Mit dem Evangelischen Gesangbuch durchs Jahr 2024
Ausgabe Nr. 2891
Nr. 488: Eine Reise zur Erleuchtung
Seit meiner ersten Begegnung mit dem Lied Nr. 488, – „Der Lobgesang des Simeon”, auch bekannt auf lateinisch als „Nunc dimittis” – hat sich meine Beziehung dazu grundlegend entwickelt. Zunächst hörte ich im freitäglichen Abendgebet in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche, zu dessen Liturgie Simeons Lobgesang als fester Bestandteil gehört, einfach nur zu. Ich ließ mich von den ruhigen Tönen der Antiphon tragen: „Hilf uns, Herr, wenn wir wachen, und behüte uns, wenn wir schlafen…“. Sie bittet um Schutz und Frieden durch Christus, um erholsamen Schlaf und einen wachen Geist. Sie klingt mit einer Reinheit, die jede Ablenkung von sich weist.
Mit der Zeit begann ich, in den Gesang mit einzustimmen. Das Singen hauchte dem Gebet neues Leben ein. Der Kern bildet das „Nunc dimittis” (Lukas 2,29-32): „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren…“. Es ist Simeons Gebet der Erfüllung, der Dankbarkeit und der Bereitschaft, diese Welt im Frieden zu verlassen, nachdem er den Erlöser gesehen hat.
Die Musik selbst ist einfach, langsam und meditativ, beinahe zeitlos. Ihre Struktur erlaubt es uns, bei jeder Wiederholung uns tiefer zu besinnen, wobei jede Phrase sich mit einem neuen Sinn entfaltet. Den Abschluss bildet die Doxologie, die mit stiller Ehrfurcht emporsteigt: „Lob und Preis sei Gott dem Vater und dem Sohne…“. Dieses Lob an den Gott, den Vater, seinen Sohn Jesus Christus und den Heiligen Geist – abgeschlossen mit dem „Amen“ – empfinde ich wie eine sanfte Ankunft: Die Reise klingt in dieser heiligen Bestätigung aus.
Lied Nr. 488 wurde für mich bei jedem weiteren Abendgebet immer mehr als nur eine Melodie; sie wurde ein wöchentliches Ritual, ein Orientierungspunkt auf meinem Glaubensweg. Bei jeder neuen Begegnung, sei es als Zuhörerin oder Mitsingerin, entdecke ich Neues – das Lied bleibt eine stille Erleuchtung, die mich demütig macht und erhebt.
Aleksandra VONICA