Im April stand das monatliche AHK-Treffen im Zeichen der Ukraine
Ausgabe Nr. 2767

Das monatliche AHK-Treffen fand im April nun zum ersten Mal nach zwei Jahren als Präsenzveranstaltung im HotSpot Workhub in Bukarest statt. Foto: AHK
Am 4. April fand das monatliche Treffen der Mitglieder der Rumäniasch-Deutschen Handelskammer (AHK) im HotSpot Workhub in Bukarest nun zum ersten Mal nach zwei Jahren als Präsenzveranstaltung und ohne Maske statt, wobei das Treffen auch online verfolgt werden konnte. Die Veranstaltung lief unter dem Motto #WeStandForPeace (,,Wir stehen für Frieden“) wobei das Hauptthema die Ukraine und die damit verbundene Krise war. Zum Thema äußerten sich AHK-Präsident und CEO von BASF Rumänien Andreas Lier, der Deutsche Botschafter Peer Gebauer, Victor Nicolaescu vom Rumänischen Roten Kreuz, Andrei Ioniță von der Firma Bitdefender, Bogdan Ivănel, Mitgründer und CEO von Code for Romania, die sich natürlich alle darauf konzentrieren, einen Beitrag zum Meistern der Krise zu leisten. U. a. unterstrich Andrei Ioniță, dass der Staat mehr in Sachen Digitalisierung machen müsse, dass die Möglichkeiten auf schnelle Reaktionen geschaffen werden müssten. Moderiert wurde die Veranstaltung vom geschäftsführenden AHK-Vorstandsmitglied Sebastian Metz.
„Die beispiellose Aggression Russlands gegen die Ukraine, unser Nachbarland ist eine furchtbare humanitäre Katastrophe und auch deren wirtschaftliche Folgen sind natürlich riesig“, lauteten die einleitenden Worte von Andreas Lier. „Aus diesem Anlass findet die heutige Veranstaltung unter dem Motto We Stand For Peace statt“. Lier lebte bis 2019 sieben Jahre lang in der Ukraine. Hier beschäftigt nämlich die Firma BASF mehr als 200 Mitarbeiter. In den Wochen vor dem AHK-Treffen wurde etwa 60-70 Familien geholfen, über die Grenzen nach Polen und nach Ungarn zu kommen, 40 Familien nach Rumänien. Laut Lier habe es dabei „sehr emotionale Momente“ gegeben.
Botschafter Peer Gebauer sprach seinen Respekt aus vor der Leistung der Verteidigung und den Mut des ukrainischen Volkes. Beeindruckt habe ihn aber auch die Leistung Rumäniens, der Regierung als auch der Bevölkerung, beim Umgang mit dieser Krise. Gebauer glaubt, dass noch größere Herausforderungen auf die Menschen zukämen: „Wir spüren gestiegene Energiekosten, allgemein Inflation und sicherheitliche Herausforderungen, denen wir nun gewachsen sein müssen.“ Die Botschaft setzte sich ebenfalls ein, um die Krise zu meistern. In der Anfangsphase sei man drei Wochen nach Beginn der Krise mit dem Botschaftsteam in Suceava gewesen, um Unterstützung zu bieten. Der Beitrag habe u. a. auch darin bestanden, dass man mit Experten, die Hand in Hand mit der Rumänischen Regierung und dem Notfallteam von Raed Arafat gearbeitet haben, Szenarienplanung machte. Es sei ein Beispiel dafür, wie man in Krisensituationen Hand in Hand arbeiten kann, was zwischen Deutschland und Rumänien nun gut gelungen sei.
Victor Nicolaescu vom Rumänischen Roten Kreuz hob die außerordentliche Zusammenarbeit mit dem Geschäftsumfeld hervor. Auf den Konflikt in der Nähe Rumäniens sei man nicht gut genug vorbereitet gewesen. Er betonte vor allem die Notwendigkeit weitere Partner zu finden. Der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine war bereits in den ersten Tagen beeindruckend: Frauen mit Kindern, die 20-30 Stunden darauf warteten, um die Grenze überqueren zu können. Das Rumänische Rote Kreuz installierte Punkte an den Grenzübergängen mit der Ukraine und der Republik Moldova. Es wurden Spenden gesammelt, Transporte organisiert. Die Kampagne „Umanitatea nu are granițe” (Menschlichkeit hat keine Grenzen) wurde gestartet. Aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Verwalter aus Czernowitz und mit den rumänischen Behörden, konnten die ersten Hilfen im Lager von Cernăuți erbracht werden. „Die Situation ist wirklich schwieriger als wir es uns vorgestellt haben, im Sinne, dass die Not an haltbaren Lebensmitteln, an Medikamenten groß ist”, unterstrich Nicolaescu. Obwohl durch die Partnerschaft mit einer nationalen transatlantischen Gesellschaft eine bedeutende Summe für Hilfeleistungen vorgesehen wurde, soll diese nur für die Versorgung von 90.000 Menschen für einen einzigen Monat reichen, wobei es vor allem um humanitäre Assistenz gehe, und nicht um Wohlstandsassistenz.
Das Netzwerk der nationalen Roten Kreuz-Gesellschaften und die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) haben ihre Unterstützung zugesagt. IFRC delegierte sechs Experten innerhalb von 48 Stunden nach Bukarest zum Hauptsitz und es wurde damit begonnen, die Aktivitäten für die nächsten sechs Monate zu planen. Nicolaescu hob hervor, wie wichtig es sei, die institutionelle Kapazität des Roten Kreuzes in Rumänien zu konsolidieren.
Zu Wort kam auch Andrei Ioniță von Bitdefender, einem rumänischen Unternehmen, das auf Weltebene im Bereich Cyber Security führend ist und das nun jedwelche Privatperson, Unternehmen oder Regierungseinheit aus der Ukraine auf unbegrenzte Zeit mit Antimalwarelizenzen und damit mit den Bitdefender-Cybersecurity-Technologien unterstützt. Für NATO- und EU-Staaten gibt es kostenlos ein Jahr lang Lizenzen mit der Kondition der Ersetzung einer anderen Sicherheitslösung, die im Rahmen dieses Konflikts geopolitische Vertrauensrisikos mit sich bringt. Es sei unzweckmäßig, dass ein NATO-Land, das zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Verteidigung gewährt, eine Sicherheitslösung aus der Gegend Russlands benütze. Sicherheitsunternehmen könnten über die Updates einen Trojaner anbringen, der Daten herausfiltert.
Bogdan Ivănel, Mitgründer und Geschäftsführer von Code for Romania stellte die Organisation vor, die sich um die Entwicklung von digitalen Lösungen zu Problemen der Gesellschaft bemüht und ebenfalls einen bedeutenden Beitrag in der Meisterung der Flüchtlingskrise leistet. Code for Romania soll die zweitgrößte Gemeinschaft für bürgerliche Technologie in der Welt sein, die größte außerhalb der USA und die produktivste in der Welt. In Rumänien werden Leistung in der Digitalisierung nicht nur im Profit- sondern auch im Nonprofit-Bereich erbracht.
Infolge des Erdbebens 2017 in Mexiko erstellte Code for Romania 22 Lösungen für Erdbebenrisikos. Viele dieser Lösungen konnten nun in späteren Krisensituationen wie der Pandemie und nun in der Flüchtlingskrise angewandt werden. 2020 habe man ein „Ökosystem von Lösungen“ angeboten, das bislang von über 14 Millionen Rumänen genutzt worden sei.
Als am 24. Februar der Krieg anfing, wurde auf zwei Ziele der Schwerpunkt gelegt: glaubenswürdige Infos zu den Flüchtlingen zu bringen sowie den Behörden und die Zivilgesellschaft in der Handhabung der Hilfen für Flüchtlinge zu unterstützen. In weniger als 72 Stunden war die Plattform mit Inhalten für Flüchtlinge da, mit Infos auf Ukrainisch, Russisch, Rumänisch und Englisch, Infos zur Grenzüberquerung, was weiter passiert, wie Hilfe in Rumänien zu finden ist. Zwei weitere Plattformen, die für das Managen von Hilfen gedacht sind, entstanden ebenfalls in kurzer Zeit: „Sprijin de Urgență“ und „Un acoperiș“ , für Unterkünfte für Flüchtlinge. Systeme, die zu Friedenszeiten 8-12 Monate benötigt hätten, wurden nun in weniger als einer Woche geschaffen. In einer zweiten Phase setzt sich Code for Romania ein für die Erleichterung des Zugangs zu Dienstleistungen, darunter Gesundheitsdienstleistungen. Zum Zeitpunkt des AHK-Treffens war die Plattform für Fälle von Kinder-Onkologie bereits zugänglich, an einem ähnlichen System für die HIV-Kranken wurde gearbeitet.
Code for Romania habe nun in verschiedenen Bereichen 200 Lösungen geschaffen, die Rumänien eigentlich „gestern“ nötig gehabt hätte. „Wir brauchen eine höhere Verwaltungskapazität“, betonte Ivănel. ,,Code for Romaniaträgt den ganzen Digitalisierungsprozess, den es in Rumänien gibt. Die öffentlichen Behörden machen viel zu wenig dafür. Es besteht die Notwendigkeit, dass der rumänische Staat die Möglichkeiten zu schnellen Antworten schafft“.
Werner FINK