Ausgabe Nr. 2422
Ausstellung „Hüter der Kirche – ein fotografisches Essay“ von Kilian Müller
Der junge Fotograf Kilian Müller eröffnete die Ausstellung „Hüter der Kirche – ein fotografisches Essay“, welche als Abschlussarbeit für sein Studium der Fotografie an der Ostkreuzschule Berlin diente, am Mittwoch der Vorwoche im Friedrich Teutsch-Begegnungs- und Kulturzentrum der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, mit einer emotionalen Rede, mit der er sich schließlich die Zuneigung und Achtung des Publikums sicherte.
Kilian Müllers einziger Bezug zu dem Thema Siebenbürgen, da er keine sächsischen Wurzeln hat, ist Hans Hügel, sein guter Bekannter aus Reichesdorf, welcher ihn und seine Familie eingeladen und sie mit seiner alten Heimat vertraut gemacht hat.
Im HZ-Gespräch erklärt Kilian Müller, dass ein fotografisches Essay keine klassische Dokumentation sei, sondern dass sich seine Arbeit zwischen Kunst auf der einen Seite und Dokumentation auf der anderen Seite befinde. Der ganze Prozess dauerte eineinhalb Jahre, während dessen er fünfmal nach Siebenbürgen gereist ist und jedes Mal seine Tour durch die Dörfer mit dem Fahrrad gemacht hat. Im Prozess der Entstehung der Bilder stellte er dann fest, dass die Lebensgeschichten der Burghüter und Burghüterinnen der evangelischen Kirchengemeinden, der „Hüter der Kirche" wie er sie nennt, ihn oft weitaus mehr beeindruckt hatten als die architektonische Schönheit der Kirchenburgen selbst. Deswegen enthält seine Arbeit einen dokumentarischen Teil, ist aber dennoch offen für Interpretation, was auch die Diskussionsrunde bei der Vernissage bewiesen hat.
Wer die Ausstellung, die noch bis zum 15. April d. J. zu besichtigen ist, anschauen möchte, wird feststellen, dass viel mehr Frauen als Männer „Hüter der Kirche“ sind. Diese Tatsache erstaunte auch den jungen Fotografen, welcher aber eine Erklärung parat hatte: „Da war ich sehr überrascht! Vor allem ist es sehr überraschend, weil die Sachsen ja eigentlich eine recht patriarchale Gesellschaft sind, wenn man sich zum Beispiel die Sitzordnung beim Gottesdienst in der Kirche anschaut. Es wurde sehr klar getrennt und ich glaube Frauen konnten früher nicht Kurator, Burghüter oder Kirchendiener sein, aber diese Situation, quasi dieses Geschlechterverhältnis, hat sich eigentlich erst umgekrempelt, als fast alle Evangelischen nach der Wende nach Deutschland ausgewandert sind; andererseits leben Frauen statistisch gesehen länger und so haben manche von ihnen das Amt quasi von ihrem Mann geerbt und befinden sich heute in einer Position, die früher für sie undenkbar gewesen wäre. Das finde ich auch sehr interessant.“
Am Ende seines Vortrags bei der Vernissage, behauptete Kilian Müller, seine Arbeit sei kein Abgesang auf die sächsiche Kultur, sondern eher eine Hommage an die Menschen, die Erfahrungen von Verlust, Abschied und Trennung gemacht haben und beendete seine Ausführungen mit einem „respektvollen und tief empfundenen Dankeschön“.
Andreea CROCE
Kilian Müller: Frau in Scharosch/Șaroșul pe Târnave.