Die vierte Auflage des Clara Haskil-Festivals für Musikliebhaber
Ausgabe Nr. 2553
Charlie Chaplin soll 1961 in einem Radio-Interview gesagt haben, dass er in seinem Leben nur drei Genies getroffen habe: Albert Einstein, Winston Churchill und Clara Haskil. Letzterer wurde am letzten Oktober-Wochenende (27.-29. Oktober) das Internationale Festival Clara Haskil gewidmet. Zur 4. Auflage angelangt, standen renommierte Musiker aus Deutschland, Schweden, Finnland und Rumänien auf dem diesjährigen Programm des jährlich stattfindenden Festivals.
Begonnen hat die Veranstaltung mit einer Buchvorstellung in der Humanitas-Buchhandlung in Hermannstadt. Die Biografie „Clara Haskil“ von Jérôme Spycket, die vor 30 Jahren erschienen ist, wurde nun ins Rumänische übersetzt und dem Hermannstädter Publikum am Donnerstagnachmittag präsentiert. Dabei waren die Pianistin Alina Azario, künstlerische Leiterin des Festivals, der Violonist Adrian Iliescu, Konzertmeister bei den Hamburger Symphonikern, und Ex-Kulturminister Vlad Alexandrescu. Über die am 7. Januar 1895 in Bukarest geborene Pianistin gibt es vieles zu sagen. In erster Linie gehört Clara Haskil zu den größten Mozart-InterpretInnen aller Zeiten. Schon mit 10 Jahren wurde sie Schülerin von Alfred Cortot in Paris. Das Pariser Konservatorium verließ sie, 15-jährig, mit einem Ersten Preis. Eine schöne Karriere schien sich anzubahnen. Die junge Pianistin spielte viel Kammermusik, mit Georges Enescu, Pablo Casals, mit Eugène Ysaÿe. Erst nach 1950 konnte Clara Haskil sich beim Publikum durchsetzen, Schallplattenaufnahmen dokumentieren adäquat diese späte Welt-Karriere.
Am Freitag, dem 27. Oktober, begann der musikalische Teil des „Internationalen Festivals Clara Haskil“. Der Thaliasaal füllte sich langsam mit Connaisseurs der klassischen Musik. Auf der Bühne: ein Klavier, zwei Notenpulte und zwei Stühle. Als erster trat Niklas Schmidt mit seinem Cello auf die leere Bühne. Johann Sebastian Bachs Suite für Violoncello Nr. 1 in G-Dur treibt jeden Cellisten an seine Grenzen, vor allem das weltbekannte Prelude. Die fünf darauffolgenden Tanzsätze Allemande, Courante, Sarabande, Menuett und Gigue bestechen durch ihre Farbigkeit und ihre feine Mehrstimmigkeit. Niklas Schmidts Interpretation kam natürlich, jedoch weniger ausdrucksstark über. Dem Hermannstädter Publikum hat es gut gefallen. Es folgten Alina Azario am Klavier und Adrian Iliescu an der Geige. Sie spielten Franz Schuberts Sonate für Violine und Klavier in A-Dur, D 574. Die Interpretation war Balsam für die Seele. Der Abend endete grandios mit dem Klaviertrio in e-Moll op. 90, Dumky von Antonín Dvořák. Eine Dumka ist eine traditionelle slawische Ballade mit heiteren Zwischenteilen. In seinen von Anfang an erfolgreichen „Dumky-Trio“ verarbeitete Dvořák gleich sechs dieser volkstümlichen Melodien. Es spielten Niklas Schmidt (Cello), Adrian Iliescu (Violine) und Per Rundberg (Klavier).
Am Samstag, dem 28. Oktober, waren Musiker des Bukarester Symphonieorchesters die Stars des Abends. Unter der Stabführung von Radu Postăvaru und der Begleitung von Valentin Răduțiu spielten die Bukarester Stücke von Arcangelo Corelli (Concerto Grosso Concerto Grosso in g-Moll, Op. 6 Nr. 8), Joseph Haydn (Cellokonzert Nr. 2 in D-Dur) und Arnold Schönberg (Verklärte Nacht).
Das Programm ging am Sonntag mit zwei Konzerten weiter. Um Punkt 11 Uhr erklang die Violinsonate in G-Dur, K. 301 von Wolfgang Amadeus Mozart. Es folgten Interpretationen von Johann Sebastian Bach (Cellosuite Nr. 2 in d-moll), Franz Schubert (drei Klavierstücke D. 946) und Robert Schumann (Gesänge der Frühe Op. 133). Die Musiker Niklas Schmidt (Cello), Adrian Iliescu (Violine), Per Rundberg (Klavier) und Alina Azario (Klavier) verzauberten das Publikum mit ihrem Können. Zauberhaft ging der Sonntagabend vonstatten: Ludwig van Beethovens 7 Variationen „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ WoO 46 für Cello und Klavier aus der „Zauberflöte“ von W.A. Mozart kamen zu Gehör. Durch den Abend führten Valentin Răduțiu am Cello und Per Rundberg am Klavier. Das Festival endete mit Bela Bartóks „6 rumänischen Volkstänzen“.
Das „Internationale Festival Clara Haskil“ ist ein Muss für alle Kammermusikliebhaber und wird von Jahr zu Jahr beliebter und ein fester Bestandteil des Hermannstädter Kulturprogramms.
Cynthia PINTER