Die Blumen waren ihre Welt

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Eine unbekannte siebenbürgische Künstlerin

Ausgabe Nr. 2805

Zinnien (Zinnia elegans) wurden und werden in Siebenbürgen auch u. a. ,,Junge Herren“ oder ,,Ochsenaugen“ genannt.

Nach einigen Jahrzehnten der stillen, unverändert hohen und sehr ehrlichen Wertschätzung soll eine Künstlerin, die einige meiner Bilder signiert hat und die in der Welt der Kunst weder bekannt noch anerkannt ist, auch einen „Rahmen“ bekommen, auch wenn dieser für sie zu spät kommt. Es handelt sich um Helene Maria Amalie Wilhelmine Fink, die am 24. April 1909 in Türmitz /Trmice bei Aussig an der Elbe/Ústí nad Labem (heutige Tschechische Republik) geboren wurde und am 19. Februar1993 in Hermannstadt gestorben ist. Wer also dachte, der Organist, Chorleiter, Dirigent, Musikpädagoge und Komponist Franz Xaver Dressler (1898-1981) sei der einzige im böhmischen Aussig an der Elbe Geborene, der irgendwann in Hermannstadt ansässig geworden ist, irrt. Aus Anlass des 30. Todestages von Helene Maria Fink hat eine Freundin der Familie folgenden Beitrag verfasst und stellte ihn der Hermannstädter Zeitung dankenswerterweise zur Verfügung.

Die in meinem Besitz befindlichen Bilder von Helene Maria Fink sind nicht nur der „Schmuck“ meiner Wände und das seit Jahrzehnten, sie begeistern mich immer wieder, sie haben im Laufe so vieler Jahre nichts an Wirkung und Licht eingebüßt, sie haben tatsächlich kein „Verfallsdatum“.

Helene Maria Amalie Wilhelmine Fink geb. Bukowski. Aufnahme aus  Jahr 1934.   Fotos: Familienarchiv

Gerne erlebe ich durch sie die Schönheit des Frühlings aber auch die warme Farbenpracht des Herbstes, sie lenken meinen Blick durch ein geöffnetes Fenster in einen blühenden Garten, dessen Duft sich bereits während des Betrachtens einstellt, eine Blumenvielfalt, die sich wiederum in bunten Sträußen als Stillleben wiederfindet.

Helene Maria Amalie Wilhelmine Fink geb. Bukowski kam 1935 der Liebe wegen aus Türmitz bei Aussig an der Elbe (heutige Tschechische Republik) nach Hermannstadt und fand in Siebenbürgen ihre zweite Heimat.

Sie hatte nebst der großen Liebe für ihren Mann, Theodor Fink, ein besonderes gut sortiertes „Paket“ mit dabei, das sie einerseits dem wohlhabenden Elternhaus verdankte, andererseits aber auch ihren vielseitigen Interessen für Bildung, Sprachen Sport und Kunst.

Dieses Landschaftsbild ist nach einer Wanderung im Zibinsgebirge entstanden.

Eine Anekdote erzählt, dass sie nur eines nicht lernen wollte, nämlich das Kochen. Lachend erklärte sie auf diesbezügliche Fragen, dass sie ihrem zukünftigen Mann das Essen gerne an die Wand malen könne.

Schon früh wanderte sie gerne mit Staffelei und Farben durch die Natur, immer mit offenen Augen für Formen und Farben, immer verbunden mit dem vertrauten Puls der Natur, den sie deutlich spürte, der ihr in späteren Jahren auch Trost, Halt und Muse sein sollte.

Ihren Aufgaben als Ehefrau und sechsfache Mutter nachkommend und verpflichtet, die Höhen und Tiefen des Familienlebens, der  Kummer und Schmerz der Vor- und Kriegszeit, folgte der 13. Januar 1945, das Datum der Deportation so VIELER, auch die ihres Mannes, Theodor, zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion.

Das Matterhorn hat Helene Fink nach Auskunft ihrer Familie gemalt, um sich einen Traum zu erfüllen, der in Wirklichkeit nicht umzusetzen war.

Es wäre nicht DIE Helene Fink gewesen wenn sie ihren Glauben an die Rückkehr ihres geliebten Mannes aufgegeben hätte. Sie bewahrte sein Spezialwerkzeug sorgfältig auf, in der festen Überzeugung, dass er nach Hause zurückkehren und noch viele Klaviere stimmen wird. Ihr Humor und ihr Mut halfen ihr an jedem neuen Tag über Sorge und Verzweiflung hinweg.

Das Jahr 1947 brachte im späten Dezember der Familie einen kranken Ehemann und Vater wieder nach Hause zurück, doch Existenzsorgen und Entbehrungen waren immer noch Alltag.

Margareten hat Helene Fink auch sehr gerne gemalt.

Das Leben beschenkt wohl gerne die Großzügigen und Hilfsbereiten und so wurde der Ehemann gesund und die Familie durch den Nachzügler, Ulrich, um ein Familienmitglied reicher.

Bei dieser Lebensgeschichte fragt man sich zu Recht, wo auch noch Kunst untergebracht werden soll… wo hat die überhaupt ihren Platz?

Das Malen und Bildhauern war aber für Helene Fink keine Frage des Zeithabens, sondern eine Quelle, aus der sie Kraft schöpfte, eine Zeit der Entspannung und des Kopf Freikriegens, dazu aber auch wirklicher Broterwerb.

Der Garten war ihre Inspirationsquelle, ein Zufluchtsort und zum Teil auch der Arbeitsplatz zur Selbstversorgung.

Ich kannte diesen Garten, ein eigenwillig blühendes Paradies, dieses hat Helene Fink mit unzähligen Bildern ihrer eigenen kreativen Wahrnehmung auch ins Haus getragen und ihr Wohnzimmer damit zu einem Ausstellungsraum umfunktioniert. Dort habe ich auch meine „Schätze“ gefunden und auch Freunde der Malerei darauf aufmerksam gemacht und dafür begeistert.

Was wäre diese Welt ohne solche kreative Schöpfungen?

Der Eisengießer entstand nach 1945 während der Deportation ihres Mannes Theodor Fink. Der Arbeiter und seine Beschäftigung war das große Thema jener Zeit. Helene Fink schuf den Eisengießer auch als Wertschätzung der Arbeit ihres Schwiegervaters, eine Arbeit, die ihr aus unmittelbarer Nähe vertraut war.

Hier schließe ich mich einer Meinung an, die sagt, dass es eine „leere“ Welt wäre und ich füge hinzu, dass sie auch kalt wirken würde.

Gerade deshalb wünsche ich mir für uns alle ein ausgeprägtes Bewusstsein für dieses Thema, mehr Wertschätzung für Kunst und Kultur und für alle, die unsere Welt damit verschönern und bereichern.

Helene Fink ist für ihre Familie bereits eine Lebenskünstlerin und für alle, die ihre Malerei wertschätzen, eine Künstlerin, die neben ihren Werken so viel mehr bewegt hat. In unserer Zeit wäre sie, und in der damaligen war sie es bereits: Die absolute Powerfrau.

Offiziell wurde ihr in der Reihe der siebenbürgischen Künstlerinnen und Künstler noch kein Platz zuerkannt, wobei sie ihn sich schon sehr lange verdient hat.

Vielleicht kann dieser Beitrag eine Anregung anlässlich ihres 30. Todestages sein!?

Es ist nicht nur meiner Meinung nach nie zu spät, das Werk einer Künstlerin anzuerkennen.

Krista LINGER

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.