Für ein partnerschaftliches Miteinander

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Brief des Deutschen Konsuls in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2692

Konsul Hans Erich Tischler.                                        Foto: Rareș HELICI

Harte Wochen und Monate liegen hinter uns, die uns nach wie vor so viel abverlangen: Geduld, Zuversicht, Bereitschaft zu Veränderung und Flexibilität. Nichts ist in der Zeit der Krise so wie vorher, alle müssen wir improvisieren, uns auf Unbekanntes einlassen.

Die Corona-Krise mit ihren direkten und indirekten Folgen hat überall tiefe Wunden gerissen. Sie hat auch bei uns in Europa Versorgungsengpässe offenbart, hat Mängel bei unseren Gesundheits- und Bildungssystemen aufgezeigt. Lassen Sie uns gerade deshalb diese Krise als Chance nutzen für die Modernisierung unserer Gesellschaftssysteme, die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und für die so dringend erforderliche Ankurbelung unserer Wirtschaft um so insgesamt gestärkt und besser gerüstet zu sein für die vielen Herausforderungen der Zukunft. 

Auch für das Konsulat ist in diesem Jahr vieles anders und so müssen wir sehr zu meinem Bedauern in diesem Jahr auf unseren gewohnten Empfang zum 3. Oktober verzichten. So wende ich mich heute in dieser Form an Sie. Dabei wären sowohl die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 als auch der 30. Jahrestag des Bestehens der Vertretung ausgezeichnete Anlässe mit Ihnen im gewohnten Rahmen zu feiern.

Auch wenn ich Sie in diesem Jahr nicht persönlich begrüßen kann, so sind doch meine Gedanken bei Ihnen, unseren Partnern, Freunden und Landsleuten. Mit Dankbarkeit erinnere ich mich an die vielen Begegnungen mit Ihnen, die interessanten, konstruktiven Gespräche, den intensiven Schriftwechsel und den Zuspruch, den die Vertretung in der Vergangenheit von Ihnen erhalten hat. All das ist Ansporn, so weiter zu machen und sich noch stärker für ein partnerschaftliches Miteinander innerhalb der Europäischen Union einzusetzen und für eine bessere, friedlichere Zukunft für uns alle zu arbeiten.

Roman Herzog (hier beim Empfang auf der Michelsberger Burg, 2. v. l.,), war der erste Bundespräsident, der Rumänien nach der Wende besucht hat. Das war im Mai 1995.                                Fotos: Bundesbildstelle Berlin

Denn eines haben die vergangenen Jahre klar gezeigt: es lohnt sich aufeinander zuzugehen, sich besser kennen zu lernen, Erfahrungen zu teilen und sich auszutauschen in unserem gemeinsamen europäischen Haus, das uns Freiheit und Wohlstand sichert.

Das 30jährige Jubiläum ist aber auch Grund für uns nach vorne zu schauen und darüber nachzudenken, wie wir unserem Auftrag gerecht werden und was wir in den kommenden Jahren noch besser machen können.

Unser Auftrag ist klar: Ausbau und Vertiefung der bilateralen Beziehungen in allen Bereichen sowie Förderung der deutschen. Minderheit. Grundlage hierfür ist der umfassende Freundschaftsvertrag, geschlossen 1992 zwischen unseren beiden Ländern. Daran arbeiten wir alle im Konsulat, Tag für Tag.

Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen die gemeinsamen Werte, die unsere Länder verbinden. So stellt sich für uns täglich die Frage, wie wir noch überzeugender für diese Werte eintreten können. Wie können wir Dialog und Austausch zwischen den Bürgern und Institutionen unserer beiden Länder noch aktiver fördern? Wie können wir uns noch konstruktiver in die Gesellschaft einbringen? Sind wir Vorbild, so wie es sich für eine öffentliche Einrichtung gehört? Bemühen wir uns aktiv um gegenseitige Verständigung und vertrauensvolles Miteinander? Unterstützen wir entschlossen Toleranz und solidarisches Verhalten und setzen wir uns für eine starke Zivilgesellschaft ein? Sind wir stets für die Menschen unserer beiden Länder da? Hören wir unseren Gesprächspartnern aufmerksam zu? Sind uns Transparenz, Bürgernähe und Servicegedanke wichtig?

Aber den Freundschaftsvertrag mit Leben zu füllen bedeutet mehr, als nur das Pflichtpensum zu absolvieren. Gehört es nicht ebenso zu unserer Arbeit aufzuzeigen, welch enormes vielversprechendes Potential nach wir vor in unseren Beziehungen steckt? Sind wir hier Impulsgeber, Türöffner für eine gute Zusammenarbeit? Arbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern nachhaltig an unseren bilateralen Beziehungen?

Aber wir haben nicht nur einen Auftrag, sondern auch eine Vision.

Im Juni 2016 besuchte Bundespräsident Joachim Gauck (2. v. r.) mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt (2. v. l.) Rumänien und war auch zu Gast in der Brukenthalschule, wo er sich in der Aula nach einer Begegnung mit Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern mit dem Nobelpreisträger Stefan Hell (1. v. l.), dem Rockstar Peter Maffay (3. v. l.) und Staatspräsident Klaus Johannis (1. v. r.) austauschte.

Jede Institution in Siebenbürgen soll wissen, dass sie eine Partnereinrichtung in Deutschland hat, die für Zusammenarbeit, Fragen und Austausch bereit steht. Das Miteinander soll so selbstverständlich sein, wie dies mit den deutschen innerstaatlichen Einrichtungen der Fall ist.

Daran arbeiten wir! Vorbild ist hier Frankreich, ein Land, das ebenfalls einen umfassenden Freundschaftsvertrag mit Deutschland unterzeichnet hat.

Gleich ob Militärakademie, Universitäten, Museen, Theater oder Nichtregierungsorganisationen, immer gibt es eine Telefonnummer und eine Emailadresse, die einen unkomplizierten Kontakt mit Deutschland ermöglichen. All das ist nicht nur mit Frankreich, sondern auch hier möglich!

Und in der Tat: In den letzten Jahren hat sich viel getan, und es gibt weiterhin noch viele Chancen, die wir zum gegenseitigen Nutzen wahrnehmen sollten.

Die Wirtschaft ist hier Vorreiter: noch nie waren der Warenaustausch mit € 33 Mrd. (2019) höher, die Geschäftskontakte enger. Deutschland bleibt mit Abstand Rumäniens wichtigster Handelspartner. Die Messen im jeweilig anderen Land sind immer gut besucht. Rumänische Firmen finden lukrative Absatzmärkte in Deutschland.

Deutsche Wirtschaftsunternehmen kommen nach wie vor gerne nach Siebenbürgen, nicht zuletzt dank der engagierten Arbeit der Handelskammer und der zahlreichen Wirtschafts-
clubs. Das alles schuf bis zur Krise gute Arbeitsplätze und bindet unsere Länder noch enger aneinander.

Erfahrene Manager unserer Länder leiten Unternehmen und Einrichtungen des anderen Landes. Der Bukarester Octavian Ursu ist Bürgermeister der Stadt Görlitz, der Temeswarer Cristian Macelaru leitet das angesehene Kölner Symphonieorchester. All dies sind gute Nachrichten, weil sie zeigen, wie eng wir inzwischen verbunden sind und dass es sich lohnt weiter intensiv zusammenzuarbeiten. Darauf können wir alle stolz sein.

Auch unsere Hochschulen kooperieren immer enger, die Zahl deutscher Studenten im Land steigt kontinuierlich. Ebenso wächst die Zahl der Städtepartnerschaften weiter. Der Kulturaustausch bleibt weiterhin vielversprechend und eröffnet uns neue Perspektiven zu Austausch und persönlichem Kontakt. Nicht zuletzt steigt die Zahl der Touristen, die das jeweils andere Land besuchen und aus erster Hand kennen lernen können.

Aber das Jubiläum ist nicht nur Anlass über die Aufgaben des Konsulats und dessen Beziehungen zu den Menschen hier im Lande nachzudenken und den Blick nach vorne zu richten. Nein, es ist auch Anlass Dank zu sagen. Dank für die große Gastfreundschaft, die wir hier genießen, Dank für die vielen offenen Türen, die guten Gespräche und die gewährte Unterstützung. Dank für das uns entgegengebrachte Vertrauen und Wohlwollen. Ein herzliches Dankeschön Ihnen allen für die erfolgreiche Zusammenarbeit in den vergangenen 3 Jahrzehnten, die wir mit aller Kraft fortsetzen werden zum Wohle unserer beiden Länder.

Aus Anlass des 30jährigen Jubiläums des Konsulats hat die Deutsche Sendung Bukarest eine Reportage über unsere Arbeit und die vielen bilateralen Begegnungen in den letzten drei Jahrzehnten zusammengestellt. Hierfür gilt der Deutschen Sendung meine besondere Wertschätzung. Sie finden das Video unter folgendem Link: https://www.tvrplus.ro/emisiuni/akzente-70-3648 (ab Minute 31:00)

Ihnen wünsche ich von Herzen alles Gute, viel Mut und Zuversicht und vor allem Gesundheit verbunden mit der Hoffnung, Sie im kommenden Jahr im gewohnten Rahmen in Hermannstadt begrüßen zu können

Hans E. TISCHLER

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Politik.