50 Lieder für 50 Jahre

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Mit dem Evangelischen Gesangbuch durchs Jahr 2024

Ausgabe Nr. 2879

Ich weiß nicht mehr, wann ich das Lied Nr. 463 zum ersten Mal gehört bzw. gesungen habe. Aber ich weiß noch genau, wie es sich anfühlte, dieses Lied Ende der 80er Jahre als kaum 16-Jährige am Niederrhein zu singen. In der kleinen unierten Kirche in Delhoven. Dort war ich mit Mutter und Schwester im November 1987 gelandet, nach fast zwei Jahren Wartezeit auf die Ausreisepapiere. Der Vater war 1985 illegal dort geblieben. Äußerst widerwillig lebte ich nun die ersten Jahre auch dort.

Der Zeidner wie der Kronstädter Kosmos hatten bei aller Härte für die Familie (unter anderem: der Vater wie die Mutter wurden von lokalen Securitate-Leuten bedrängt) Klarheit und einen Platz und eine Aufgabe im Leben suggeriert.

In den ersten Jahren kam ich mir in der deutschen Überflussgesellschaft nutzlos vor. Alles war schon da, alles war schon geregelt. Außer der Arbeitskraft, die ich gerne in der Schule, beim Metzger, in der Fabrik oder in der Landwirtschaft lieferte, gab es nichts, schien es mir zunächst, was die neue Gesellschaft von mir brauchen wollte.

„Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.“ Wir sangen das Lied im Gottesdienst und auch im Helferkreis der Kinderbibeltage in der kleinen Kirchengemeinde am Niederrhein. Es brachte meinen tiefen Wunsch nach Sinn und einem Platz in dem neuen Leben zum Ausdruck, so dass ich es auch für mich immer wieder sang, wenn die Fragen drängend wurden.

Inzwischen habe ich das Lied auch mit siebenbürgischen Gemeinden gesungen, dort, wo ich als Theologiestudentin dieses Jahr Vertretungsgottesdienste halten durfte.

Das Lied wurde 1962 von Hans Puls komponiert. Den Text verfasste der evangelische Pfarrer Gustav Lohmann (1876-1967) im Alter von 85 Jahren.

Die 3. Strophe stammt von Markus Jenny (1970).

Für mich ist das Lied ein Gebet dafür, dass das Leben gelingen möge, ein Gebet in Zeiten, in denen ich noch nicht erkennen kann, wo es hingeht mit mir, mit uns. Ein Gebet, das auf Vertrauen hofft.

Daniela BOLTRES

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.