Hörerlebnisse der besonderen Art

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Streiflichter von zwei Konzerten an der Hermannstädter Staatsphilharmonie

Ausgabe Nr. 2563

Mohai Bálint (links) und Ádám Ráduly bedankten sich mit einer Zugabe beim Publikum, der Dirigent Alexandre Myrat hört aufmerksam zu.
Foto: Beatrice UNGAR

„Beethoven dagegen liebte mehr die kurzen und heftigen Generalpausen, Pausen wie Donnerhall, Pausen, die zum Appell rufen oder in den Lauf der Zeit hineinstürzen wie Felsblöcke. Die ‚Coriolan‘-Ouvertüre fängt so an, die ‚Eroica‘, die ‚Pathétique’… Auch viele der Sinfonien enden mit Paukenschlägen – wenn sie denn enden.“ So lautet der letzte Abschnitt des Beitrags „Dramatische Stille. Zur Musik gehören auch Pausen“ von Eleonore Büning, veröffentlicht in der Internationalen Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 23. Dezember 2017. Das Zitat nimmt gewissermaßen das Geschehen im Konzert der Hermannstädter Staatsphilharmonie vom 18. Januar 2018 vorweg, dessen Höhepunkt Beethovens dritte Sinfonie war.

 

Als durchwegs arbeitsintensiv beurteilten die Mitglieder des Sinfonieorchesters der Hermannstädter Staatsphilharmonie die Proben unter der Stabführung des Dirigenten Alexander Myrat. Das Ergebnis ließ sich sowohl hören als auch sehen. In relativ kurzer Zeit gelang es dem Dirigenten, das Orchester zu einem Klangkörper zusammen zu schweißen, der sichtbar mit der Musik hin- und herwogte, wobei jeder Musiker und jede Musikerin voll dabei war und alle zusammen dem Publikum ein dreifaches Hörerlebnis der besonderen Art bescherten.

Zu Beginn war es Mozarts Ouvertüre zur Zauberflöte“, deren Interpretation eine gelungene Vorbereitung war für das zweite Hörerlebnis, das Konzert für zwei Fagotte und Orchester in F-Dur des tschechischen Komponisten Johann Baptist (Jan Krtitel) Vanhal (1739-1813). Das Konzert gehört zu den wenigen Werken, die für zwei Fagotte geschrieben wurden und strotzt vor Experimentierfreude. Diese Freude verströmten auch die beiden Solisten, Ádám Ráduly und Mohai Bálint. Ráduly stammt aus Târgu Secuiesc, hat die Musikhochschule in Kronstadt absolviert und ist seit 2006 Fagottsolist der Hermannstädter Staatsphilharmonie. Sein etwas jüngerer Kollege Mohai Bálint stammt aus Budapest, wo er derzeit Fagottsolist an der Ungarischen Staatsoper ist. Studiert hat er am Béla Bartók-Konservatorium und an der Franz Liszt-Musikakademie in Budapest und machte seinen Master bei Eckart Hübner an der Kunsthochschule in Berlin. Seit 2015 unterrichtet Mohai Bálint an der ungarischen Abteilung des Wiener Konservatoriums. Beide vielfach preisgekrönten Musiker gaben wirklich alles und wurden mit Stehapplaus belohnt. Da durfte eine Zugabe natürlich nicht fehlen.

Doch wie schon eingangs erwähnt, war der Höhepunkt des Abends die Darbietung der Sinfonie Nr. 3 (Eroica) in Es-Dur op. 55 von Ludwig van Beethoven, die der Komponist ursprünglich zu Ehren Napoleons geschrieben hatte, sie aber dann Sinfonia eroica, composta per festeggiare il sovvenire di un grand’uomo“ (Heroische Sinfonie, komponiert, um das Andenken an einen großen Mann zu feiern) nannte.

Ein gut aufeinander abgestimmtes Trio (v. l. n. r.): Ștefan Diaconu (Querflöte), Verona Maier (Klavier) und Ionuț Roșca (Fagott).      
Foto: Beatrice UNGAR

Der Dirigent hatte im Gespräch mit der Hermannstädter Zeitung eine originelle und überraschende Interpretation“ dieses Werkes versprochen und hat sein Versprechen gehalten. Dazu haben maßgeblich die Mitglieder des Orchesters beigetragen, die alles gaben, um Beethoven gerecht zu werden. Denn in dieser Sinfonie lässt der Komponist jedes Instrument und jede Instrumentengruppe zu Wort kommen“, wobei auch die Hörer nur nach und nach mitgenommen werden und sich tragen lassen von den Klängen, dem Rhythmus und ja, warum auch nicht, von den Pausen. Die Einsätze nach den Pausen erfolgten freudevoll, als wären die Musiker erleichtert, dass sie endlich wieder am Zug sein dürfen. Dirigent Myrat, der seit 2008 ständiger Gastdirigent an der Staatsphilharmonie in Neumarkt am Mieresch/Târgu Mureș ist, hat das Potential des Hermannstädter Sinfonieorchesters erkannt und ausgeschöpft. Es ist zu hoffen, dass er noch oft diese Gelegenheit erhalten möge. Zum Wohle des Publikums und der Musiker.

Dem Wohle des Publikums diente auch das Kammermusikkonzert am Dienstag im Thaliasaal. Auf die Bühne traten Verona Maier (Klavier), die Prorektorin der Bukarester Musikhochschule und ehemalige Professorin für Kammermusik der beiden Solisten Ștefan Diacon (Querflöte) und Ionuț Roșca (Fagott). Die Musiker spielten mal als Trio, mal traten die beiden Bläser als Solisten auf, immer begleitet von ihrer ehemaligen Professorin am Klavier. Gut aufeinander abgestimmt waren sie in allen Zusammensetzungen. Ob sie nun zu Dritt Antonio Vivaldis Sonate in a-Moll für Querflöte, Fagott und Klavier darboten, der Fagottist und die Pianistin Gabriel Piernés Konzertstück für Fagott und Klavier bzw. die Sonate für Fagott und Klavier von Camille Saint-Saëns, oder der Querflötenspieler und die Pianistin die Sonate für Querflöte und Klavier von Francois Poulenc bzw. die Sonatine für Querflöte und Klavier von Henri Dutilleux. Alles war stimmig und wohl dosiert. Ein abgerundetes musikalisches Erlebnis für alle Liebhaber von Kammermusik vom Feinsten.

Zu den beiden Solisten sei gesagt, dass es ihr erster Auftritt in Hermannstadt war. Beide stammen aus der Region Moldau. Diaconu aus Rădăuți, Roșca aus Jassy. Beide haben das Octav Băncilă-Kunstlyzeum in Jassy absolviert und danach an der Musikhochschule in Bukarest studiert. Roșca, der verheiratet und Vater von drei Kindern ist, belegt seit 2007 die Stelle des Fagottsolisten des Rumänischen Nationalen Rundfunkorchesters. Diaconu, der auch als Dirigent tätig ist, hat im Vorjahr seinen Master an der Königlichen Musikakademie in Dänemark gemacht, im Fachbereich Orchesterstudien – Querflöte und lebt derzeit in Dänemark.

Beatrice UNGAR

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Musik.