Unvergessliches musikalisches Erlebnis

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Gedenkveranstaltung Ernst Irtel und Jubiläumskonzert der De Līdertrun in Nürnberg

Ausgabe Nr. 2895

Sie gestalteten den Kulturnachmittag im Haus der Heimat in Nürnberg (v. l. n. r.): Angelika Meltzer, Hans Seiwerth, Angela Seiwerth, Georg Ongert, Marlene Mild, Michael Gewölb, Christian Duca, Karl Heinz Piringer, Margrit Csiky, Rolf Binder.                                                                                                                             Foto: Annette FOLKENDT

Die Gedenkveranstaltung zu Ehren zu Ehren des begnadeten Musikpädagogen und Komponisten Ernst Irtel und das Jubiläumskonzert des Ensembles „De Līdertrun” lockte am 10. November 2024 mehr als 130 begeisterte Besucher ins Haus der Heimat. Angelika Meltzer, Vorsitzende des Nürnberger Kulturbeirats zugewanderter Deutscher begrüßte alle Anwesenden, darunter viele ehemaligen Irtel-Schüler aus Schäßburg, Hermannstadt und Mediasch, sowie die Mitglieder des Ensembles „De Līdertrun” aufs Herzlichste.

Die Musikgruppe eröffnete die Gedenkfeier mit dem Volkslied Ich gohn af de Bräck. Mit diesem alten Lied, das Irtel auch für Chöre bearbeitet hat, verbindet sie ein unvergessliches, emotionales Erlebnis mit dem Musikpädagogen auf Schloss Horneck.

An diesem Nachmittag wollten wir innehalten, um die Erinnerung an Ernst Irtel zu feiern, seine Visionen zu reflektieren und die Werte, die er verkörperte, weiterzugeben. Die Moderatorin des Tages, Margit Csiky, führte gekonnt durch das Programm.

Christian Duca, der Neffe des Komponisten präsentierte uns anhand eines Bildvortrags das Leben von Ernst Irtel, der 1917 in Mühlbach geboren wurde und im Jahre 2003 in Gundelsheim auf Schloss Horneck verstarb. Ernst Irtel hat mit seiner Leidenschaft für die Musik und seine Verbundenheit zu der Līdertrun viele Herzen berührt und Generationen inspiriert. Besonders die Förderung junger Musiker lag ihm am Herzen. Seinen Bildvortrag untermalte Christian Duca mit der Vertonung von Adolf Meschendörfers Siebenbürgischen Elegie, einer Aufnahme aus 1986 des Madrigalchors Cantores Cibiniensis unter der Leitung von Kurt Scheiner. Der Text der Elegie weckte die Verbindung zur Heimat, die Schönheit der Landschaft und die kulturellen Wurzeln der Siebenbürger Sachsen.

Mit dem Buch Der junge siebenbürgische Musiker Carl Filtsch sorgte Irtel dafür, dass das „siebenbürgische Wunderkind“ aus Mühlbach nicht in Vergessenheit gerät. Aus diesem Zusammenhang spielte Rolf Binder jun. zwei Filtsch-Kompositionen, Romanze ohne Worte in e-Moll und Barcarole in Ges-Dur. Sie zeigten die außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten des jungen Chopin-Schülers Filtsch (1830–1845), der leider bereits im Alter von 15 Jahren verstarb.

Ein weiteres Highlight war der Auftritt des ehemaligen Solo-Cellisten der Hermannstädter Staatsphilharmonie, Georg Ongert. An dieser Gedenkveranstaltung erfreute er uns mit drei Miniaturen für Violoncello von Ernst Irtel: Es ist ein Flüstern in der Nacht, Vöglein Schwermut und Albumblatt für Doris. Begleitet wurde er am Klavier von der Pianistin Angela Seiwerth, die ebenfalls aus Mühlbach stammt und das Glück hatte, mit Irtel zusammenzuarbeiten.

Die Koloratursopranistin Marlene Mild, die Irtel seit ihrer Kindheit kannte, beeindruckte das Publikum mit ihrer bemerkenswerten Sicherheit und Ausdruckskraft, als sie die gesamte Liederreihe ohne Partitur vortrug. Ihr selbstbewusstes Auftreten und die Fähigkeit, die Zuhörer mit ihrer Stimme zu fesseln, machte diesen Auftritt zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Auch Marlene Mild wurde gekonnt von Angela Seiwerth am Klavier begleitet. Zusammen sangen und spielten sie 6 Kunstlieder, die von Ernst Irtel vertont wurden. Sie interpretierten die Lieder O süßer Mai, Lied des Harfenmädchens, Und werden Tage, Schließe mir die Augen beide, Der alte Brunnen und Wenn die warmen Nächte kommen und brachten die Schönheit von Irtels Kompositionen zum Ausdruck.

Den musikalischen Abschluss dieser hochkarätigen Irtel-Gedenkfeier lieferte wieder De Līdertrun mit dem alten siebenbürgischen Volkslied Et säß e klie wäld Vijjeltchen, mit einem Finale von Ernst Irtel.

Diese Gedenkveranstaltung war nicht nur eine Hommage an den Komponisten und Musikpädagogen Ernst Irtel, sondern auch eine Gelegenheit für das Publikum, in die Welt der Musik und Poesie einzutauchen.

Nach der ca. 30-minütigen Pause, in der die Besucher die Möglichkeit hatten, sich mit Getränken, Kaffee und Cremeschnitten der Bäckerei Ludwig zu stärken und sich auszutauschen, folgte im zweiten Teil das Jubiläumskonzert zum 50-jährigen Bestehen der Musikgruppe De Līdertrun.

In ihrer Begrüßung sagte Angelika Meltzer: „Die Besucher haben nun das große Vergnügen, den Zauberklängen der Musikgruppe zu lauschen, die aus ihrer Liedertruhe alte Volkslieder mit Hilfe vielfältiger Instrumente zum Leben erwecken.“ Die Gruppe feierte an diesem Tag ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Die Anfänge der heutigen Gruppe De Līdertrun gehen auf 1974 zurück, als Karl Heinz Fisi (heute: Piringer), Kurt Wagner, Hans Seiwerth, alle Studenten der Hermannstädter Fakultät für Geschichte und Philologie begannen siebenbürgisch-sächsischen Balladen in eigener Bearbeitung vorzutragen.

Am 15. November 1974 fand der erste gemeinsame Auftritt (Karl Heinz Fisi-Piringer, Hans Seiwerth, und Kurt Wagner) im Alexandru-Sahia-Saal in der Feldgasse in Hermannstadt statt (siehe Infokasten rechts).

Karl Heinz Piringer, Hans Seiwerth und Michael Gewölb sowie die zeitweise mitwirkende Angela Seiwerth lieferten uns einen Nachmittag voller Herzenswärme. Beachtet man die Mimik, die Gesten, die Worte, das Singen, die volle Präsenz dieser Siebenbürger Sachsen, kommt man nicht umhin, ihnen nicht nur Respekt zu zollen, sondern auch Begeisterung auf den Heimweg mitzunehmen. Ihre Darbietung startete die Gruppe mit flotten Klängen, gefolgt von traurigen und zugleich schönen Liedern über unerfüllte Liebe, Musikstücke in siebenbürgisch-sächsischer Mundart sowie jiddisches Liedgut, Csárdás und Hora. Ein absoluter Genuss für jedermann.

Mit dem nicht enden wollenden Applaus, brachte das Publikum die Wertschätzung für die Darbietungen und die Botschaft, die die Künstler vermitteln wollten, zum Ausdruck. Es war ein wunderschöner Moment, in dem die Energie zwischen Künstlern und Publikum spürbar wurde.

Nach dem Konzert bedankte sich Angelika Meltzer, die derzeitige Vorsitzende des Nürnberger Kulturbeirats zugewanderter Deutscher, mit den Worten: „Wie gut, dass sich die außergewöhnlichen Musiker der Gruppe ‚De Līdertrun‘ vor 22 Jahren musikalisch wieder gemeinsam auf den Weg gemacht haben, obwohl sie in Deutschland hunderte von Kilometern voneinander entfernt leben. Unser Kulturgut wäre ohne sie um einiges ärmer gewesen“. Professor Heinz Acker sagte einmal: „Wenn es die ‚Līdertrun‘ nicht schon gegeben hätte, müsste man sie erfinden.“

Als Dankeschön und zur Erinnerung an ihren Auftritt zum goldenen Jubiläum überreichte Angelika Meltzer auch etwas Passendes aus Gold. Die Künstler erhielten je eine personalisierte „Goldene Schallplatte“ mit den Worten: „Mögen diese gerahmten, symbolischen Bilder eure Leidenschaft für unser altes Liedgut weiterhin anregen und inspirieren.“

Angela Seiwerth, die seit der Neugründung 2002 immer wieder auf der Bühne mitwirkt, erhielt die „Goldene Stimmgabel“.

Angelika Meltzer sprach ihren Dank der Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat Natalie Keller und ihrer Assistentin Annette Folkendt, dem Hausmeister des HdH Eugen Vetter, sowie dem gesamten Helferteam aus und dankte auch den zahlreichen Besuchern für ihr Kommen.

Inge ALZNER

 

Vor 50 Jahren, am 15. November 1974 fand in der Feldgasse in Hermannstadt im Kulturzentrum „Alexandru Sahia“ der erste Auftritt vor Publikum von Hans Seiwerth, Karl Heinz Piringer, Kurt Wagner und dem elfjährigen Marius Ungureanu, statt. Im Publikum waren u. a. auch Ricky Dandel, Wolf von Aichelburg und Christian Berger, Redakteur bei der Deutschen Sendung Bukarest. Beendet wurde das Konzert mit Et saß e klie wäld Vijjeltchen vorgetragen von den Studenten Kurt Wagner und Karl Heinz Piringer (Fisi) – zweistimmiger Gesang mit Gitarrenbegleitung, angelehnt an Simon and Garfunkel. Christian Berger war so sehr beeindruckt, dass er anschließend die Studenten aufforderte: „Jungs, macht noch 4–5 Volkslieder in der Art wie das letzte, das ihr gesungen habt, und ich hole euch zur Deutschen Sendung!“ Das war die Geburtsstunde des späteren Ensembles „De Līdertrun“.

Hochmotiviert stöberten Karl Heinz und Kurt im Archiv der Brukenthal Bibliothek nach alten siebenbürgisch-sächsischen Balladen. Probenraum war das Wohnzimmer der Familie Seiwerth.

Bereits Februar 1975 trat das „Cibinium Trio“ (Kurt Wagner, Karl Heinz Fisi und Hans Seiwerth) in der Deutschen Sendung Bukarest mit folgenden sechs alten Balladen in Mundart auf: Et såß e kli wäld Vijeltchen, Ech schmiss zwo äddel Risen, Ech geng ä menges Vuëters Guërten, Et kåm a jang Härr, Honnes Moler, Fuert än’t Elfelånd. Nachdem Michael Gewölb zu den Hobymusikern dazustieß, nannte sich die Gruppe „Cibinium Quartett“.

Nach Kurt Wagners Ausreise 1977 fand im Herbst 1980 in Kerz der letzte Auftritt in der heutigen Dreierformation statt. Privat kam es auch danach immer wieder zu Begegnungen mit gemeinsamem Musizieren.

Durch die Initiative von Marius Ungureanu fanden die Musikerfreunde 2002 wieder zusammen. 2003 wurde das „Cibinium Quartett“ in „De Līdertrun“ umbenannt und es folgten die ersten Auftritte, an denen auch die junge Generation der Musiker teilnahm. Seit 2007 touren die drei Hobbymusiker Karl Heinz Piringer, Hans Seiwerth und Michael Gewölb immer noch erfolgreich durch Deutschland, Österreich, Siebenbürgen und bis ins spanische Galizien.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.