer lange Kreisstraße DJ 106 Agnetheln-Schäßburg. Was Geiger-Zivilbauten betrifft, ist der regionale Hub der Firma Rehau in Heltau erwähnenswert, ein Verwaltungsgebäude und die Werkstatt für die Reparatur von Liebherr-Maschinen und -Kränen in Tunari im Landkreis Ilfov oder das mehrstöckige Parkhaus im Hipodrom III-Viertel, der Ausbau des Swoboda-Werks in Heltau oder die neuen Sportsäle für die Schulen Regele Ferdinand und Nicolae Iorga.

Als Chancen in der Branche hob Radu vor allem den heutigen Bedarf an Straßeninfrastruktur in Rumänien hervor sowie die Zuweisung öffentlicher Mittel für den Bau von Krankenhäusern. Herausforderungen seien vor allem der Mangel von qualifizierten Arbeitskräften, vor allem Meister, Maschinenbediener. Leider ist die duale Ausbildung für den Bausektor heute hier nicht funktionsfähig, im Gegensatz zu anderen Sektoren, wo die duale Ausbildung in Fabriken implementiert werden kann”, meinte Radu. Im Bausektor kann man ohne eine staatliche Intervention nicht über eine duale Ausbildung sprechen. Weiterhin bemerke man in letzter Zeit eine sehr große Konkurrenz auf dem Baumarkt, weil die Anzahl der Projekte geschrumpft ist. Vor allem die Investitionen des privaten Sektors seien dabei stark zurückgegangen. Allerdings hoffe man, mit den öffentlichen Investitionen wieder aufzuholen. Der Rückgang der Projekteanzahl und der Wettbewerb im Bausektor bringe die Gefahr mit sich, dass die Vorbereitung der Projekte von geringer Qualität ausfällt. Eine weitere Herausforderung sei das Fehlen von Liquiditäten. Wir bemerken verspätete Zahlungen für viele Rechnungen, ob wir über private Arbeiten sprechen, aber besonders für öffentliche Arbeiten, die über Abrufung von Fonds finanziert werden”, sagte Radu und schlussfolgerte: Diese Verzögerungen stellen große Herausforderungen für alles, was ein Bauunternehmen in Rumänien bedeutet”.

Namaste” grüßte Alexandra Tudorică. Warum der Gruß in Sanskrit? Tudorică stellte die Firma International Work Finder vor, die sich seit sieben Jahren auf die Rekrutierung von Arbeitskräften aus Asien spezialisiert hat. Man arbeitet mit vielen deutschen Unternehmen zusammen, vor allem in der Automobilindustrie. Herausforderungen gab es vor allem in der Pandemie. Es war nicht einfach, sich um unsere eigenen Mitarbeiter zu kümmern, aber noch mehr, die Logistik aller asiatischen Arbeiter abzuwickeln”, meinte Tudorică. Vermittelt werden Arbeitskäfte in Bereiche wie Bau, Logistik, Automotive, Sortierung, Einzelhandel, HoReCa.

2020 arbeiteten in Rumänien etwa 57.000 Gastarbeiter, 2024 über 140.000. Von der rumänischen Regierung festgelegt wurde übrigens ein Jahreskontingent von 100.000 Gastarbeitern, die auf dem Arbeitsmarkt zugelassen werden.

Dass asiatische Arbeiter billiger sein sollen als Arbeiter aus Rumänien soll laut Tudorică nur ein Mythos sein. Die Vorteile, die diese Arbeiter bringen, kommen tatsächlich von der Beibehaltung, indem ein dauerhafter Kern geschaffen wird, auf den man sich für einen Mindestzeitraum von zwei Jahren verlassen kann”, meinte sie.

Wie lange es dauern kann, bis man an Arbeitskräfte kommt? Unter sechs Monaten würde man es nicht schaffen, die Arbeitskräfte herzubringen. Um deren Integration kümmert sich ebenfalls die Firma mit Hilfe ihrer Übersetzer.

Elena Radu von Medialine Rumänien sprach das Thema an, das viele Leute in diesen Tagen beschäftigt, und zwar Cybersicherheit, genauer über die NIS2-EU-Richtlinie von 2023, wodurch die 2016 eingeführten EU-Cybersicherheitsvorschriften aktualisiert wurden, indem ein breiteres Spektrum von Sektoren eingeschlossen und strengere Anforderungen an die Meldung von Vorfällen gestellt werden. Diese Neuerung macht auch die Geschäftsleitung direkt für Cybersicherheitsfehler verantwortlich und schafft einheitliche Kriterien für die Einhaltung der Vorschriften.

Davon betroffen sind zwei Gruppen: Wesentliche Sektoren (wesentliche Einrichtungen): Energie, Transport, Bankwesen, Finanzmarktinfrastrukturen, Gesundheitswesen, Trinkwasserversorgung und -verteilung, Abwasserwirtschaft, digitale Infrastruktur, öffentliche Verwaltung und ICT-Dienstleister; Wichtige Sektoren (wichtige Einrichtungen): Post- und Kurierdienste, Abfallwirtschaft, chemische Industrie, Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vertrieb, verarbeitendes Gewerbe (einschließlich Pharmazeutika, medizinische Geräte, Elektronik, Maschinenbau und Fahrzeuge), digitale Dienste (Online-Marktplätze, Suchmaschinen, soziale Netzwerke). Kleinere Unternehmen (unter 50 Mitarbeiter oder 10 Millionen Euro Jahresumsatz) sind in der Regel nicht betroffen, es sei denn, sie spielen eine kritische Rolle in der Infrastruktur.

Wesentliche Einrichtungen (Essential Entities”) haben mehrere wichtige Verpflichtungen und müssen umfassende Risikomanagementstrategien implementieren, um Cyberbedrohungen zu identifizieren und zu mindern, signifikante Vorfälle innerhalb von 24 Stunden melden und detaillierte Folgeberichte innerhalb von 72 Stunden erstellen. Die Nichteinhaltung der NIS 2-Richtlinie kann zu schweren Strafen führen, einschließlich Geldbußen von bis zu 10 Millionen Euro oder 2 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens für wesentliche Unternehmen.

Die Firma Medialine kann Unternehmen dabei durch Cybersicherheitslösungen helfen, die auf die Bedürfnisse jedes Unternehmens zugeschnitten sind. Dazu gehören die Durchführung von Risikobewertungen, die Umsetzung robuster Sicherheitsmaßnahmen, das Anbieten von Incident-Response-Protokollen und die Durchführung von Schulungsprogrammen zur Verbesserung der Mitarbeitersensibilisierung. In die Präsentation einbezogen wurde übrigens auch der Avatar des Medialine-Geschäftsführers Martin Hörhammer, der auf der Leinwand zu sehen war und Elena Radu auf verschiedene Fragen Antworten gab.

Werner FINK

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Wirtschaft.