Ausgabe Nr. 2890

Die Autorin Iris Wolff bei der LesArt Schwabach. Sie liest aus dem Roman „Lichtungen”. Foto: die Verfasserin
Einen Roman rückwärts zu schreiben ist selten. Bei einer Lesung mit dem Ende des Romans beginnen ist öfter. Aber diesen Roman, „Lichtungen” von Iris Wolff, kann man sowohl vom Anfang als auch vom Ende her lesen. Die erste Lesung beim Literaturfestival der Fränkischen Literaturtage, bestritt am Sonntag den 3. November die Autorin Iris Wolff im ausverkauften Bürgerhaus.
Nach der Begrüßung durch Sandra Hofmann-Rivero, Leiterin des Kulturamts, übernahm der Fraktionsvorsitzende der SPD Schwabach, Werner Sittauer, die Moderation.
Sittauer stellte die Autorin Wolff mit einigen Eckpunkten ihres Lebenslaufs vor, sprach einige Sätze über den neuen Roman.
Iris Wolff erzählt darin zunächst über die beiden Hauptprotagonisten Lev und Kato. Die beiden sind miteinander verbunden seit der Schulzeit. Obwohl Kato in Zürich lebt besteht die Freundschaft noch. Sie klopfen ab, wie nah sie sich noch stehen im Erwachsenenleben, als Lev Kato in Zürich besucht. Es ist die Geschichte von Lev. Er ist in „Lichtungen“ der Hauptprotagonist. Deswegen hat Wolff den Roman rückwärts geschrieben.
Wolff liest mit klarer, sanfter Stimme, nimmt die Zuhörer mit auf die Reise durch das Buch, aus der Maramuresch nach Siebenbürgen und über das Banat bis Zürich. Sie bringt das Publikum zum Lachen, wenn sie über die Familienmitglieder vorliest, die die kommunistische Zeit durchgemacht haben und jetzt die Freiheit kennen lernen. Wenn Großmutter den Satz sagt: „Die Schweine sollen kommunistisch bleiben“. Oder wenn der Ratschlag kommt: „Wenn man die Schwiegereltern besucht, sollte man sich eine Jacke anziehen.“
Ein guter Teil des Publikums kennt solche Aussagen, und die Erinnerung ist wieder da. Eine wohltuende entspannte Atmosphäre herrschte im Bürgerhaussaal. Das Publikum lauschte andächtig der Lesung, die im Fluss war, trotz der miteingestreuten Erzählungen zwischendurch. Wolff hat es geschafft, den ganzen Roman dem zahlreichen Publikum mitreißend und unterhaltsam vorzustellen.
Die Autorin nennt die Ortschaften, über die sie schreibt, nie beim Namen. Sie freut sich aber, wenn es ihre fiktiven Ortschaften, Bäche und Flüsse tatsächlich gibt. Dass es den Fluss „Iza“ in der Maramuresch wirklich gibt, habe sie erfahren, nachdem der Roman erschienen ist, sagt sie. So etwas freut Wolff immer. Denn so kann man ihre Romane auch als Reiseführer nutzen. Jedem Kapitel geht ein Zitat im Voraus. In der jeweiligen Sprache geschrieben. Das ist selten in dieser Art.
Diese Zitate spiegeln das Leben der Multikulti-Nationen von Siebenbürgen und Banat wieder. Siebenbürger Sachsen, Roma, Juden, Serben, Ungarn, alle haben miteinander und füreinander gelebt.
Die Zitate haben auch viel mit Levs Leben zu tun, dessen Eltern zwei verschiedenen Nationen angehören. Warum der Titel „Lichtungen”? Das Wort Lichtungen hat in diesem Roman viele Bedeutungen und zieht sich wie ein roter Faden durch. Denn in jedem Kapitel gibt es eine „Lichtung“ oder auch mehrere.
Lichtungen stehen als eine Metapher für Erinnerungen, sie, die Lichtungen, bringen Licht ins Dunkel. Aber für die Autorin Iris Wolff bedeutet das Wort „Lichtungen“ Klang, vielfältige Verknüpfungen, ist eine Bandbreite unseres menschlichen Lebens, denn eine kleine Lichtung im Leben ist immer da. „Lichtungen“ steht auf der Spiegel-Bestsellerliste auf dem zweiten Platz, war auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024, und konkurriert jetzt mit drei Autorinnen und Autoren um den Bayern 2-Publikumspreis.
Sittauer sagte, dass die LesArt ein literarischer Höhepunkt von Schwabach ist, und dass auch schon Herta Müller, die Nobelpreisträgerin, hier zu Gast war. Damals war sie im gleichen Alter wie Iris Wolff, und fünf Jahre später erhielt Müller den Nobelpreis. Als der minutenlange Applaus für Iris Wolff Lesung abgeklungen war, gab es eine Signierstunde.
Die Buchhandlung „Lesezeichen Buch & Caffè – Schwabach“ betreute den Büchertisch. Zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer standen mit mehr als einem Buch an, um die Bücher signieren zu lassen. Ein gelungener und zufriedener Abend ging zu Ende.
Malwine MARKEL