Reformationstagung im Friedrich Teutsch-Kultur- und Begegnungszentrum
Ausgabe Nr. 2505
Ein Exemplar der ältesten Lutherbibel (1544 in Wittenberg bei Lufft gedruckt) befindet sich auch im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien im Friedrich Teutsch-Kultur- und Begegnungszentrum in Hermannstadt, stellte András Bandi fest, als er seinen Vortrag zum Thema „Bücher des 16. Jahrhunderts im Zentralarchiv der EKR“ vorbereitete. Der Vortrag war im Rahmen der dem 2017 anstehenden 500. Jubiläum der Reformation gewidmeten Tagung „Reformatio Transsilvaniae. Siebenbürgische Akzente der Reformation in Geschichte, Kultur und Kunst“ zu hören, die am 20. und 21. Oktober d. J. im Teutsch-Haus stattgefunden hat. Mitveranstalter waren die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien, das Deutsche Kulturforum östliches Europa, das Archiv und die Bibliothek der Honterusgemeine der Evangelischen Kirche A. B. Kronstadt, das Archiv der Reformierten Kirche Siebenbürgens in Klausenburg, die evangelische Kirchengemeinde A. B. Mediasch und das Hermannstädter Staatsarchiv.
Zum Auftakt der Tagung wurde dementsprechend eine vom deutschen Kulturforum östliches Europa veranstaltete Wanderausstellung zum Thema „Reformation im östlichen Europa – Siebenbürgen“ von dem Leiter der Einrichtung, Dr. Harald Roth, eröffnet. In der Ausstellung, die bis zum 10. März 2017 im Terrassensaal des Teutsch-Hauses zu besichtigen ist, sind in Schaukästen die von Andras Bandi vorgestellten Bücher ausgestellt. Eines trägt sogar die Handschrift von Philipp Melanchthon (Wittenberger Widmungsband 1553).
Prof. Dr. Hermann Pitters hatte am ersten Tagungstag zur Person von Paul Wiener, dem ersten Bischof der Evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen, referiert.
Den provokanten Titel „Religiöse Utopie und politische Wirklichkeit in der Grundlegung der siebenbürgischen Religionspolitik (1548-1571)“ hatte die Historikerin Dr. Edit Szegedi (Klausenburg) gewählt und stellte die (rhetorische) Frage in den Raum: „Was feiern wir eigentlich?“ Denn in jener Zeit, als die Reformation in den Kinderschuhen war, gab es eher unscharfe Trennungen zwischen den Konfessionen in Siebenbürgen, wobei die jeweilige politische Lage immer eine wichtige Rolle spielte. Zu den politischen Voraussetzungen der Reformation in Kronstadt und dem Werdegang von Johannes Honterus sprach Thomas Șindilariu (Kronstadt).
Ebenfalls aus Kronstadt angereist war das Kunsthistoriker-Ehepaar Ziegler. Frank-Thomas Ziegler gab einen aufschlussreichen Einblick in den „Bildersturm am Beispiel Hermannstadt“, genauer der Hermannstädter evangelischen Stadtpfarrkirche, und versuchte dabei auf die Frage zu antworten „Wie gelangte das Innere der evangelischen Stadtpfarrkirche in Hermannstadt zu ihrem kargen Erscheinungsbild?“ Seine Gattin Dr. Ágnes Ziegler stellte die Schwarze Kirche in Kronstadt vor und titelte ihren spannenden Vortrag „Die Inszenierung des evangelischen Selbstverständnisses im Kronstadt des 18. Jahrhunderts“. Der (Wander)Geschichte der Flügelaltäre in den evangelischen Kirchen in Siebenbürgen ging Dr. Emese Nagy Sarkadi in ihrem aussagekräftigen Beitrag nach, wobei sie feststellte, dass kaum ein Altar aus dem Ort stammt, in dem er heute steht und dass vor allem die Haupttafeln oft verändert wurden.
Den „Folgen der Reformation auf Kirchenraum und -ausstattung in der nachmaligen Evangelischen Kirche A. B.“ hatte Architektin Heidrun König (Hermannstadt) ihren Vortrag gewidmet.
Spannend aufgebaut und aufschlussreich war der Vortrag der Teutsch-Haus-Leiterin und Germanistin Gerhild Rudolf, „Die Predigtsprache unserer Kirche von Honterus bis Georg Daniel Teutsch“, in dem sie sprachwissenschaftlich relevante Texte analysierte und u. a. feststellte, wie schwer und mühsam sich die deutsche Sprache gegenüber der siebenbürgisch-sächischen Mundart in der Kirche durchgesetzt hat.
Beatrice UNGAR
Gerhild Rudolf, Frank-Thomas Ziegler, Ágnes Ziegler (mit Tochter Juno), Emese Nagy Sarkadi und Heidrun König (v. l. n. r.).
Foto: die Verfasserin