Interview mit Hauptanwalt Friedrich Gunesch über EU-Projekte in Siebenbürgen
Ausgabe Nr. 2664

Die Kirchenburg in Roseln/Ruja – die frühere Gemeinde ist heute verwaltungstechnisch ein Stadtteil von Agnetheln/Agnita.Foto: Niels STERN
Durch eine EU-Finanzierung wird die Kirchenburg in Roseln, der Heiligen Magdalena geweiht, saniert. Eines der Ziele des Projektes ist, die Besucherzahlen mindestens zu verdoppeln. Der Vertrag mit der Agentur für regionale Entwicklung Mitte (Agenția pentru Dezvoltare Regională Centru) wurde am 2. Februar 2018 unterzeichnet, gut zwei Jahre später beginnen nun die Renovierungsarbeiten.
Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert, als Siebenbürgen noch Teil des mittelalterlichen Königreichs Ungarn war, begannen die Siebenbürger Sachsen ihre Kirchen zu befestigten, Kirchenburgen und Wehrkirchen auszubauen, als Schutz vor den Raubzügen des wachsenden Osmanischen Reiches. Um die 150 solcher Anlagen bestehen noch, eine davon ist die Kirchenburg in Roseln/Ruja im Kreis Hermannstadt. Roseln liegt mittig eingebettet zwischen Agnetheln und Probstdorf im Harbachtal. Gut 100 Jahre nach ihrem Bau zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde die Kirche befestigt; die oberen Mauern wurden mit Bastionen versehen, der Glockenturm im Westen wurde hinzugefügt und um die Kirche wurde eine Befestigungsmauer errichtet, welche im 19. Jahrhundert allerdings wieder abgerissen wurde.
Friedrich Gunesch, Hauptanwalt des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, sprach mit Niels Stern, Praktikant der Hermannstädter Zeitung, über das Projekt.

Hauptanwalt Friedrich Gunesch (stehend) bei der Pressekonferenz zum Auftakt der Arbeiten mit Pfarrer Reinhold Boltres (2. v. r.), Elena Curcean vom Projektmanagement (2. v. l.)und Kurator Daniel Andree (1. v. l.). Foto: Niels STERN
Wir sind heute am 4. März hier in Roseln, anlässlich des offiziellen Baubeginns der Renovierung der Kirchenburg.
Die Reparatur, Erhaltung und die Erschließung für den Tourismus der Kirchenburg Roseln wird finanziert durch das Regionale Operationelle Programm 2014-2020 (Programul Operațional Regional), mit einem Gesamtwert von circa 1,4 Millionen Lei (umgerechnet ca. 290.000 Euro).
Seit wann existiert das Kirchenburgen-Projekt und welche Arbeiten werden durchgeführt?
Das erste EU-Programm, das 2007-2013 begann, umfasste 18 Kirchenburgen, die damals renoviert, konsolidiert und bei denen Reparaturarbeiten durchgeführt wurden. Für große Restaurierungen und Renovierungen ist das Geld so nicht vorhanden, sie müssen gerettet, gesichert und zugänglich gemacht werden für eine gute, nachhaltige Nutzung. Kulturell, gemeinschaftlich, aber selbstverständlich auch für den Tourismus.
Das heißt, die Programme werden stets verlängert?
Richtig, das Programm, in dem wir uns jetzt gerade befinden, welches aber ausläuft, ist von 2014-2020 und das dritte Programm steht schon an für den Zeitraum 2021-2027, in der Hoffnung, dass die Bedingungen für diejenigen, die solche Projekte schreiben können, auch weiter so bestehen bleiben, also Kirchen auch weiterhin Anträge auf Förderung stellen können.
Um wie viele Kirchen handelt es sich im Programm 2014-2020?
Hierbei handelt es sich um 13 Kirchen/Kirchenburgen, die vom Landeskonsistorium, das ist die kirchliche Oberbehörde der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR), auch mit betreut werden. Die einen mehr, die anderen weniger, je nachdem wie groß und auch kräftig die Kirchengemeinde vor Ort ist.
Es gibt dann noch drei Projekte, die ebenfalls laufen, das eine ist das Projekt der Kirchengemeinde Hermannstadt, ein großes EU-Projekt mit 5 Millionen Euro für die Weiterführung der Renovierung der Stadtpfarrkirche und das zweite Projekt ist mit circa 3,5 Millionen Euro Zuwendung in Bistritz, für die Stadtpfarrkirche dort. Bauherr ist dort aber die Stadtverwaltung von Bistritz, die aufgrund eines Verwaltungsvertrages die Kirche zu diesem Zweck für zehn Jahre übernommen hat.
Die Projekte werden zum größten Teil von der EU finanziert, wie hoch ist dabei der Eigenanteil der Eigentümer?
Die genehmigten Mittel der Projekte werden zu 98 Prozent aus Mitteln der Europäischen Union und des rumänischen Staates finanziert. Dabei kommen 85 Prozent aus EU-Mitteln, 13 Prozent von der rumänischen Regierung und 2 Prozent vom Eigentümer.
Wobei das jetzt aber theoretisch so stimmt, denn an und für sich gibt es dann doch mehr Ausgaben, die sich im Laufe des Projektes als nötig erweisen, die der Eigentümer dann bestreiten muss, das kann manchmal bis zu 10 Prozent sein. Trotzdem ist es eine großartige Unterstützung, denn solche Zuwendungen bekommt man eigentlich von keinem Geldgeber oder Partner und das ist auch sonst nicht möglich durch Freundes- oder Förderkreise.
Die Finanzierungsfreigabe dauert sehr lange, sagten Sie. Welche Schwierigkeiten tauchen sonst auf?
Die Planung muss stimmig sein, also nicht nur die technischen Abläufe, sondern auch die entsprechende Finanzierung. Das ist natürlich immer dann eine Schwierigkeit, wenn alles sich in die Länge zieht, bis die Arbeiten effektiv beginnen, weil gerade in der Zwischenzeit dann alles teurer geworden ist, die Arbeit sowie auch die Materialien.
Das Zweite ist die Bürokratie, die zugenommen hat, leider, trotzdem wird immer wieder beteuert, dass es weniger geworden ist. Das bedeutet Auflagen von verschiedensten Stellen bei der Beschaffung der Sichtvermerke oder der Baugenehmigung. Und das letzte, was dazu gekommen ist, ist die Not auf dem Baufirmenmarkt, das ist ein ganz ganz starker Einschnitt.
Meinen Sie den Mangel an qualifizierten Baufirmen die die Kapazitäten haben, solche Arbeiten zu verrichten?
Nein, der Mangel an Baufirmen überhaupt, weil sie nicht mehr hier arbeiten, sondern ins Ausland abgewandert sind und wir mittlerweile wenige Baufirmen haben und schon ganz wenig gute. Die Konsequenz ist, dass wir eins, zwei, drei bis vier oder mehr Ausschreibungen haben, zu denen sich keine einzige Firma anmeldet.
Wie gehen Sie dann vor?
Ja, man bemüht sich. Man muss dann eben entsprechende Publicity machen, damit Baufirmen davon erfahren, angezogen werden, schlussendlich dann auch einsteigen. In vielen Fällen werden die Arbeiten tatsächlich auch teurer, weil die Baufirmen sagen, dass sie es sich bei den Preisen nicht leisten können, dadurch muss dann der Eigentümer auch mehr eigene Mittel zur Verfügung stellen.
Wie lange dauert eine solche Renovierung einer Kirche?
An und für sich dürften die effektiven Arbeiten an einem Projekt wie hier in Roseln nicht mehr als zwei Jahre dauern. Im Innenraum der Kirchengebäude kann natürlich auch fünf Monate nicht gearbeitet werden, da sie nicht geheizt sind.
Mit Hilfe dieses Projektes und der Gemeinde in Roseln hoffen wir, die Wurzeln unserer Identität und einen letzten Teil Heimat erhalten zu können.
Herzlichen Dank für das Gespräch.