Abschiedsansprache von Konsulin Kerstin Ursula Jahn
Ausgabe Nr. 2916

Konsulin Kerstin Ursula Jahn (rechts) und ihre Dolmetscherin Ioana Deac.
Foto: Cynthia PINTER
Die Deutsche Konsulin Kerstin Ursula Jahn hatte aus Anlass ihres Abschieds von Hermannstadt am Dienstag zu einem Sektempfang in den Garten des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt eingeladen. Ihre deutlich emotional geprägte Ansprache lesen Sie im Folgenden:
Vier Jahre Amtszeit als Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt neigen sich ihrem Ende. Es war eine Zeit geprägt von Begegnungen, großen Ereignissen, Herausforderungen und vor allem von tiefen menschlichen Verbindungen. Vor vier Jahren war mein Einstieg wie gebremst: Die Corona-Pandemie brachte alle möglichen Pläne durcheinander.
Antrittsbesuche im Kleinen, Empfang zum Tag der Deutschen Einheit im Mittleren und Bundespräsidentenbesuch im Großen wurden geplant und oft auf die letzte Minute wieder abgesagt.
Doch gerade in dieser Zeit wurde mir bewusst, wie wertvoll Gemeinschaft, gegenseitiges Verständnis und Offenheit sind. Und diese Werte haben mich in den letzten Jahren geleitet.
Der 300. Geburtstag des frühen Europäers und verehrten Sohnes der Stadt, Baron Samuel von Brukenthal, half mir, dennoch gleich an meinem zweiten Arbeitstag viele von Ihnen kennenzulernen.
Mein Grußwort an diesem Tag schloss an die Tradition an, dass Gesandte und Vertreter anderer Staaten zu allererst beim Baron vorstellig zu werden hatten. Am vergangenen Freitag nun führte mich die Interims-Direktorin noch einmal durch das Brukenthalmuseum. Auf diese Weise schloss sich für mich ein Kreis: Zum Ende meiner Amtszeit habe ich Baron von Brukenthal erneut meine Aufwartung gemacht.
Wie eine Klammer legt sich der – europäische – Geist Brukenthals um meine Amtszeit. In „meinen vier Hermannstädter Jahren“ habe ich viel gelernt – über Siebenbürgen, über Rumänien, über Minderheiten im Verhältnis zur Mehrheitsbevölkerung, über die Siebenbürger Sachsen und ihre reichen Traditionen, Werte, Kulturgüter.
Viele von Ihnen waren bereit, Ihr persönliches Schicksal oder das ihrer Familie mit mir und meinem Mann zu teilen.
Ihre Verbundenheit mit Ihrer Heimat, Ihre Anpassungsfähigkeit an die Veränderungen, die durch harte Umbrüche verursacht wurden, sowie Ihre Kreativität im Bemühen, die eigenen Traditionen und Identität zu bewahren, und dabei gleichzeitig aktiv an der Gestaltung der gemeinsamen Gegenwart und Zukunft mitzuwirken – all das ist nicht nur beispielhaft, sondern einzigartig.
Auf Seiten der deutschen Minderheit genauso wie auf Seiten der rumänischen Mehrheitsbevölkerung.
Sie alle haben mich tief beeindruckt und inspiriert. Dafür danke ich Ihnen von Herzen.
Gemeinsam haben wir große Momente erlebt, wie das Jahr des 30. Jubiläums des deutsch-rumänischen Freundschaftsvertrages, den Besuch der Staatspräsidenten oder das große Sachsentreffen mit 20.000 Teilnehmenden.
Ereignisse, die das Miteinander Deutschlands und Rumäniens und die wichtige Rolle, die die deutsche Minderheit dabei spielt, sichtbar gemacht haben. Solche Momente sind größer als eine Amtszeit, sie sind Teil einer gemeinsamen Geschichte. Sie haben mich wachsen lassen – persönlich wie beruflich.
Hermannstadt, Siebenbürgen und Rumänien sind nun Teil meiner Biographie. Dafür bin ich dankbar.
Lassen Sie mich nun Ihre Aufmerksamkeit auf ein kleines, aber für mich bedeutsames Detail unseres schönen Konsulatsgartens lenken: Seit diesem Jahr gibt es hier eine Insektenwiese, die ganz im Zeichen der Biodiversität steht. Diese Wiese ist auf eine Idee von mir zurückzuführen und wurde von meinen Mitarbeitenden mit großem Engagement angelegt. Es berührt mich, zu sehen, wie sie uns alle erfreut – und die Natur hier bereichert.
Ich traue mich, an dieser Stelle einen großen deutschen Politiker zu zitieren, wenn ich sage: Im Konsulatsgarten hinterlasse ich am Ende meiner Amtszeit eine blühende Landschaft!
Viele von Ihnen wissen, dass mir der Abschied alles andere als leicht fällt.
Eine Freundin aus Bonn, wo mein Mann und ich lebten, bevor wir hierher kamen, hat mir erst Anfang diesen Jahres gesagt, sie denke noch immer an unseren Abschied 2021 zurück.
Und immer noch fragen sie sich, warum man sich das eigentlich antue: Sich selber immer wieder aus allen Zusammenhängen herauszureißen, in die man so gut hineingewachsen ist.
In diesem Zusammenhang kam mir das Gedicht „Stufen“ des deutschen Lyrikers Hermann Hesse in den Sinn, das in Momenten wie diesen Mut macht.
Ich möchte Ihnen daraus zitieren: „Wie jede Blüte welkt/Und jede Jugend dem Alter weicht,/Blüht jede Lebensstufe,/Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend/Zu ihrer Zeit/Und darf nicht ewig dauern./Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe/Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,/Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern/In andre, neue Bindungen zu geben./Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,/der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Jeder Abschied ist auch ein Neuanfang – für alle. Ich danke Ihnen für die gemeinsamen Jahre und wünsche Ihnen von Herzen alles Gute für die Zukunft.