„Heimat ist nur eine“

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Kleinschelker Treffen in Kleinschelken
Ausgabe Nr. 2495
 

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Kleinschelken im August 2016 – das Dorf füllt sich mehr als sonst im Sommer von Menschen, die aus Deutschland gekommen sind. sie sind keine Touristen, sondern Kleinschelker, die das wahrscheinlich wieder größte Heimattreffen in Siebenbürgen feiern wollen – rund 600 sind in diesen Tagen zusammengekommen! Im Dorf hört man viel Siebenbürgisch-Sächsisch und Deutsch sprechen, die Gesamtstimmung ist fröhlich, emsig – man freut sich auf das Fest und auf die Begegnung.

 

Vom 6.-7. August d. J. veranstalteten die Kleinschelker ihr 17. Heimattreffen. Gefeiert wurde schon zum 4. Mal in Kleinschelken selbst – das freute nicht nur alle Anwesenden, sondern auch die Ehrengäste, die zahlreich erschienen sind und nicht zuletzt das Mediascher Konsistorium. Immer wieder freut man sich daran, dass die Kleinschelker so gut zusammenhalten – kaum eine andere Gemeinde in der Umgebung kann da mithalten und so viele zu einem Fest zusammenbringen.

Das Fest begann am Samstag in der schönen Katharinenkirche, geliebte Stätte der Stärkung und des Trostes, der Verkündigung und des Segens. Da und überall, wo Menschen im Namen des dreieinigen Gottes zusammenkommen, ist es der Glaube, der uns alle von Kindesbeinen an begleitet hat, der uns auch weiter trägt, uns nicht verzweifeln lässt. Im Herrn leben, weben und sind wir. Die Predigt in der voll besetzten Kirche hielt Pfarrer Hans Auner, gebürtiger Kleinschelker. Die Orgel wurde von Alfred Weiss gespielt, der Kleinschelker Chor trat auf unter der Leitung von Elisabeth Schell. Begrüßt wurden alle Anwesenden zu Beginn von dem für die Diasporagemeinde Kleinschelken zuständigen Pfarrer Gerhard Servatius-Depner aus Mediasch.

Die Kleinschelker sind zahlreich zusammengekommen, um so vieles, was ihnen lieb ist, vertraute oder für manche Augen auch neue Orte, selbstverständlich auch viele liebe Menschen wieder zu sehen. Ein solches großes Treffen verbindet und das ist das Schöne daran. Es verbindet nicht nur Vertrautes, sondern auch Alt mit Neu und lässt hoffentlich auch neue Wege für die Zukunft finden. Auf der Einladung zu diesem großen Heimattreffen stand ein Zitat von Theodor Fontane geschrieben, und zwar: „Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen.“ So hegt man den Wunsch, alte Bekannte und Freunde wieder zu sehen. Dass das Treffen in Kleinschelken selbst stattfindet, macht es um ein Stück besonderer.

Einiges mag dabei aber auch mit Sorgen verbunden sein. Am Friedhof gedachte man am Sonntag mit einer Andacht von Pfarrer Hans Auner der Verstorbenen. Man denkt bei jedem Besuch, dass die Zeit doch so schnell vergeht und mit ihr auch wir… Und es ist immer wieder so anders hier und heute, als man es von der Jugend oder Kindheit kennt… Das stimmt! Nichts ist und bleibt unverändert, nicht einmal wir selbst! Das, was sich nicht verändert hat, das gibt uns immer wieder das wohltuende Gefühl, welches die Beständigkeit und das Vertrauen wecken. Was ist dieses? In der schönen und ehrwürdigen Kirche zu Kleinschelken spürt man es vielleicht mehr, als außerhalb der Mauern. Denn da spürt man die Wahrheit der Worte Jesu Christi: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen!“ Ja, Gottes Wort bleibt in Ewigkeit!

Nach dem Gottesdienst fand wie gewohnt der Trachtenumzug auf dem Marktplatz vor der Kirchenburg, dem Bürgermeisteramt und der Schule statt. Viele Trachtenpaare tanzten danach einige Tänze. Unter einem Pavillon standen die Ehrengäste, die auch je ein Grußwort gesprochen haben: Daniela Cîmpean, Vorsitzende des Hermannstädter Kreisrates, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisrates, Marcel Luca, der Kleinschelker Bürgermeister Emil Urian, die PNL-Abgeordnete Raluca Turcan, der Mediascher Bürgermeister Gheorghe Roman, die stellvertretende Mediascher Bürgermeisterin Christine Thellmann, der Frauendorfer Bürgermeister Marius Grecu, um nur einige zu nennen.

Stellvertretend für die Kleinschelker sprach Uwe Draser, bekannter und unermüdlicher Kleinschelker Bürger, der daselbst und darüber hinaus viel in die Gemeinschaft und die Ortschaft investiert. Gemeinsam mit seinem Bruder Hans Draser betreibt er die über die Grenzen von Kleinschelken bekannte Firma „SN Deco SRL“, die ihr verstorbener Vater, Georg Draser, ehemaliger lieber Kirchenvater, gegründet hat. Weil Uwe Draser am selben Tag seinen Geburtstag feierte, wurde ihm als Geschenk die Überraschung gemacht, dass er vom Gemeinderat zum Ehrenbürger von Kleinschelken ernannt wurde und es wurde ihm feierlich ein Ehrendiplom übergeben.

Wir alle brauchen, obwohl wir uns täglich verändern, die Beheimatung, wir suchen das Vertraute, das uns innere Ruhe und Frieden geben kann – das eigene Zuhause, die vertrauten Menschen, die eigene gesprochene Sprache, die vertrauten Lieder und so vieles andere mehr. Darum lieben wir dieses Fleckchen Erde Siebenbürgen so sehr! Weil es da eben anders ist und doch oder vielleicht gerade darum so vertraut. Hoffentlich besuchen uns die vielen Kleinschelker bald wieder in ihrer Heimat – Heimat gibt es nicht als „alt“ oder „neu“, sondern Heimat ist nur eine! Gott schenke immer wieder herzliche Begegnungen, Offenherzigkeit und Zuversicht, Er lasse uns immer weiter wünschen, dass wir auch in Zukunft in guten und schlechten Tagen zusammengehören und zusammen stehen.

Gerhard SERVATIUS-DEPNER

 

Umzug mit Hans Draser, Georg Schmidt und Georg Jikeli, Pfr. Hans Auner, Uwe und Maria Draser, der Kreisratsvorsitzenden Daniela Cîmpean und der PNL-Abgeordneten Raluca Turcan, Bürgermeister Emil Marius Urian und Marcel Luca, stellvertretender Kreisratsvorsitzender (v. l. n. r.)

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.