Ein Novum für die Tier-Neurologie

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Tierarzt Dr. Nicolae Coldea hat erste Doktorarbeit in diesem Bereich geschrieben

Ausgabe Nr. 2711

Auf eine Live-Verteidigung musste Dr. Nicolae Coldea (oben links) verzichten, die Kommission war online zugeschaltet.                          Foto: die Verfasserin

Es gibt keine größere Sünde, als auf der Welt gewesen zu sein und keine Spur hinterlassen zu haben, erklärte ein Mönch in einer TV-Sendung. Auf diese Aussage hin beschloss der Hermannstädter Tierarzt Dr. Nicolae Coldea, seinen Doktor zu machen. Wie der Mönch hieß, weiß er nicht mehr, seinen Doktortitel hat er aber Ende Januar d. J. mit Sehr gut erhalten und die Tiere und Tierhalter in der Stadt haben auch etwas davon: Den ersten Arzt in Rumänien, der in der Tier-Neurologie promovierte und eines der maximal drei Hörtestgeräte landesweit. 

 

„Im Prinzip ist das der zweite Doktor, den ich mache”, erklärte Dr. Coldea, „vor vielen Jahren habe ich eine Dissertation im Bereich  Genetik geschrieben, als ich als außerordentlicher Professor an der Fakultät für Tiermedizin unterrichtet habe. Weil ich auf die Professur verzichtet habe, habe ich auch auf den Doktortitel verzichtet, ich hätte noch die Dissertation verteidigen müssen.

Die Dissertation von Dr. Nicolae Coldea liegt u. a. an der Universität in Klausenburg auf.

Diesmal hat er sich nicht für Genetik entschieden, sondern für Neurologie, denn die Genetik hat mehr mit der theoretischen Seite zu tun und ist besonders für die Studierenden wichtig. Die Neurologie sollte aber für einen praktizierenden Arzt ein Muss sein, jedoch ist bei keiner Fakultät für Tiermedizin in Rumänien dieses Fach verpflichtend, sondern wird nur als Wahlfach angeboten, obwohl die neurologischen Probleme bei Tieren keine Seltenheit sind. Dr. Coldea: „Die Neurologie ist bis jetzt noch nicht im Lehrplan enthalten. Einige Fächer haben auch kleine neurologische Teile, es gibt auch Lehrer, die auch Grundbegriffe der Neurologie unterrichten. Von der Diagnose bis zu einem chirurgischen Eingriff, falls das Problem dadurch überhaupt entfernt werden kann, ist aber ein weiter Weg.” Dazu müsste dieses Fach in einem geeigneten Kurs unterrichtet werden. Darauf können interessierte Ärzte in Rumänien wenig Einfluss haben, das muss an den Unis entschieden werden. Praktizierende Ärzte füllen, wenn möglich, diese Lücken durch Weiterbildungen aus: „Wir haben bereits vier Neurologie-Kongresse organisiert, das ist aber noch ein Nischenfach und wir hatten bisher um die rund 100 Teilnehmer – an manchen Kongressen nehmen auch zehn Mal mehr teil. Außerdem sind leider beim letzten Kongress – weil er online stattfinden musste – auch die Workshops ausgefallen, in denen die Ärzte praktische Erfahrung sammeln konnten.”

Im Fokus der Doktorarbeit befinden sich neurologische Krankheiten bei Hund und Katze: „Ich habe nur ein paar der vielen neurologischen Krankheiten vorgestellt, aus der Sicht des praktizierenden Arztes. Das ist jetzt kein Lehrbuch, ein Buch für Anfänger, sondern schon etwas für Fachleute. Wenn aber eine Fakultät die Informationen von mehreren Praxen einsammeln würde, könnte man viel mehr Informationen zusammentragen. Ich habe mich auf Hirn und Rückgrat bezogen, es gibt aber so viel mehr Krankheiten. Ich denke, dass man meine Dissertation an den Unis finden kann, ich habe es mir noch nicht überlegt, sie auch als Buch herauszugeben. Eine Doktorarbeit wendet sich aber an Interessierte ab einem gewissen Bildungsniveau.”

Dabei hegt der Tierarzt schon seit langer Zeit Interesse für  die Neurologie und hat die ersten Erfahrungen in Krankenhäusern gesammelt, wo er bei den Nachtwachen und bei OPs dabei sein durfte.

Die fehlenden Informationen müssten kein Problem sein: „Eigentlich kann dich keiner davon abhalten, etwas zu lernen, wenn du daran Interesse hast”, sagt Coldea. Doch die fehlende Apparatur erschwert die Arbeit in diesem Bereich: „Wir haben in Hermannstadt kein MRT-Gerät für veterinäre Nutzung, es gibt landesweit nur zwei davon, beide in Bukarest. Klausenburg hat einen Computertomografen, der kann in der Neurologie mehr oder weniger helfen… Außerdem sind die Straßen wie sie sind und wenn die Besitzer nach Klausenburg oder Bukarest fahren, ziehen sie es vor, das Tier gleich dort operieren zu lassen, denn oft ist es lebenswichtig, dass die betroffenen Tiere in den ersten Stunden behandelt werden.”

Der Doktorvater aus Klausenburg, Dr. Ionel Papuc, war erfreut über das Thema der Arbeit – „Diagnostische und therapeutische Untersuchungen bei neurologischen Störungen bei Hund und Katze” -, denn Neurologie ist, wie erwähnt, ein Novum „Es gibt noch einen Doktoranden, der die medizinische Imagistik als Thema hat und somit auch eine neurologische Seite, aber ich weiß von keiner Dissertation mit dem Hauptthema Neurologie.” Dr. Papuc hat aber u. a. den Doktoranden akzeptiert, weil er wusste, dass dieser bereit ist, in Apparatur zu investieren – wenn auch nicht gleich in ein MRT-Gerät: „Neu kostet es 380.000 Euro”, lacht der Arzt, „wenn ich dieses Geld hätte, würde ich wirklich in Rente gehen. Bisher habe ich aber ein EEG-Gerät gekauft und ein Gerät für akustisch evozierte Potenziale (BAER, Brainstem Auditory Evoked Response).” BAER ist eine Elektrodiagnostik, die das rechte und das linke Ohr einzeln testet und wird besonders von Hundezüchtern gebraucht, denn bei vielen Hunderassen gibt es angeborene Taubheit und diese ist meistens erblich. „Ich fahre jetzt zu den Züchtern und lasse Hunde testen, denn so ein Gerät gibt es nur noch in Jassy. Viele Züchter haben ihre Tiere im Ausland – z. B. in Ungarn – testen lassen, was jetzt wegen der Pandemie schwieriger ist. Ich habe Kunden aus Konstanza, Bukarest, Neumarkt, Großwardein. Das ist mehr als ein Hörtest, der zeigt den ganzen Weg des Hörnervs bis ins Hirn”, erklärt er auch für Laien, die ihre Tiere testen lassen wollen.

Seine Doktorarbeit hat Dr. Nicolae Coldea online verteidigt. Zugeschaltet waren nicht nur die Mitglieder der Kommission aus Klausenburg, Jassy und Temeswar, sondern auch interessierte Leute – mit einem guten Magen, denn so manche Fotos aus dem OP-Saal waren nicht unbedingt etwas für schwache Nerven. Dabei war auch ein Hundebesitzer, der glücklich berichtete, dass sein Hund durch eine OP gerettet werden konnte und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn zwei Tierärzte hatten ihm empfohlen, den Hund einzuschläfern.

Auch wenn Coldea nicht mehr ins Lehramt zurückgehen würde, „könnte ich mir leicht vorstellen, eine Vorlesung an einer Fakultät anzubieten oder Workshops im organisierten Rahmen zu halten.” Seine Erfahrung hilft ihm vor allem in der Praxis, denn etwa zehn Prozent seiner Patienten haben neurologische Probleme jeder Art. Und glücklich sind der Arzt und sein Team bei jedem Erfolg: Bei der Verteidigung seiner Dissertation zeigte er auch Fotos von Hunden, die nach OP und Physiotherapie wieder laufen konnten.

Mehr finden Sie unter https://www.coldea.ro

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Medizin.