Von Figaro zu La Traviata

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Das Hermannstädter Opernfestival stand im Zeichen des Puccini-Jahres

Ausgabe Nr. 2886

Adrian Mărcan als Figaro und Mihai Irimia als Baron Almaviva in „Der Barbier von Sevilla“
ernteten den größten Applaus.
Foto: Cynthia PINTER

2024 ist Puccini-Jahr! Anlässlich des 100. Todestages von Giacomo Puccini hat auch die Hermannstädter Staatsphilharmonie einen der wichtigsten Komponisten aller Zeiten gefeiert, und zwar mit der unsterblichen Musik seiner beiden Opern „La Bohème“ und „Madame Butterfly“, die im Rahmen des „Sibiu Opera Festivals“ in der zweiten Oktoberwoche aufgeführt wurden. Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Georges Bizet, Gioacchino Rossini und Giuseppe Verdi vollendeten das Programm der 23. Auflage des Opernfestivals in Hermannstadt.

 

Begonnen hat das Festival, das früher „Festival für Lyrische Kunst“ hieß, am Donnerstag, dem 3. Oktober mit einer Gala, die zum Ärger der zahlreichen Besucher nicht stattfinden sollte. Der Grund: die Musiker der Hermannstädter Philharmonie, die Gewerkschaftsmitglieder sind, haben spontan gestreikt. Nach dieser anfänglichen Enttäuschung lief allerdings organisatorisch alles wie am Schnürchen, beginnend mit dem Konzert für geistliche Musik, das am Freitag, dem 4. Oktober von der Sopranistin Elena Moșuc, begleitet von Eduard Antal an der Orgel in der römisch-katholischen Kirche auf dem Großen Ring großen Anklang fand und der ersten Oper – „Der Liebestrank“ von Gateano Donizetti – die wie geplant am Samstag von der Nationaloper Jassy präsentiert wurde.

Andrei Manea, Andreea Bucur und Nicoleta Nistor in einer modernen Aufführung von Verdis „La Traviata“.
Foto: Alex DAMIAN

Der Höhepunkt des ersten Oktoberwochenendes war allerdings Puccinis Oper „La Bohème“, die am Sonntag vom „Nae Leonard“-Nationaltheater für Oper und Operette Galați im „Ion Besoiu“-Kulturzentrum aufgeführt wurde. Auf der großen Bühne stand die sehr junge Besetzung der Galatzer Oper, passend zu dem Inhalt des Librettos von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa, in dem es um das Leben, Leiden und vor allem Lieben von gewöhnlichen Menschen geht. Zur Besetzung gehörten: Lorena Puican, Paul Lungu, Lorena Mărginean, Alin Munteanu, Dominic Cristea, Sebastian Băncilă, Elvis Butunoi, Daniel Nistor, Marian Neculcia. Den Darstellern im Alter von 23 bis 30 Jahren gelang es, die von Puccini erdachten Charaktere, deren Altersprofil dem der Darsteller entspricht, authentisch und tiefgründig darzustellen. Die Inszenierung von Paolo Bosisio, einem ständigen Mitarbeiter der Oper aus Galatz, unterstrich die aufrichtige Freundschaft zwischen den jungen Pariser Künstlern der Bohème und hob gleichzeitig die Intensität der emotionalen Erfahrungen von Liebe und Leidenschaft hervor.

Am nächsten Tag überraschte die Nationaloper Bukarest mit einer Oper, die nicht im Programm stand: Statt „Manon Lescaut“ durften sich die Hermannstädter auf den „Barbier von Sevilla“ freuen. Die Opera buffa in zwei Akten von Gioacchino Rossini gilt als eine der besten komischen Opern aller Zeiten. Die Oper enthält eine Fülle von fröhlichen Melodien, Situationskomik und überraschenden Wendungen. Auch auf der Bühne des Thaliasaals bezauberten die Künstler die Operngänger mit ihren guten Stimmen. Besonders aufgefallen war der Bariton Adrian Mărcan, in der Rolle des Figaro, der den lautesten begeisterten Stehapplaus zum Schluss bekam.

Adrian Dumitru als Pinkerton und Anda Olimpia Pop als Cho-Cho-San, genannt Madame Butterfly in der gleichnamigen Oper.     Foto: Alex DAMIAN

Mit Figaro ging es am Dienstag weiter, diesmal mit „Figaros Hochzeit“ von Wolfgang Amadeus Mozart, interpretiert von der Nationaloper Klausenburg. Die beliebteste Oper aller Zeiten lockte viele Besucher in den großen Saal des „Ion Besoiu“-Kulturzentrums, u. a. war Präsidentengattin Carmen Johannis mit einer Schulklasse anwesend. „Die Hochzeit des Figaro“ ist für ihre berühmten Arien und die Behandlung ernster Themen durch das komische Genre bekannt. Basierend auf einer französischen Komödie aus dem 18. Jahrhundert, die Themen wie Liebe, Intrigen und gesellschaftlichen Status behandelt, verfolgt die Geschichte die Diener Figaro und Susanna, die an ihrem Hochzeitstag voller Aufregung sind, aber es gibt ein Problem: Ihr Arbeitgeber, Graf Almaviva, hat unehrenhafte Absichten gegenüber der zukünftigen Braut. Die Geschichte von Mozarts komischer Oper überrascht und erfreut auf Schritt und Tritt mit zahlreichen Wendungen, die sich im Laufe eines verrückten Tages im Haus des Grafen Almaviva entfalten. Die Oper stellte den Höhepunkt des Opernfestivals und die zahlreichen Zuschauer – fast 2.000 laut Presseberichten – waren begeistert.

Weniger Anklang fand am Mittwoch Georges Bizets „Die Perlenfischer“. Das Nationaltheater für Ballett und Oper „Oleg Danovski“ Constanța bot eine Vorstellung mit Musik und Tanz, die im entfernten Ceylon spielte.

Besser besucht war „Madame Butterfly“ von Giacomo Puccini, das von der Hermannstädter Staatsphilharmonie zusammen mit den Solisten und dem Chor der Kronstädter Oper auf die Bühne des Thaliasaals gebracht wurde. Das Libretto basiert auf der Erzählung „Madame Butterfly” (1898) von John Luther Long und der Tragödie „Madame Butterfly. A Tragedy of Japan” (1900) von David Belasco und spielt bei Nagasaki um das Jahr 1900. Darin geht es um Mentalitätsunterschiede, die zu Konflikten führen können, wenn grundlegende Aspekte des Lebens – Liebe, Loyalität, Freundschaft – nicht ernst genommen werden. Die Hauptrollen übernahmen Anda Olimpia Pop (Madame Butterfly) und Adrian Dumitru (Pinkerton).

Das Opernfestival endete mit der bekannten Oper von Giuseppe Verdi „La Traviata“, des Experimentellen Opernstudios „Ludovic Spiess“ der Nationaloper Bukarest. Das Publikum bekam eine neue, moderne Interpretation der klassischen Oper zu sehen. Ort des Geschehens war ein Altersheim, in dem die Hauptperson Violetta ihr Leben Revue passieren lässt. Regie führte Alexandru Nagy, für die Choreografie zeichnete Sandra Mavhima.

Cynthia PINTER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.