„Ein Versprechen an die Zukunft“

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450 Jahre seit dem Toleranzedikt von Thorenburg/Turda vor Ort gefeiert

Ausgabe Nr. 2562

Der Glaubensfreiheit gewidmet ist das von dem Klausenburger Künstler Liviu Mocanu gestaltete Denkmal, das am Samstag in Thorenburg vor der römisch-katholischen Kirche feierlich enthüllt worden ist. Die Enthüllungsrede hielt Gyerő Dávid, Hauptschriftführer der Unitarischen Kirche.
Foto: Werner FINK

Am 13. Januar 1568 wurde das Toleranzedikt vom siebenbürgischen Landtag unter König Johann Sigismund in Thorenburg erlassen, in der selben katholischen Kirche, wo am vergangenen Samstag im Beisein von 1.600 Teilnehmern 450 Jahre seit diesem Erlass in einem echt ökumenischen Rahmen gefeiert wurden. Die Teilnehmer, die in der katholischen Kirche keinen Platz fanden, konnten in der reformierten und unitarischen Kirche in Thorenburg den Ablauf auf Bildschirmen mitverfolgen. Anschließend wurde im Beisein aller Teilnehmer das Denkmal der Glaubensfreiheit vor der katholischen Kirche enthüllt. Organisiert wurde die Feier von der Unitarischen Kirche. Diese feierte zugleich 450 Jahre seit ihrem Bestehen.

 

„All denen, die im Glauben die geistige Erfüllung sehen, vermittle dieses Jubiläum eine besondere Nachricht: Die religiöse Freiheit und Toleranz sind fundamentale Pfeiler der Menschheit”, heißt es in dem Grußwort von Staatspräsident Klaus Johannis, das während der Feier verlesen wurde. Die Freiheit des Bewusstseins und die religiöse Toleranz seien historische Leistungen der Gesellschaft, die durch Opfer errungen, entwickelt und verteidigt wurden. Johannis führte aus: Unsere Zukunft als Nation impliziert Toleranz und Diversität und stützt sich auf diese Werte des europäischen Humanismus, die wir alle teilen“.

Unter den zahlreichen eingeladenen Persönlichkeiten befand sich auch Reinhart Guib, der Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien. In seinem Geistlichen Wort“ erinnerte Guib daran, dass am 15. Oktober 2016 eben in dieser römisch-katholischen Kirche zu Thorenburg die Gedenkreihe zum 500. Jubiläum der Reformation begonnen wurde. Heute nun stehe man wieder an diesem historisch relevanten Ort, 450 Jahre nach dem Landtag in Thorenburg, der das „Tor der Toleranz, der Religions- und Meinungsfreiheit für alle Konfessionen in Siebenbürgen stark aufstieß”. Auch wenn dieser Landtagsbeschluss damals vom siebenbürgischen Fürsten vorgegeben war, haben sich die Kirchen und Völker im Großen daran gehalten und besonders nach der Wende im 20. und 21. Jahrhundert Schritte der Annäherung aufeinander zu getan. „Die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ und das Dokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ sowie das gemeinsame Feiern des Reformationsjubiläums als Christusfest zeigen, dass die protestantischen Kirchen und die Katholische Kirche in vielen Fragen zusammengehen und uns mehr verbindet als trennt”, sagte Guib. „Wir schätzen die gute Zusammenarbeit an der Basis sehr. Im Land sind wir im Rat der Glaubensgemeinschaften mit ihnen sowie mit der Orthodoxen Kirche und mit ihr auch im sozialen ökumenischen Verein AIDROM verbunden. Mit den anderen Protestantischen Kirchen zusätzlich im Gustav Adolf-Hilfswerk. Und in einer Woche begehen wir, wie alle Jahre wieder, die Ökumenische Gebetswoche für die Einheit der Christen gemeinsam.”

Bischof Reinhart Guib (2. v. r.) inmitten der zahlreichen Bischöfe.
Foto: Werner FINK

Das hohe Gut der Freiheit sei, so Guib, in einer Welt der rapiden Veränderungen sowie nationalistischen, und populistischen, antidemokratischen und illiberalen Töne aber nicht mehr selbstverständlich. Es müsse immer wieder neu gesagt und dafür eingestanden werden. Besonders wenn totalitäre Systeme drohen, sich in Rumänien und Ungarn, in dem christlichen Europa und in die Welt Gottes einzunisten. Das sei mit ein Grund gewesen, 2018 in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien das Jahr der evangelischen Freiheit auszurufen.

Anwesend waren vor allem von der ungarischen Seite hochrangige Persönlichkeiten. Dabei waren Kövér László, Vorsitzender des Ungarischen Parlaments, Balogh Zoltán, Minister der Humanressourcen, Landwirtschaftsminister Fazekas Sándor, Vorsitzender des Auwärtigen Ausschusses des Ungarischen Parlaments, Németh Zsolt, Kelemen Hunor, Vorsitzender der Demokratischen Verbands der Ungarn in Rumänien, und der rumänische Staatssekretär für Kultusangelegenheiten Victor Opaschi.

Seitens der verschiedenen Konfessionen waren u. a. dabei Erzbischof Jakubinyi György, die reformierten Bischöfe Kató Béla und Csűry István, aber auch der rumänisch-orthodoxe Dekan Daniel Crișan sowie der griechisch-katholische Priester Călin Bungărdean.

Dekan Daniel Crișan deutete in seiner Ansprache darauf hin, dass in Siebenbürgen zwar die orthodoxen Rumänen nicht immer Gleichberechtigung erfuhren und Angriffen seitens der anderen ausgesetzt waren. Hier sei aber ein „religiöser Mikrokosmos“ entstanden, wo seit Jahrhunderten verschiedene Konfessionen friedlich zusammenleben und bis heute als ein Beispiel gelten.

Kövér László deutete darauf hin, dass man die nationale Identifikation, das nationale Streben nicht gegeneinander, im Zeichen der nationalen Ausschließung des anderen, richten, sondern einander stärkend, im Geiste der nationalen Gerechtigkeit leben und verwirklichen solle. Er betonte, dass die Rumänen und die Ungarn im Laufe der Geschichte vieles gegeneinander aufgestellt haben, aber zwei Bindemittel“ hätten sie zusammengehalten: der christliche Glaube und Siebenbürgen.

2018 wurde übrigens von der unitarischen Kirche zum „Jahr der Glaubensfreiheit” erklärt. „Das 450 Jahre alte Edikt in Glaubensfragen ist nicht nur deshalb wertvoll, einzigartig und glänzend, weil es seiner Zeit voraus ist, sondern vor allem darum, weil es auf Vorsehung hindeutet. Meiner Überzeugung entsprechend erinnern wir uns gegenwärtig nicht an die historische Vergangenheit, sondern wir versprechen der Zukunft, dass wir die im Beschluss von 1568 durchschimmernde edle Absicht, die sich auch in der Lehre Jesu so rein offenbart, verwirklichen werden”, lautete der Kerngedanke der Ansprache des unitarischen Bischofs Bálint Benczédi Ferenc.

Im Rahmen der Feier wies Kovács István, der Direktor für Gemeinschaftsangelegenheiten der Unitarischen Kirche, auf die Rolle der ungarischen und siebenbürgisch-sächsischen protestantischen Konfessionen hin, und plädierte dafür, dass die Regierungen, das Parlament Rumäniens, das Parlament Ungarns sowie das Europäische Parlament die epochale Bedeutung des Edikts von Thorenburg würdigen und den 13. Januar zum Tag der Glaubensfreiheit erklären.

Im Rahmen der Feier wurde vor der katholischen Kirche das Denkmal der Glaubensfreiheit des Klausenburger Künstlers Liviu Mocan enthüllt. Die Enthüllungsrede hielt Gyerő Dávid, Hauptschriftführer der Unitarischen Kirche.

Die religiöse Freiheit soll im 16. Jahrhundert übrigens ein notwendiger Kompromiss zwischen den politischen „Nationen” gewesen sein, um im Angesicht der türkischen Bedrohung einen internen Streit zu vermeiden. Vier Kirchen waren „anerkannt”: die Reformierte Kirche (1564), die Evangelische Kirche (1557), die Römisch-Katholische Kirche und die Unitarische Kirche (1568). Die Rumänisch-orthodoxe Kirche war geduldet. „…es sei niemand von niemandem geschmäht wegen seiner Religion….weil der Glaube ein Geschenk Gottes ist”, so ähnlich heißt es in dem Edikt von Thorenburg. Das Edikt soll unter maßgeblichem Einfluss von Dávid Ferenc (Franz Davidis oder Franz David Hertel), der erste Bischof der Unitarischen Kirche, erlassen worden sein. Siebenbürgen könne als der erster europäische Staat gelten, der eine gewisse Religionsfreiheit schon im 16. Jahrhundert in der politischen Verfassung verankerte und diese seither nie widerrufen habe, schreibt Paul Philippi in der Broschüre „Siebenbürger“. 1568 sei nun die antitrinitarische Unitarische Kirche begründet worden, ein Phänomen, das lange Zeit als siebenbürgische Einzigartigkeit blieb. Schließlich sei im englischen Gesetz zum Beispiel bis 1813 für Antitrinitarier die Enthauptung vorgesehen gewesen.

Nach der Feier besuchten die Teilnehmer das Geschichtsmuseum in Thorenburg, wo das Gemälde von Körösfői-Kriesch Aladár zu sehen ist, auf dem die Verkündigung des Ediktes durch Franz Davidis dargestellt ist.

Werner FINK

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kirche.