30 Jahre Diaspora – Ein Leben für die Kunst

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Zwei Höhepunkte der rumänischen Kulturszene in Wien

Ausgabe Nr. 2874

„…Fortsetzung folgt“ habe ich versprochen und hier ist sie: Auch im Juni hat Wien der rumänischen Kultur wieder viel Raum für unendliche Möglichkeiten geboten. Ich darf mich zuerst einem kulturellen Höhepunkt zuwenden, der weit über die Grenzen seinen medialen Niederschlag gefunden hat. Der Botschafter von Rumänien in der Republik Österreich, S.E. Emil Hurezeanu und der Metropolit Serafim Joantă luden zu einem Empfang ein mit anschließend festlichem Konzert anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa.

Dem Anlass gebührend feierte man „30 Jahre Mission in der Diaspora“ im Wiener Konzerthaus. Hohe kirchliche Würdenträger, die etliche Glaubensgemeinschaften vertraten, waren ebenso gekommen, wie auch diplomatische Repräsentanten. Alle mit dem Ziel das 30. Jubiläum mit einem Festkonzert gebührend zu begehen. Die Feierlichkeiten starteten vor einiger Zeit mit einem Kinderkonzert in Wien, es folgte ein bewegendes Konzert in München um wieder mit einer großen Musikdarbietung nach Wien zurückzukehren. Dafür war das Orchester der Rumänischen Nationaloper in die österreichische Bundeshauptstadt angereist. Gemeinsam mit dem Kantorenchor „Tronos“ der Bukarester Patriarchalkathedrale unter der Leitung von Archidiakon Mihail Bucă und der Solistin Maria Coma bot sich dem kunstaffinen Zuhörer ein umfangreiches Repertoire an sakraler Musik und traditionellen rumänischen Gesängen.

Besonders historisch interessant waren aber die einleitenden Worte von S.E. Emil Hurezeanu, der direkter und unmittelbarer Zeuge dieser kirchlichen Aufbauarbeit in drei verschiedenen Phasen war: „Anfang der 90er Jahre in München, als Mitglied der rumänischen Community, beziehungsweise im Jahre 1994, dem Jahr der Gründung der Rumänischen Orthodoxen Metropolie, in meiner Funktion als letzter Direktor von Radio Free Europe in München; 2015-2021 als Botschafter von Rumänien in der Bundesrepublik Deutschland. Es war eine Zeitspanne, in der ich gemeinsam mit Seiner Eminenz Metropolit Serafim eine informelle, aber wichtige Einrichtung der Diaspora – die Plattform für die akademische Diaspora – ins Leben gerufen habe. Als dritte Phase dienen die letzten drei Jahre, in denen ich als Botschafter von Rumänien in der Republik Österreich die Beziehungen zur Metropolie, zu den orthodoxen Pfarrern in Österreich, aber auch zu Gemeinden anderer Konfessionen und deren Gläubigen in Österreich und Deutschland, vertieft habe.”

Die Wurzeln der rumänisch-orthodoxen Gemeinde in Wien lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Kaiser Karl VI. genehmigte 1723 die Gründung der Bruderschaft zum Heiligen Georg, die zunächst alle orthodoxen Christen in Wien betreute. Die Monarchin Maria Theresia hatte der Gemeinde 1776 ein religiöses Privileg verliehen, das die religiöse Praxis weiter festigte. Durch die Zuwanderung rumänischer Studenten gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Bestrebungen, eine eigene rumänisch-orthodoxe Pfarre zu gründen, weiter verstärkt. Diese Entwicklung kulminierte 2003 in der Einweihung der Kirche zum Heiligen Andreas, die heute als zentraler Ort für die rumänisch-orthodoxe Gemeinschaft in Wien dient. Erbaut wurde sie nach Plänen der Architekten Mihaela Ionescu und Georg Baldass und stellt eine moderne Interpretation orthodoxer Sakralarchitektur dar. Sie befindet sich in einer Baulücke in der Simmeringer Hauptstraße im 11. Wiener Gemeindebezirk. Der rumänische Maler Vasile Lefter war für die Ausmalung des Gewölbes verantwortlich. Resümierend verkörpert die rumänisch-orthodoxe Kirche in Wien nicht nur einen wesentlichen spirituellen Zufluchtsort, sondern auch ein pulsierendes Zentrum der Kultur und Gemeinschaft, das im Laufe der Jahrzehnte bedeutend zur kulturellen Vielfalt der Stadt beigetragen hat.

Ein 40. Geburtstag, der nie gefeiert werden konnte, und trotzdem in Wien für Begeisterung sorgte – die Rede ist von einer Hommage an die tödlich verunglückte rumänische Künstlerin Oana Ionel. Anlässlich ihres 40. Geburtstages zeigte das Rumänische Kulturinstitut Wien im Juni unter dem Titel „Morphogenetic Fields“ Malerei, Fotografie und Film der im vergangenen Jahr verstorbenen Künstlerin. „Es geht mir darum, die Diversität in der Arbeit Oana Ionels zu zeigen. Die Künstlerin trat nicht nur für Vielfalt ein, sie war es auch, in ihrem viel zu kurzen Leben. Daher sind in dieser Ausstellung erstmalig Portraits und abstrakte Arbeiten gemeinsam zu sehen“, erklärte der Kunstsammler und Kurator Thomas Emmerling. Die Ausstellung, die ausschließlich mit Leihgaben von Kunstsammlern aus England, Deutschland, Österreich und Rumänien zusammengestellt wurde, präsentierte auch außergewöhnlich naturalistische Portraits aus den Jahren 2012 bis 2016. Schemenhaft, wie Geister, schweben in Sepia gehaltene Portraits der Serie „Ladies on the Couch“, eingebettet in Pop-Art Kulissen. Ihre Abstraktionen leben von Komposition, Dynamik und Gruppierung und benötigen keinen fehlleitenden Symbolismus.

Einzelne Arbeiten der Serie „Hypnosis“ machen deutlich, dass Oana Ionel vor ihrem Kunststudium auch das Psychologiestudium erfolgreich abgeschlossen hatte. Für sie war Kunst zunächst lyrisch-poetische Wahrnehmung, die durch den Filter eigener Werte schlussendlich zum Ausdruck kam. Immer wieder plädierte Ionel für das friedliche und bereichernde Zusammenleben der Ethnien, speziell im Donauraum. Sie organisierte und leitete dazu zahlreiche kultur-diplomatische Konferenzen. Ferner arbeitete sie als Kuratorin und als Kulturberaterin diverser Institutionen.

Ingrid WEISS

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.