Lebenswerk und Lebensleistung gewürdigt

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Ausgabe Nr. 2368
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Laudatio zur Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens

der Bundesrepublik Deutschland an Prof. Dr. Paul Niedermaier

    Ich freue mich sehr, Sie heute zu einem besonderen Anlass begrüßen zu dürfen. Wir sind heute hier versammelt, um das Lebenswerk und die Lebensleistung von Herrn Professor Dr. Paul Niedermaier zu würdigen.

Ehrungen dieser Art werden meist in den Amtsräumen einer deutschen Auslandsvertretung durchgeführt.

Es ist daher ungewöhnlich, dass wir uns heute zu einer Feier im Bischofssitz der Evangelischen Kirche A. B. zusammenfinden und ich möchte Ihnen, hochwürdiger Herr Bischof, an dieser Stelle herzlich danken, dass Sie uns Ihr Haus für diese Feier geöffnet haben.

Sie alle, die Sie heute hier sind, um Herrn Professor Niedermaier bei dieser Ordensverleihung zu begleiten, sind seine Familie, seine Freunde, Verwandten und Weggefährten und natürlich mit seinem Lebensweg vertraut.

Sie wissen daher natürlich auch, welche Bedeutung dieser Rahmen für ihn hat.

Gestatten Sie mir nun aber, dass ich Herrn Professor Niedermaiers Weg und seine Verdienste für uns alle noch einmal nachzeichne.

Herr Professor Niedermaier wurde am 27. Juli 1937 in Hermannstadt geboren, ein Kind dieser Stadt also und auch deshalb freut es mich besonders, dass er einer Ehrung hier in seiner Heimatstadt den Vorzug gegeben hat und nicht Bukarest als Ort der Festlichkeit gewählt hat, was kurzfristig auch einmal zur Debatte stand.

Herr Professor Dr. Niedermaier gehört zu den bedeutendsten Architekten und Architekturexperten Rumäniens, dies insbesondere in Bezug auf den Bereich des Baulichen Kulturerbes der Siebenbürger Sachsen.

Nach einer Tätigkeit als Projektarchitekt in Temeswar zwischen 1961 bis 1963 arbeitete Herr Professor Niedermaier ab 1963 bis Anfang der 70-er Jahre als Leiter der Restaurierungswerkstätte des europaweit renommierten Brukenthalmuseums wiederum hier in seiner Heimatstadt Hermannstadt.

Ab 1971 war er dann hauptamtlich Mitarbeiter am Forschungszentrum für Geisteswissenschaften in Hermannstadt, ab Beginn der 90-er Jahre übernahm er dann die Funktion des Direktors.

1999 folgte er einer Berufung der Lucian Blaga Universität und nahm einen Lehrauftrag im Bereich Geschichte und Kulturerbe an. Auch nach seiner Emeritierung im Jahre 2003 wirkte er als beratender Professor an dieser Universität weiter.

Neben seinem wissenschaftlichen Wirken hat sich Professor Niedermaier in zahlreichen Funktionen maßgeblich für die deutsche Minderheit und die deutsch-rumänische Zusammenarbeit im Kultur-, Hochschul- und Bildungsbereich engagiert.

Eine Auflistung seiner unterschiedlichen Engagements und Mitgliedschaften würde den Rahmen unserer Feierstunde sprengen.

Lassen Sie mich daher mit der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, der Stadtgeschichte-Kommission Rumäniens der Rumänischen Akademie, dem Rumänischen Historikerkomitee der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, der Nationalen Denkmalkommission und der Kommission für Städtebau des Kultur- und Kultusministeriums und der Rumänien-Sektion des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde in Heidelberg nur die Wichtigsten erwähnen.

Seine besonderen Bemühungen im Rahmen dieser Gremien galten dabei stets und insbesondere der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung und dem Austausch zwischen Deutschland und Rumänien.

Durch seine zahlreichen in Rumänien, Deutschland und Österreich erschienenen Publikationen zur siebenbürgisch-sächsischen Geschichte und Architektur hat er wesentlich zur Vertiefung der rumänienspezifischen Kenntnisse im deutschsprachigen Raum und zum wissenschaftlichen Austausch beigetragen.

Eines seiner nachhaltigsten und sichtbarsten Projekte, mit dem sein Name untrennbar verbunden ist, ist das Langzeitprojekt des Siebenbürgisch-Sächsischen Wörterbuchs, für welches Herr Professor Niedermaier seit seiner Zeit als Direktor des Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften verantwortlich zeichnet.

Dieses Wörterbuch umfasst den Wortschatz der rund 250 siebenbürgisch-sächsischen Ortmundarten in ihrer lautlichen, grammatikalischen und bedeutungsspezifischen Eigenart. Dem eigentlichen Wörterbuch liegen siebenbürgisch-sächsische Wörterbuchproben und -vorarbeiten zugrunde, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Johann Wolff gesammelt wurden. Seitdem wird das Wörterbuch ständig erweitert und gepflegt und belegt den Allgemeinwortschatz der Siebenbürger Sachsen in allen Lebensbereichen. Sein Erhalt und die stetige Fortschreibung ist eine großartige historische Leistung, die durch das Institut seit Jahrzehnten erbracht und durch Professor Niedermaier über viele Jahre hinweg begleitet und unterstützt wird.

Ich komme nunmehr in meiner Würdigung der zu der Aufgabe oder besser – Berufung-, von der ich weiß, dass sie Herrn Professor Niedermaier besonders am Herzen lag und liegt, welche den Kreis schließt und uns zu dem Ort führt, an dem wir uns heute zu dieser Feierstunde versammelt haben.

Seit der politischen Wende im Jahre 1989 setzt sich Professor Niedermaier in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich und konsequent und in hohem Masse für die Belange der deutschen Minderheit ein.

Besonders der Evangelischen Kirche A. B. fühlte er sich verbunden. In den Jahren 1992 bis 1999 diente er seiner Kirche bereits als Bezirkskirchenkurator, von 1999 bis 2008 dann als Landeskirchenkurator.

In dieser wichtigsten Laienfunktion der Kirche agierte Professor Niedermaier in schwieriger Zeit stets als Sachwalter der Gläubigen, wie auch als Unterstützer des Bischofs im Interesse des Fortbestands der Kirchentraditionen der Kirche der Siebenbürger Sachsen.

Der Erhalt der reichen Kunst- und Kulturgüter der Kirche und vor allem der Erhalt des evangelischen Lebens hier in seiner siebenbürgischen Heimat war ihm dabei stets Antriebskraft und Verpflichtung.

Er vertrat aber nicht nur die Mitglieder der Kirche gegenüber dem Klerus.

In den schweren Zeiten, in denen die Kirche mit dem massenhaften Exodus ihrer Mitglieder fertigwerden musste, war Herr Professor Niedermaier den hier Gebliebenen ein Vorbild, einer der selbst blieb, der an ein Leben und eine Zukunft hier in Siebenbürgen glaubte und auch daran, dass Traditionen und Werte, denen er sich verbunden fühlte, nicht einfach verschwinden dürfen.

Auf die Frage, ob der Becher halb voll oder halb leer ist, gab es für ihn immer nur eine Antwort –  der Becher ist halbvoll.

Sehr verehrter Herr Professor Niedermaier, Ihre Lebensleistung verdient große Anerkennung und Respekt. Sie haben sich in vielfältigen Bereichen um das deutsch-rumänische Verhältnis in besonderer Weise verdient gemacht.

In Anerkennung dieser besonderen Verdienste verleiht Ihnen der Herr Bundespräsident das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Es ist mir eine Ehre und große Freude, Ihnen das Verdienstkreuz nunmehr überreichen zu dürfen.

Konsulin Judith URBAN

 

Foto 1: Ehrung: Die Deutsche Konsulin Judith Urban (links) überreichte am Freitag im Rahmen einer Feierstunde im Bischofspalais Prof. Dr. Paul Niedermaier das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.                                                          

Foto: Fred NUSS

Foto 2: In der Rubrik Themen" der deutschen Sendung Akzente" im Rumänischen Fernsehen wird am Donnerstag, den 20. Februar ein Interview mit Prof. Dr. Paul Niedermaier (links) ausgestrahlt, das der jüngst Geehrte der Leiterin der Sendung, Christel Ungar-Topescu (rechts) am 18. Januar d. J. in seinem Büro im Forschungsinstitut für Geisteswissenschaften gewährt hat.                                                                         

Foto: Beatrice UNGAR

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft, Politik.