Streiflichter von den drei Dr. Carl Wolff-Gedenktagen in Hermannstadt (I)
Ausgabe Nr. 2886

Jakob Grohmann, Heinz Rybiczka, Ortrun Rhein, Bürgermeisterin Astrid Fodor, Reinhold Sauer, Ursula Philippi (v. l. n. r.) mit der Gedenkplakette vor dem Eckhaus Großer Ring-Heltauergasse, die auf einer Staffelei zu besichtigen war, da noch eine Genehmigung zur Anbringung aussteht.
Aus Anlass der 175 Jahre seit der Geburt des Volkswirts, Politikers und Publizisten Carl Wolff (1849–1929) hat der Dr. Carl-Wolff-Verein der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien in Zusammenarbeit mit der Carl-Wolff-Gesellschaft (München) vom 11. bis 13. Oktober Tage des Gedenkens an ihren Namensgeber veranstaltet.
Bei der am Samstagmittag durch Bürgermeisterin Astrid Fodor erfolgten Enthüllung der Gedenkplakette vor dem Eckhaus Großer Ring/Piața Mare – Heltauergasse/Bălcescu, in dem Dr. Carl Wolff während seiner Zeit als Direktor der Hermannstädter allgemeinen Sparkassa seine Dienstwohnung hatte, stellte Ursula Philippi den Geehrten vor und sagte u. a.: „Mit einer Gedenkplakette wird an dieser Stelle an Carl Wolff erinnert, einen Visionär, eine komplexe Persönlichkeit, einen Menschen, dem Hermannstadt und Siebenbürgen unendlich viel zu verdanken hat. Sie ist bescheiden in ihren Dimensionen, das verträgt sich gut mit dem Charakter des Geehrten. Er hatte das Wohl der Allgemeinheit im Auge, so sehr, dass er im Alter von 70 Jahren, als er nach und nach alle Ämter und Ehrenämter aufgab, und auch aus dieser seiner Dienstwohnung hinausmusste, nur in ein bescheidenes Eigenheim am Stadtrand ziehen konnte. Dieses steht heute nicht mehr.”
Im Vorfeld der Enthüllungszeremonie gab es einen Stadtrundgang auf den Spuren von Carl Wolff, angefangen von dem Gebäude der ehemaligen Bodenkreditanstalt, das heute das Rathaus beherbergt, durch die Fleischergasse/Mitropoliei, wo sich in dem Haus gegenüber der reformierten Kirche die Redaktion des Siebenbürgisch-deutschen Tageblatts befunden hat, dessen Chefredakteur Wolff gewesen ist, dann durch den Stadtpark (heute Astra-Park), der von dem Hermannstädter Verschönerungsverein angelegt woren ist, dessen Gründungsmitglied Wolff gewesen ist; vorbei an dem ehemaligen Sanatorium, das heute die Kinderklinik beherbergt, zu dem Volksbad und nicht zuletzt vorbei an dem Zinshaus Ecke Honterusgasse/Papiu Ilarian-Harteneckgasse/Cetății, zu dem Hotel Römischer Kaiser und schließlich zu dem Eckhaus Großer Ring-Heltauergasse.

Der Vorsitzende Reinhold Sauer und die stellvertretende Vorsitzende Gwendoline Roth von der Carl Wolff-Gesellschaft und Hannelore Baier, Vorsitzende des Dr. Carl Wolff-Vereins beglückwünschen die Gewinner des Projekte-Wettbewerbs, das Team des Samuel-von-Brukenthal-Gymnasiums Hermannstadt: Tudor Băiașu, Ioana Cociu, Ada Cristian, Sabina Bucea und Alexandra Grancea, allesamt Zwölftklässler. Foto: Beatrice UNGAR
Begonnen hatten die Gedenktage mit der Präsentation der Schülerprojekte, die durch Vermittlung von Gerold Hermann zustande gekommen waren. Beteiligt haben sich vier Mannschaften, drei von Hermannstädter Gymnasien (Samuel von Brukenthal, Onisifor Ghibu und Andrei Șaguna), und eine vom Josef Haltrich-Gymnasium in Schäßburg, dem Geburtstort des Geehrten. Die Jury, gebildet aus Friedrich Philippi, Gwendoline Roth und Sebastian Arion hatte keine leichte Aufgabe. Schließlich ging das Team der Brukenthalschule als Sieger hervor und durfte am Abend das Projekt nach den Vorträgen von Dr. Konrad Gündisch (München) und Ing. Marcel Stanciu (Hermannstadt), die über Carl Wolff in historischem Kontext bzw. seinen Beitrag zur Elektrifizierung von Hermannstadt sprachen, vorstellen. Zum Abschluss des ersten Tages erzählten Wolffs Ururenkel Jakob Grohmann bzw. dessen Urenkel Heinz Rybiczka (Wien) aus den Erinnerungen der Familie an ihren Vorfahren.
Dr. Konrad Gündisch, der in München lebt, begab sich in seinem Vortrag „Ein Pragmatischer Visionär“ ebenfalls auf Spurensuche und so erfuhren die zahlreichen Anwesenden im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt: „Wenn ich durch München und Umgebung gehe oder radle, werde ich immer wieder an Dr. Carl Wolff erinnert, obwohl in dieser Stadt keine Tafel, kein Straßenname an ihn erinnert. Allerdings erinnern Namen von Kooperationspartnern sowie Gebäude daran, dass Wolff hier viele der Ideen rezipiert und dann in Siebenbürgen auf kreative Weise umgesetzt hat.
Auf meinem Weg in die Innenstadt fahre ich zuerst am Müllerschen Volksbad vorbei, wissend, dass dessen kleinere Schwester, das Hermannstädter Volksbad, vom gleichen Architekten Carl Hocheder entworfen und gebaut worden ist. Weiter geht’s am Deutschen Museum vorbei zum Oskar-von-Miller-Ring und manchmal auch zum ehemaligen ‚Haus der landwirtschaftlichen Genossenschaften‘ in der Türkenstraße, dem Sitz des Bayerischen Raiffeisenverbands.
Im Umland kann ich das Wasserkraftwerk in Schöngeising, besichtigen, 1892 vom bekannten Bauingenieur, Elektrotechniker und Wasserkraftpionier Oskar von Miller erbaut. Es versorgte das nahegelegene Fürstenfeldbruck als eine der ersten Städte des Landes mit Strom für eine elektrische Straßenbeleuchtung. Carl Wolff gewann ihn – mit denselben Zielen für Hermannstadt und Umgebung – für den Bau des Wasserkraftwerks am Zoodt. Wolff allerdings hatte weiter ausgreifende ökonomische und sozialpolitische Visionen als von Miller, und es gelang ihm, viele davon tatsächlich zu verwirklichen.”
Beatrice UNGAR