Zwei Schweizer beim Marienball des Hermannstädter Forums 2025
Ausgabe Nr. 2901

Die Tanzgruppe des Hermannstädter Jugendforums (Leitung: Sebastian Arion) zeigte siebenbürgisch-sächsische Volkstänze und erntete begeisterten Applaus. Foto: Laura MICU
Die Whatsapp-Einladung von unseren Freunden kam unverhofft und überraschend: „Kommt mit uns zum Marienball des DFDH im Neppendorfer Gemeindesaal. Freitag, den 14. Februar. Treffpunkt: 18 Uhr beim Taxistand im Zentrum.” Wir sagten zu, zum Glück! Seit 10 Jahren reisen ich und meine Frau regelmäßig nach Hermannstadt, seit 5 Jahren haben wir eine kleine Wohnung zur Dauermiete. Hermannstadt ist mittlerweile unsere zweite Heimat, eine Wahlheimat. Meine Frau sagt immer: „Wir haben Hermannstadt nicht gesucht, sondern Hermannstadt hat uns gefunden”. Und mit Hermannstadt meine ich ganz Siebenbürgen.
Wenn wir unseren Freunden und Bekannten in der Schweiz von Siebenbürgen erzählen, ernten wir fragende Blicke. Und wenn wir dann noch von den Siebenbürgisch-Sächsischen Traditionen, Bräuchen und ihrer Jahrhunderte alten Geschichte berichten, sind sie ebenso erstaunt wie neugierig. Genau so neugierig folgten wir der Einladung zum traditionellen Marienball, welcher, wie man uns sagte, ein gesellschaftlicher Höhepunkt für das Demokratische Forum der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) darstellen würde.

Der „Sing Mit”-Chor eröffnete das Kulturprogramm. Fotos: Laura MICU
Eigentlich kennen wir in der Schweiz das Zusammenleben von verschiedenen Kulturen sehr gut. Jede Sprachregion, jeder Kanton hat seine Eigenheiten, Traditionen, Gebräuche und gesellschafts-politischen Besonderheiten. Was wir jedoch nur sehr beschränkt kennen, ist das Gefühl des Zusammenhalts. Ein Zusammenhalt, der über denjenigen der Familie, des Vereins, des Wohnquartiers oder der Gemeinde geht. Es ist ein Gefühl, welches Halt und Sicherheit gibt. Genau dieses Gefühl erlebten meine Frau und ich als Gäste am Marienball. Ich gebe es zu: Nebender großen Vorfreude auf den Ball waren wir auch zeitweise verunsichert, ob wir als Schweizer von den Leuten wohlwollend begrüsst und aufgenommen würden. Doch kaum waren wir dort angekommen, haben sich alle Sorgen und Ängste in Luft aufgelöst. Sicherlich auch dank unseren Freunden, welche zusammen mit uns mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt in den Ball eintauchten und wir uns ohne Umschweife auf der Tanzfläche und am köstlichen Büffet so wohl fühlten, als wären wir schon seit jeher dabei gewesen.

Die Trio Saxones Band sorgte für exzellente Tanzmusik.
Nur schon der festlich geschmückte Festsaal mit den großen, runden Tischen, die große Tanzfläche und die Bühne mit der Live-Band, dem Trio Saxones, entführten uns in eine Welt, welche in der Schweiz leider an vielen Orten schon längst verschwunden ist. Heute sind es „Eventhalls” oder „Party-Locations”, welche die Massen anlocken, kurzlebig und leider oft charakterlos.
Wir fühlten uns tatsächlich in eine andere, eine authentische Welt versetzt und wurden vom „Sing mit”-Chor des DFDH, der Tanzgruppe des Jugendforums sowie der Lehrerinnen-Tanzgruppe bestens unterhalten.
Dass die Siebenbürger Sachsen sehr gut tanzen können, hat wohl zu einem großen Teil auch mit der Musik zu tun, die am Marienball gespielt wird. Das Trio Saxones schafft es, mit seinen mitreißenden, traditionellen und modernen Songs das hinterste und letzte Tanzbein in Schwung zu bringen, sei es bei der Polonaise durch den Saal, dem Kreistanz auf der Tanzfläche oder dem Disco-Fox der Junggebliebenen. Kurz gesagt: für uns war der Marienball im wahrsten Sinne ein gesellschaftlicher Höhepunkt, mit dem nachhaltigen Gefühl, dass wir in Hermannstadt nun definitiv angekommen sind.
Urs SLOKSNATH