,,Eine kirchliche Kultur der ehrlichen Gastfreundschaft“

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Das ,,Forum Junge Theologie in Europa“ (FYTE) veranstaltete Konferenz in der EAS

Ausgabe Nr. 2815

Gruppenbild der Teilnehmenden auf der Lügenbrücke.                Foto: ZETO

Vom 12. bis 15. April 2023 fand in Hermannstadt eine Konferenz zum Thema „Protestantismus und Partizipation“ in der Evangelischen Akademie in Neppendorf statt.  Die 12 Theologinnen und Theologen  (aus der Schweiz, Slowakei, Belgien, Frankreich, Italien, Deutschland, Ghana, Rumänien) beschäftigten sich mit der Frage, wo protestantische Einflüsse in den europäischen Gesellschaften erkennbar sind bzw. wie der Protestantismus sichtbar werden kann.

Die Tagung war der letzte Teil des Projektes „Forum Junge Theologie in Europa“ (FYTE) und schloss an eine interdisziplinäre Akademie in Form digitaler Vorträge und einer ersten Konferenz in Wien im Jahr 2022 an.  FYTE möchte vor allem das Verständnis für die Herausforderungen des europäischen Protestantismus vertiefen und die Vernetzung junger europäischer Theologen erleichtern.

Das Projekt wird vom Evangelischen Bund Hessen, vertreten von Volkmar Ortmann gemeinsam mit der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa ( GEKE ), vertreten durch Oliver Engelhardt und dem Zentrum für Evangelische Theologie in Osteuropa in Hermannstadt (ZETO) mit ihrem Leiter Pfr. Gerhard Servatius-Depner durchgeführt und von der Europäischen Union im Rahmen des ERASMUS+ Programms gefördert.

Anlass des Projektes war die Feststellung, dass „die Gegenwart massiv geprägt  (ist) von der Erosion der Mitgliedschaft in politischen Parteien, Kirchen und Verbänden. Gleichzeitig entstehen aber auch neue digitale und analoge Beteiligungsformate. Etablierte institutionelle Beteiligungsformate wie Parlamente und Synoden werden durch nicht-institutionelle aktivistische Bewegungen ergänzt. Dies führt zu einer Pluralisierung des öffentlichen Diskurses und zur Entstehung neuer Diskursräume.“

Die Tagung begann mit den sog. Country Reports der Teilnehmenden. Der Vortrag „Partizipation – als Möglichkeit, als Einladung, als Gemeinschaft, als Theorie, als Auftrag“ von PD Dr. Christine Schliesser (Schweiz) wirkte impulsgebend für die gedankliche Arbeit der folgenden Tage.  Er wirkte auch auf die bis in die späte Nacht stattfindenden informellen Gespräche in den Akademieräumen, die nur vom mehrsprachigen Gesang, den der ZETO-Leiter auf der Gitarre begleitete, unterbrochen wurde.

In Hermannstadt erarbeiteten sich die Teilnehmehmenden in Arbeitsgruppen vertieft Standpunkte und Praxisansätze zu den drei Tagungsleitlinien: Hoffnung geben, Verantwortung übernehmen und Sichtbarkeit der Kirche.

Die entstandenen Materialien sind für die Praxis in Kirchen, Gemeinden und Schulen bzw. Stadtteilen bestimmt und beinhalten einen Vorschlag zur Gestaltung einer partizipativen Liturgie, Überlegungen zu didaktischen bzw. gemeindebildenden Veranstaltungen zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe sowie ein Grundsatzpapier in Thesenform zur Charakteristik des zeitgenössischen Protestantismus.

Auch in den drei praktisch ausgerichteten Arbeitsgruppen wurde erst darum gerungen zu klären, was Protestantismus sei. Bestimmend dabei war die Frage nach Motivation, Relevanz und Sichtbarkeit protestantischer Positionen in der jeweiligen pluralen, z. T. säkularen Herkunftsgesellschaft.

Die Materialien werden in absehbarer Zeit in Umlauf gebracht und auch auf der Website von https://junge-theologie.de/where-protestantism-becomes-visible/#more-2079 zugänglich sein.

Die regelmäßigen Morgen- und Abendandachten in der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche bzw. in der Neppendorfer evangelischen Kirche trugen zur offenen, familiären Stimmung bei. Mit Empfang des Reisesegens und abschließendem gemeinsamen Gesang schloss die Tagung, in deren  Abschlussrunde ausnahmslos alle es bedauerten, dass der Aufenthalt zu kurz gewesen sei.

Denn die Begegnungen seien überall überaus herzlich und die Landeskundeformate, die EAS-Programmleiter Roger Parvu organisiert hatte, sehr informativ gewesen: Dazu gehörten Neppendorf (Kirche), Hermannstadt (Ökumene-Institut, Teutsch-Haus, Stadtführung) und Sibiel (Orthodoxe Kirche, Museum für Hinterglasikonen). Die Bilanz: Die aufrichtige herzliche Gastfreundschaft in Siebenbürgen habe die Tagung zu einer einzigartigen Erfahrung gemacht, die die Schweizer Pastorin Anna Lerch auch den Menschen in der Kirche wünscht: „Wir brauchen eine kirchliche Kultur der ehrlichen Gastfreundschaft, in der Hoffnung geweckt wird und sich alle willkommen, gesehen und bekannt fühlen.“

Daniela BOLTRES

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.