Bronzefiguren von Eufrosina Săbiescu im RKI Wien
Ausgabe Nr. 2888
In der Welt der Bildhauerei gibt es Künstlerinnen und Künstler, die mit ihren Werken nicht nur Formen schaffen, sondern auch tiefgreifende Fragen zu unserer Zeit und unserem Dasein aufwerfen. Ja, sie schaffen es beim Betrachter emotionale Resonanz zu erzeugen. Ihre Objekte wirken auf den kunstaffinen Besucher wie Spiegel, die Erinnerungen an vergangene Kindheitstage hervorrufen und somit in eine faszinierende Zeitspirale entführen. Und schon ist das Stichwort gefallen: ZEITSPIRALE hieß die neueste Ausstellung der rumänischen Künstlerin Eufrosina Săbiescu, die vom 4. bis 31. Oktober im Rumänischen Kulturinstitut Wien zu sehen war und von der im Folgenden unsere Wien-Korrespondentin Ingrid Weiss berichtet:
Besonders bemerkenswert ist, dass die bekannte Kunsthistorikerin Ana-Maria Altmann als Kuratorin fungierte. Durch ihre beachtenswerte Expertise fühlt sich der Besucher noch rascher mit den Objekten verbunden. Ich verspürte förmlich einen Mantel der Wohligkeit als Altmann meinte:
Wie in einer sich langsam drehenden Zeitspirale, rollen vor dem Betrachter Bilder der Erinnerung aus längst vergangenen Zeiten der Kindheit. Kleine Bronzegestalten wachsen aus überdimensionalen Handflächen heraus oder liegen beschaulich auf ausgehöhlten Fußabdrücken. Figuren mit schelmischen, vergnügten, traurigen oder entsetzten Blicken, sind Ausdruck einer Welt, die an die Erzählungen von Antoine de Saint-Exupéry erinnern. Nicht die Zeitreise in die eigene Kindheit an sich und auch nicht der Kleine Prinz in seiner skulpturalen Gestalt verblüffen das Auge des Publikums, sondern das Experimentieren mit Form, Volumen und Materie in einer Ausführung, die einzigartig erscheint.
Und wie die Kuratorin dem zur Vernissage geeiltem Publikum aus der Seele sprach: In der Betrachtung der Exponate der talentierten Künstlerin, die auf so eindrucksvolle Weise ihr eigenes Zeitverständnis zum Ausdruck bringt, wird deutlich, dass ihre Kunst mehr ist als nur ein Spiel mit Form und Materie. Sie fordert uns heraus über die Rolle der Katharsis nachzudenken und ermutigt uns, in die tiefen Erinnerungen unserer Kindheit einzutauchen. Ihre Bronzefiguren laden den Betrachter ein sich sehr bewusst in eine faszinierende Zeitspirale zu verlieren, in der sich Vergangenheit und Gegenwart harmonisch verweben. Mit jedem Werk, das Eufrosina Săbiescu erschafft – stets auf der Suche nach Balance zwischen dem Leben als Künstlerin und ihrer Rolle als dreifache Mutter – bringt sie Mut und Entschlossenheit zum Ausdruck. Die stete Auseinandersetzung mit Form, Materie und Volumen zeigt eindrucksvoll, wie das kreative Schaffen nicht nur eine persönliche Reise durchläuft, sondern sich auch als Ebenbild der eigenen Erfahrungs- und Gefühlswelt darstellt. In diesem dynamischen Prozess wird deutlich, dass Langeweile und/oder Muße nicht die Triebfedern sind; es ist vielmehr der unermüdliche Wille zur Gestaltung und zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich.
Die aus Rumänien stammende Künstlerin Eufrosina Săbiescu lebt und arbeitet in Wien. Sie wurde in eine Künstlerfamilie hineingeboren und betrachtet die Kunst seit ihrer frühen Kindheit als ihre Berufung. Ihr Wissen über Kunst wurde durch ihr Studium an der Nationalen Universität für Kunst in Bukarest vertieft. Vielfach ausgezeichnet und nominiert, zeigt die promovierte Künstlerin ihre Werke in zahlreichen internationalen Ausstellungen. Ihren Objekten begegnet man in Museen und privaten Kunstsammlungen. 2022 erhielt sie den Kunstpreis „Woman Art Award” in Paris von der Musa International Foundation verliehen.
Zusammenfassend wäre diese Ausstellung unter dem Überbegriff „Kunst, die Courage verkörpert“ zu subsumieren, denn die Skulpturen sind mehr als bloße Exponate. Sie sind emotionale Wegweiser in einem Raum voller Reflexionen. Der bewundernde Betrachter lässt sich nur allzu gerne von dieser künstlerischen Erkundung entführen, die den Mut zur Vertiefung mit der eigenen Zeitlichkeit feiert.