Infotrip im Burzenland und Umgebung stattgefunden
Ausgabe Nr. 2511
Treffpunkt war bei der Pension Miruna in Sâmbăta de Sus, wo Hauptveranstalterin Roxana Niculescu von der Kronstädter Vertretung, die für die Region Siebenbürgens zuständig ist, die Teilnehmer erwartete.
Nachdem das Lonely Planet-Buch „Best in Travel 2016“ Siebenbürgen als sehenswerteste Region der Welt für 2016 einstufte, soll sich die Region einer höheren Anzahl von Touristen erfreut haben. Auch wenn man Vieles schon kennt, stellte sich heraus, dass es doch noch Interessenpunkte gibt, die man bis jetzt nicht kannte, die einen Besuch wert sind, touristisches Potenzial haben. Schließlich soll dem Touristen die Möglichkeit geboten werden, möglichst viel Zeit hier in Siebenbürgen zu verbringen.
Erste Station des dreitägigen Infotrips war im Handwerkszentrum „Casa Cojocarului Dumitru Sofonea” bei Drăguș, wo die Gruppe von Lehrerin Maria Sofonea, der Tochter des Kürschners Dumitru Sofonea empfangen wurde. Der Kürschner Sonofea gilt nämlich als lebendiges UNESCO-Kulturerbe. Angefangen habe alles damit, dass ein Meister Namens Petru Lazăr in Galați bei Fogarasch etwa um 1900 das Geschäft zur Herstellung von Westen (pieptare) entwickelt haben soll. Dieser bildete zugleich auch Lehrlinge aus, darunter zwischen 1906 und 1910 auch Marias Großvater. Neben dem Kürschner- und Gerberhandwerk, habe er sich auch als Imker und Metzger ausbilden lassen. Seinerseits soll der Großvater auch Lehrlinge ausgebildet haben, darunter auch seinen eigenen Sohn Dumitru. Dumitru war der älteste Sohn der Familie und laut der Tradition in Drăguș blieb der älteste Sohn im Hause und erbte die Habe der Familie, musste sich im Gegenzug um seine jüngeren Geschwister und die Eltern kümmern. Zur Entstehung der reichlich verzierten rumänischen Tracht von Drăguș soll u. a. auch die Tatsache beigetragen haben, dass etwas wohlhabendere oder besser gestellte Kunden den Meister um das Hinzufügen von zusätzlichen Verzierungen gebeten haben. In die Augen springt natürlich gleich auch die Zyklamfärbung. Nach der Eröffnung des Dorfmuseums in Bukarest sei der Großvater mit verschiedenen Leuten in Kontakt gekommen. Bereits Tudor Arghezi bestellte von ihm. Kunden waren auch die ganze Familie eines amerikanisches US-Botschafters in Rumänien irgendwann in den 70er Jahren. Außerdem solle für alle Präsidenten Rumäniens einiges hergestellt worden sein. Auch der derzeitige Staatspräsident Klaus Johannis soll ein besticktes Lesezeichen und einen bestickten Telefonbehälter bekommen.
Gegenüber vom Handwerkszentrum steht die Pension und Restaurant „Casa Zmeilor” oder „Drachen-Haus” und nicht weit davon die kleine 450 Meter lange Skipiste. Betrieben werden beide von dem nach 21 Jahren aus Deutschland zurückgekehrten Bruder von Maria Ioan Sofonea. Auf der Josephinischen Landesaufnahme wird das Dorf als „Drachendorf” bezeichnet.
Im Rahmen des Infotrips wurde auch Gabriela Clinciu in Poarta besucht, die das Handwerk des Bemalens von Eiern von ihrer Mutter erlernte und die Tradition nun fortführen will.
Das in der Nähe liegende Wolkendorf vergaß man auch nicht. Schließlich machte Pfarrer Uwe Seidner den Infotrip mit und konnte gleich auch durch die Wolkendorfer Kirchenburg führen. Ein Kulturprogramm, Kulinarisches, die Möglichkeit, Menschen kennenlernen, das alles könne man den Touristen da anbieten. Außerdem könne man im Erholungsheim daselbst und im Pfarrhaus etwa 70 Personen unterbringen.
Durch die Stierfarm Wolkendorf führte Gastgeberin Cristina Neagu. Die Gruppe übernachtete zweimal in der „Casa din Bran Villas” in Sohodol, ebenfalls ein Teil des Familiengeschäfts. Die Pensionen waren mit gutem Geschmack, wie sich Neagu ausdrückte “im Geiste des Schlosses” eingerichtet und die angebotenen Leckerbissen zergingen auf der Zunge. Schließlich pflegt nicht umsonst u. a. auch Dominic Habsburg-Lothringen, der mittlerweile Mitbesitzer der Törzburg ist, ab und zu hier einzukehren.
Besucht wurde auch die Pension „Mama Cozonacilor“ in Șimon, ein Geschäft der Familie Drăgan. Laurențiu Drăgan ist zugleich Geschäftsführer des Vereins Bran Moeciu Fundata. Dieser Verein wurde 2012 ins Leben gerufen und hat als Mitglieder die drei Gemeinden, mit dem Ziel, einen integrierten Plan für die Entwicklung der drei Gemeinden zu erstellen, ein Projekt das als Partner die Technische Universität Wien hatte. „Wir glauben, dass das beste Beispiel für ländliche Entwicklung Bergregionen betreffend, Österreich ist”, glaubt Laurențiu. 2015 wurde ein weiteres Projekt mit Europäischen Mitteln initiiert in dem zwischen den drei Gemeinden hier und drei Gemeinden aus Kärnten in Österreich ein Austausch stattfand, wobei 30 junge Leute von dort herkamen und ebenfalls 30 Leute von hier hingingen. Ein weiteres durchgeführtes Projekt ist ein Informations-System, durch das die drei Gemeinden touristisch promoviert werden. 2014 wurde der Vertrag unterzeichnet und 2015 fertiggestellt wobei insgesamt 6 Infokiosks aufgestellt wurden, je zwei in jeder Ortschaft und eine Datenbank erstellt wurde, die durch die Visit Bran-Anwendung zugänglich ist.
Ein Problem ist nun die Finanzierung des Betreibens der Infokiosks. Eine Lösung sieht Drăgan in der Gründung eines ITI (integrated territorial investment), ein Instrument, das Regionen und Städten ermöglicht, Mittel aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) zu kombinieren. Nötig sei allerdings politischer Wille auf Regierungsebene, meint Drăgan, um die Schaffung eines ITI bei der Europäischen Kommission zu beantragen. Außerdem ist die Einwohnerzahl verhältnismäßig gering. So ein ITI soll es in Rumänien bereits für das Donaudelta geben.
Laurențiu ist auch Präsident des GAL (grup de acțiune locală) Transcarpatica, dem in der vergangenen Zeitspanne 2,8 Millionen Euro zugewiesen wurden und der Projekte für 2,5 Millionen Euro implementiert hat.
Besucht wurde auch der Verbande “Uniunea Junilor” in Kronstadt ein Verband bestehend aus sieben Gesellschaften u. a. in der Kronstädter Oberen Vorstadt Scheii Brașovului. Alexandru Stănescu, Sekretär des Verbandes, stellte die interessanten Bräuche vor und u. a. auch die interessante Tracht. Stănescu glaubt, dass sich die Bewohner bei der Entstehung der Tracht nicht an der Tracht der Siebenbürger Sachsen sondern vor allem an der Aristokratie, Eliten aus dem östlichen Teilen Europas orientiert hätten. Diese Gemeinschaft soll dabei ländliche Traditionen aufrechterhalten haben in einem städtischen Umfeld.
Ein Programmpunkt war auch die Schnapsbrennerei Portio Nobilis in Sankt Georgen, die 2012 in Betrieb genommen wurde. Dezsö Tibor und Füstös Imre sind die beiden Gründer, die schon mit ihren besonders feinen Schnäpsen bei zahlreichen Wettbewerben gute Ergebnisse erzielt haben. Das Schnapsbrennen machen die beiden neben anderen Berufen. Beide sind aber auch als Schiedsrichter ausgebildet für Schnapswettbewerbe. Später ging es in ein Lokal, wo man einige der Schnäpse auch verkosten durfte. Tatsächlich spürte man das Aroma der jeweiligen Frucht, aus der der jeweilige Schnaps gebrannt war mit besonderer Feinheit im Munde.
Endpunkt des Infotrips war der Besuch des Ökotouristischen Zentrums in Moeciu. Es folgte eine kleine Wanderung entlang des ökotouristischen Pfades unter der Führung von Michael Orlean, wobei bei den verschiedenen Sehenswürdigkeiten Halt gemacht wurde.
Werner FINK
Remus Brănescu zeigt das „Stoian“-Museum, das im Hause seiner Schwiegereltern eingerichtet wurde. Das Museum war eine der Stationen auf der Wanderung.
Bild rechts: Besucht wurde auch Gabriela Clinciu in Poarta, die mit viel Geschick die Eier färbt und sogar echte Geschichten auf diesen gestaltet.
In der Schnapsbrennerei Portio Nobilis gewährt Imre Füstös (rechts) den Gästen einen Einblick hinter die Kulissen.
Fotos: Werner FINK