Das Hermannstädter Internationale Jazzfestival erlebt seine 43. Auflage
Das älteste Jazzfestival Rumäniens, Sibiu Jazz, begann am Sonntag mit einem Auftritt der Berliner Bigband „Drum Kitchen“, Montag und Dienstag hat der Studentenwettbewerb stattgefunden, seit Mittwoch konzertieren etablierte Musiker. Ab heute finden die Konzerte im Thaliasaal statt, bisher mussten Zuschauer und Musiker mit dem viel kleineren Saal im Gong-Theater auskommen.
Weil das Mieten des Saals im Gewerkschaftskulturhaus weitaus über den finanziellen Möglichkeiten des Festivals liegen, erklärte Festivalleiter Konstantin Schmidt, bleiben die Konzerte in dem großen Saal, gefolgt von Jam Sessions – die dieses Jahr in einem Hermannstädter Pub organisiert werden – nur eine schöne Erinnerung.
Eröffnet wurde der erste Abend von dem George Enescu College Jazz 2013 aus Bukarest. Sechs Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren stiegen auf die Bühne und spielten los. Das Publikum wurde allerdings vom Lehrer der Schüler verwirrt, der nach dem ersten Lied auf die Bühne stieg, ein bisschen über die Band sprach und prompt drei wegschickte. So ging es die nächste Stunde weiter, nach jedem Stück spielten die Schüler „Bäumchen wechsle dich“ und der Lehrer erklärte, ob das eine oder das andere Lied im Wettkampf ist. So war das Publikum am Ende doch verwirrt, und wusste nicht mehr, in welcher Zusammensetzung die Band eigentlich spielte. Die Gesichter der recht gestressten Jungs – der Lehrer ging vor der Bühne auf und ab und erteilte kurze Lektionen – halfen auch nicht weiter. Dabei waren beide Pianisten sehr talentiert, und auch die anderen Bandmitglieder eigentlich wirklich gut. Die Band erhielt am Ende den Preis „Esperanza“, und wenn sie ein bisschen auch an den „social skills“ arbeiten, können sie in Zukunft bestimmt auch mehr Applaus ernten.
Lektionen erteilte auch der Leiter der Bukarester Bigband „Gaio“, der mit den Organisatoren schimpfte – von der Bühne natürlich – dass die rhythmische Sektion eigentlich zusammen gehört: Klavier und Drums waren zu weit voneinander entfernt. Die Bigband bestand hauptsächlich aus Studenten im ersten Jahr an der Musikhochschule in Bukarest, bis auf einen Saxofonisten im Rentneralter, der als „Maskottchen“ vorgestellt wurde. Die Band war übrigens 1983 von der berühmten Jury zur besten Band des Festivals gekürt worden. 2013 erhielt „Gaio" den Preis des Festivalpartners „Formula As“ im Wert von 500 Euro.
„Earth Wind and Drums“, ein Trio der Musikhochschule Bukarest folgte auf der Bühne. Nicht nur ihre lockere Art, sondern auch die Zusammenarbeit der Bandmitglieder während des Konzertes entspannten das Publikum. Der Saxofonist – Alexandru Munteanu – erhielt den Preis für den besten Instrumentalisten, obwohl er eigentlich das einzige Bandmitglied war, das nicht an einer Musikhochschule angemeldet ist. Trotzdem glänzte er in diesem Trio – bestimmt auch Dank der beiden Kollegen, die hoffentlich auch weiter dem Jazz treu bleiben.
So richtig füllte aber die vierköpfige Band „Youvenis Group“ aus Întorsura Buzăului die Bühne, denn die 15- bis 17-Jährigen spielten begeistert und – insbesondere der Gitarrist – unglaublich gut. Tatsächlich lagen die ersten zwei Songs im Jazz-Rock-Bereich, die letzten zwei waren allerdings Rock pur, und zwar von der schwierigsten Sorte: Sie spielten tadellos einen Song des Gitarristen Steve Vai – und das mit 16. Wahrscheinlich wissen die Jugendlichen nicht sicher, ob sie weiterhin im Jazzbereich bleiben, denn am Rock haben sie offensichtlich auch sehr viel Freude, der Preis für die beste Band, der ihnen zukam, versicherte ihnen aber hoffentlich, dass ihre Zukunft mit Musik verbunden werden soll.
„Viorica Pintilie Trio” aus Bukarest war die letzte Band des Abends, doch das war auch ein Bereich, wo die meiste Konkurrenz herrschte, denn am zweiten Abend waren zwei weitere Solistinnen auf der Bühne zu sehen.
Eine von ihnen, vom Duo Ovidiu Pârjol & Maria Şimandi aus Karlsburg/Alba Iulia, hatte den ersten Auftritt des Abends. Auch wenn die Lieder gut zu der Stimme passten, war das Duett letztendlich doch ein bisschen langweilig. Leider entging dem Publikum auch nicht, dass sie sehr steif auf der Bühne stand, als ob sie schnell die perfekten Noten wiedergeben muss, ohne weitere Gefühle und Reaktionen, aber auch, dass beim Herausgehen von der Bühne der viel reifere Pianist wegging, gefolgt von der jungen Sängerin. Außerdem schien die Solistin die englische Sprache nicht zu beherrschen, als ob sie die Wörter nur phonetisch gelernt habe.
Dass hätte sie gut vermeiden können, wenn sie rumänische Lieder gesungen hätte, wie Ana-Cristina Leonte, die ihr Konzert mit einem rumänischen Lied eröffnete, doch danach zeigte, dass ihre englische Aussprache auch tadellos war. Mit ihrer ein bisschen rauhen und warmen Stimme, aber auch mit ihrer offensichtlichen Freude am Singen konnte sie ihre direkten Konkurrentinnen überholen und erhielt den Preis für die beste Gesangsolistin.
Die letzte Band des Abends, das Trio „Blue Train” aus Bukarest war zwar nicht ganz unbekannt für die Zuschauer, denn zwei der drei Musikern waren bereits in einer anderen Band im Wettkampf zu sehen, gingen mit dem großen Preis auch nach Hause. Sie spielten zusammen, gut und eigentlich sehr entspannt und auch entspannend. Die Jury bestand aus Dr. Pavel Puscaş, , Florian Lungu, Virgil Mihaiu, Constantin Iridon, Liviu Butoi, Horst Papeler-Dütsch und Christoph Renner.
Das war der Wettbewerb, bei dem eigentlich viel mehr Bands angemeldet waren. Wegen Zeit- und Geldmangel, hat das Studentenkulturhaus, zusammen mit der Stiftung „Sibiu Jazz Fest“eine Vorauswahl durchführen müssen.
Das „richtige“ Festival hat aber bereits am Mittwoch begonnen, und man sollte die „Drum Kitchen“ nicht vergessen, denn ihre Freude am Musizieren reißt alle Zuschauer mit. Auch als es in Strömen regnete, ließen sich die 33 Drummer nicht verscheuchen. Sie suchten einfach Schutz im „Generalloch“ am Großen Ring, und spielten trotz Hagelschlag und starkem Regen für die wenigen Zuschauer weiter. Und die Zuschauer tanzten mit. Die Drummer kann man noch heute und morgen am Großen Ring um die Mittagszeit erleben.
Ruxandra STӐNESCU
Foto 1: „Gaio" war die einzige Bigband im Studentenwettbewerb.
Foto 2: Beste Band: „Youvenis Group“ aus Întorsura Buzăului.
Foto 3: Ana-Cristina Leonte wurde zur besten Gesangssolistin gekürt.
Fotos: Fred NUSS