Der Journalist, Schriftsteller und Dokumentarfilmer Helmuth Frauendorfer ist tot
Ausgabe Nr. 2894
Am frühen Morgen des 2. Dezember 2024 ist der aus dem rumänischen Banat stammende Journalist, Essayist, Schriftsteller, Bildungsreferent und Dokumentarfilmer, der Künstler und Autor Helmuth Frauendorfer nach kurzem schwerem Leiden in Fürth verstorben. Der als Sohn eines Siebenbürger Sachsen aus Bulkesch, Martin Frauendorfer (1929-2013) und einer Banater Schwäbin am 5. Juni 1959 in Voiteg Geborene erwies sich bereits in den 1980er-Jahren in Rumänien als mutiger Schriftsteller, Intellektueller und Regimekritiker, der demnach auch von der Securitate verfolgt und gleichsam zur Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland gezwungen wurde.
Helmuth Frauendorfer ließ sich zunächst als freischaffender Schriftsteller und Dokumentarfilmer in West-Berlin nieder und engagierte sich alsbald in der Menschenrechtsbewegung. Bereits 1989 erfolgte gemeinsam mit anderen rumäniendeutschen Schriftstellern wie auch bundesdeutschen Politikern die Gründung des Menschenrechtskomitees Rumänien im Rahmen der Heinrich-Böll-Stiftung. Dieses Komitee koordinierte er bis 1992 hauptamtlich, wobei es diesem und ihm selbst vornehmlich um eingehende Aufklärung und politische Bildung im Hinblick auf die Menschenrechtssituation in Rumänien und in den kommunistischen Diktaturen in Osteuropa und in der DDR ging. 1990 organisierte er die erste, dreitägige Internationale Menschenrechtskonferenz in Rumänien, mit 500 Teilnehmern aus der ganzen Welt.
Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaft in Rumänien gab Frauendorfer zusammen mit Richard Wagner Mitte des Jahres 1990 unter dem Titel „Der Sturz des Tyrannen. Rumänien und das Ende der Diktatur”, in der Reihe rororo aktuell, Reinbek bei Hamburg, eines der ersten deutschsprachigen Bücher mit Berichten und Hintergrundanalysen zu diesen folgenreichen Geschehnissen heraus. Dem folgte unter dem Titel „Die Demokratie der Nomenklatura. Zur gegenwärtigen Lage in Rumänien”, Heinrich-Böll-Stiftung, Köln 1991, ein weiteres Buch über die damaligen, recht undurchsichtig wirkenden Geschehnisse und Entwicklungen in Rumänien. Im Jahr 1990 erschien außerdem sein Gedichtband „Landschaft der Maulwürfe”, dipa Verlag, Frankfurt am Main.
In den darauf folgenden Jahren veröffentlichte Frauendorfer literarische, essayistische und journalistische Arbeiten wie auch Rundfunkbeiträge und wurde alsbald als Fernsehjournalist tätig. Vor allem seine Reportagen und Beiträge als fester freier Mitarbeiter der MDR-Redaktion Zeitgeschehen im Rahmen der Magazine Fakt, exakt, Windrose wie auch ARD–Kulturreport, ORB-Klartext u. a. fielen stets durch journalistische Professionalität, solide Sachkenntnis, gute Recherchen, eindringliche Analysen und kluge, eigenständige Kommentare auf.
In ähnlichen thematischen Bahnen, allerdings schwerpunktmäßig noch stärker auf Erinnerungskultur und historisches Gedenken fokussiert, bewegte sich seit 2010 seine Arbeit als Referent für politische Bildung und stellvertretender Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Dass seine wissenschaftliche, journalistische und künstlerische Arbeit vor allem das Missbehagen, den Ärger und die Feindseligkeit von parteipolitisch zu „Linken“ gewandelten und teilweise erneut zu Macht und Einfluss, vor allem im Berliner Senat und den Bezirksverwaltungen, gelangten „Postkommunisten“ provozierte, blieb daher nicht aus. Diese wussten dann auch bei passender Gelegenheit hinterhältig zurückzuschlagen und ihn wie auch den Direktor der Gedenkstätte, Hubertus Knabe, beruflich ins Abseits zu stellen.
Helmuth Frauendorfers wohl bekanntester und einflussreichster Film dürfte „An den Rand geschrieben. Rumäniendeutsche Schriftsteller im Fadenkreuz der Securitate” sein, ein 90 Minuten langer, sehr wirkungsmächtiger Filmbeitrag, der am 5. Oktober 2010 im Hackesche Höfe Kino, Berlin, Premiere hatte.
Seit 2020 lebte Helmuth Frauendorfer in Fürth bei Nürnberg. Im Jahr 2021 legte er den tiefgründigen und erschütternden Roman „Abendweg” vor, der nicht nur nach Rumänien, zu den traurigen Ereignissen der Deportation einer banatschwäbischen Familie in die Bărăgansteppe und zu den bedrückenden Lebensverhältnissen im realsozialistischen Rumänien zurückführt, sondern uns auch mit den abgründigen Biographien von Stasi-Agenten und insbesondere eines langjährigen informellen Mitarbeiters der Stasi aus dem Westen in aufwühlender Weise vertraut macht. Erschienen ist in diesem Jahr zudem der Band Photopoesie Phuerth. Gedichte, Pop Verlag, Ludwigsburg, 2024, der in Texten und Fotos vor allem Impressionen, Stimmungen und Reflexionen der Coronazeit festhält.
Frauendorfer war in den letzten Jahren als Redakteur und Regisseur der Münchner Produktionsfirma Preview Production tätig. Vor wenigen Wochen schrieb er in diesem Zusammenhang noch, dass er an einem intellektuellen Porträt des emeritierten Professors für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr München und bekannten Publizisten Michael Wolffsohn arbeiten würde.
Nur wenige Monate nach seinem 65. Geburtstag müssen wir bei Helmuth Frauendorfer in tiefer Trauer auf ein jäh zu Ende gegangenes Leben zurückblicken. Auf ein rastloses und mutiges, neugieriges und herausforderndes Leben einer Person, deren früher Tod uns sehr betrübt, aber tief im Gedächtnis bleiben wird.
Traian POP