Auszeichnung des Hermannstädter Theaterfestivals für Thomas Ostermeier
Ausgabe Nr. 2529
Das größte Theaterfestival der Welt soll im vorigen Sommer, im Juni 2016, in Hermannstadt in Siebenbürgen stattgefunden haben. Theatergruppen aus aller Herren Länder waren angereist, um ihre beeindruckenden, gar sensationellen Einstudierungen zu präsentieren. Thomas Ostermeier schickte „Die Ehe der Maria Braun“ auf die Reise in die Karpaten, in die Landschaft der berühmten Kirchenburgen, in die Stadt am Zibin, die Stadt mit den meisten Festivals in Rumänien. Konzerttage, klassische Musiktage, Jazztage, Filmtage und mehr sind dort alljährlich zu Hause. Gastlich empfangen werden die Gruppen, die Künstler jedes Jahr von der Stadt und den Menschen dort.
Das 23. Hermannstädter Internationale Theaterfestival ehrte am 18. Juni 2016 weitere sieben Persönlichkeiten mit einem Stern auf der Ruhmesmeile an der Oberen Promenade: Luk Perceval, George Banu, Victor Rebengiuc, Tim Robbins, Thomas Ostermeier, Yevgeny Mironov, Alvis Hermanis.
Thomas Ostermeier schickte das oben erwähnte Theaterstück, eine Hommage an Rainer Werner Fassbinder, den Filmemacher, der damals den neuen deutschen Film selbstsicher in das recht kleinbürgerliche Westdeutschland brachte und die Gesellschaft aufmischte, sie zum Staunen und zur Kritik herausforderte. „Die Ehe der Maria Braun“ aus den 1970-er Jahren mit Hanna Schygulla in der Hauptrolle, Fassbinders Film aller Filme, wurde von Thomas Ostermeier auf die Bühne der Schaubühne Berlin am Lehniner Platz in Berlin-Charlottenburg, gebracht.
Die Schauspieler Thomas Bading, Robert Beyer, Moritz Gottwald, Sebastian Schwarz und die Hauptdarstellerin Ursina Lardi, fuhren mit Ostermeier und dem bekannten Stück nach Rumänien. In Hermannstadt beim Theaterfestival bekamen sie stehenden Applaus in der Redal-Expo-Halle. Eine hohe Anerkennung für die Schauspieler, ein Erfolg für die Schaubühne und letztlich ein Erfolg für den Regisseur des Stückes, den Künstlerischen Leiter der Schaubühne seit achtzehn Jahren, Thomas Ostermeier.
Mit seinen Theaterinszenierungen ist er weltweit unterwegs, bekannt und gerne gesehen in großen und kleinen Häusern auf unterschiedlichen Kontinenten. 2016 war er mit seinen Schauspielern in Hermannstadt, wie vorhin erwähnt, konnte die Auszeichnung des Hermannstädter Internationalen Theaterfestivals, die er und einige andere eingangs erwähnten Persönlichkeiten erhielten, nicht persönlich entgegennehmen, China wartete bereits auf ihn. Die deutsche Konsulin in Hermannstadt, Judith Urban, nahm die Urkunde seinerzeit entgegen und verwahrte sie.
Am 4. Mai d. J. brachte sie den Preis nach Berlin. In der Botschaft Rumäniens in der Charlottenstraße in Berlin-Mitte, empfing S. E. Emil Hurezanu, Botschafter Rumäniens in Deutschland, den international bekannten Regisseur und Theaterleiter Thomas Ostermeier, Judith Urban, die Konsulin, die bekanntlich die wichtige Urkunde vom Vorjahr im Gepäck hatte, und Constantin Chiriac, den Direktor des Internationalen Theaterfestivals in Hermannstadt, in seinen ehrwürdigen Räumen.
„Ich darf mich als gebürtiger Hermannstädter besonders freuen an dieser Veranstaltung, die nicht zuletzt auch die Schlüsselrolle des Theaterfestivals meiner Heimatstadt anerkennt und selbstverständlich auch die Schlüsselrolle seines Direktors, Herr Constantin Chiriac. Ich freue mich, unter uns, in Constantin Chiriac nicht nur den weltbekannten Theatermanager, Theater- und Filmschauspieler herzlich willkommen zu heißen, sondern auch einen alten und vertrauten Freund, den ich seit den 80-er Jahren, sprich seit dem letzten Jahrhundert, kenne. Ich erinnere mich sehr gut an die Zeiten, als wir beide, zusammen mit einem anderen berühmten Schauspieler, Șerban Ionescu, in den Kulissen des Hermannstädter Theaters Pantomime spielten. Wir, die ‚Hermannstädter Schauspieler‘, hielten uns für viel talentierter als die Bukarester Berühmtheiten“.
Thomas Ostermeier, der sich mit Leib und Seele dem Theater verschrieben hat, wurde geehrt mit gastlichen Worten des Botschafters: „…Trotzdem möchte ich unterstreichen, dass Sie, als ‚Gesicht des deutschen modernen Theaters‘ überhaupt, als ‚Wunderkind‘, ‚Rebell‘, ‚Radikaler‘, als ‚begnadeter Visionär‘ leidenschaftlich und tumultuös die Wege des deutschen und des internationalen Theaters bestimmen. Ihre Wege, Herr Ostermeier, haben oft nach Rumänien geführt und Rumänien hat es verstanden, Ihre Wege in seinem Gedächtnis zu speichern. Und nicht in einer geheimen Kammer, sondern, ganz im Gegenteil, auf dem Walk of Fame einer der kulturell bedeutendsten Städte Rumäniens und, als Europäische Kulturhauptstadt, auch Europas. Die engen Theaterpartnerschaften zwischen Rumänien und Deutschland beruhen auf einer langen Tradition, die in die 80-er Jahre zurückführt. Ich meine zum Beispiel die Tournee des Ulmer ‚Theaters in der Westentasche‘ in Rumänien. 2007, in jenem Jahr, in dem Hermannstadt Europäische Kulturhauptstadt war, wurde in Deutschland eine Ausstellung zu der 500 Jahre alten Theatertradition in Hermannstadt realisiert, im selben Jahr sind in Hermannstadt die Stadttheater Freiburg, Heidelberg und Ulm aufgetreten, während das Radu Stanca-Nationaltheater, im Rahmen dieser Partnerschaft wiederum, nach Deutschland eingeladen war.“
Festivaldirektor Constantin Chiriac erzählte von Begegnungen mit Thomas Ostermeier, von Begegnungen mit dessen Theateraufführungen in anderen Städten und Theatern, erzählte über ihre schon lange Zeit andauernde Freundschaft.
Der Geehrte, Gelobte, Ausgezeichnete wurde 1968 in Niedersachsen geboren und wuchs in Bayern auf. Er lernte das „Theatermachen“, die Regie, an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, war Assistent im Berliner Ensemble, Künstlerischer Leiter und Regisseur der Baracke am Deutschen Theater, die während Ostermeiers Ägide zum Theater des Jahres gewählt wurde. Inszenierungen in Berlin, Hamburg und Wien folgten, inzwischen ist der Regisseur international unterwegs. Wichtige Theaterpreise bekam er, mit dem Goldenen Löwen der Biennale in Venedig wurde er 2011 ausgezeichnet. Künstlerischer Leiter und Regisseur der Schaubühne ist er seit 1999, einem Theater, das 1928 von Erich Mendelssohn als Kino gebaut wurde, in den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts von Peter Stein, dem legendären Theatermann, zu einer wichtigen Theaterinstitution wurde, später durch Höhen und Tiefen ging, geschlossen und wieder eröffnet wurde.
Botschafter Emil Hurezanu beendete mit wunderschönen Worten die Lobeshymnen auf Thomas Ostermeier: „Sehr geehrter Herr Ostermeier, es bleibt mir Ihnen von ganzem Herzen zu dem Preis zu gratulieren. Ich weiß, er ist nicht die erste Anerkennung der rumänischen Theaterszene, ich darf hiermit auch den Shakespeare-Preis, des Shakespeare-Theaterfestivals in Craiova erwähnen.
Ich hoffe, Ihre Beziehungen zu Rumänien, zum rumänischen Theater werden auch durch diesen Anlass heute Abend vertieft und vervielfältigt und ich wünsche Ihnen weiter viel Energie, Mut und Inspiration! “
Christel WOLLMANN-FIEDLER
Die Ehrenurkunde über den Stern auf der Ruhmesmeile des Hermannstädter Internationalen Theaterfestivals, nahm Thomas Ostermeier am Donnerstag der Vorwoche im Rahmen einer Feierstunde in Rumäniens Botschaft in Berlin entgegen. Unser Bild: Botschafter Emil Hurezeanu, Regisseur und Intendant Thomas Ostermeier und Festivalsdirektor Constantin Chiriac (v. l. n. r.).
Foto: Christel WOLLMANN-FIEDLER