HZ-Gespräch mit dem Unternehmer Manuel Albrecht
Ausgabe Nr. 2895
Der Unternehmer Manuel Albrecht, Geschäftsführer der Firma Erdbaron, gab bereits 2022 der Hermannstädter Zeitung ein Interview, allerdings gibt es nun wieder Gesprächsstoff. Albrecht hat zwar keine Wurzeln hier, entschied sich aber, sein privates und berufliches Leben in Hermannstadt aufzubauen. Im Oktober 2020 ist er nämlich hergekommen, um eine Firma unter dem Namen erdbaron® zu gründen, die ihren Kunden von der Deklarationsanalyse über den Transport bis zur Entsorgung alles rund um das Thema Boden und Bauschutt anbietet. Der Firmensitz ist in Hermannstadt, obwohl sie auf dem deutschen Markt agiert. Lesen Sie im Folgenden das Gespräch zwischen dem HZ-Redakteur Werner F i n k und Manuel Albrecht über die neuesten Entwicklungen und Herausforderungen in der Baubranche:
Die Baubranche im Allgemeinen soll sich in den letzten Monaten nicht so gut entwickelt haben. Wie sehen Sie die Zukunft?
Die Baubranche ist von der Immobilienbranche abhängig. In Bezug auf die Immobilienbranche sehe ich leicht fallende Baupreise, weitestgehend stabile Immobilienpreise, steigende Mieten und leicht fallende Zinsen. Dieser Trend wird anhalten, bis Ertragswert und Finanzierungskosten wieder im Gleichgewicht sind.
In der Baubranche hingegen muss man zwischen Lieferungen – also Material – und Dienstleistungen unterscheiden. Die Materialpreise bleiben trotz sinkender Nachfrage überwiegend stabil. Die Produktion wurde runtergefahren, damit es kein Überangebot gibt, folglich gibt es nur geringe Preiskämpfe und die Inflation hält die Preise oben.
Bei Dienstleistungen ist der Faktor Lohn und andere Nebenkosten ausschlaggebend. Zum Beispiel eine deutlich höhere Maut und hohe Entsorgungskosten beziehungsweise weitere Auflagen durch die Ersatzbaustoffverordnung, die die Preise hochtreiben. Die Kosten und der Verwaltungsaufwand sind also gestiegen, wobei die markant gesunkene Nachfrage in vielen Bereichen zu Preiskämpfen führt. Das führt wiederum zu niedrigeren Margen. Und das wird zwangsläufig zu Entlassungen und Insolvenzen führen.
Das ist ähnlich wie beim Limbotanz. Wenn die Stange hoch ist, kommen alle drunter durch. Erst wenn die Stange tief genug hängt, wird das Spiel interessant, denn dann fliegen einige hinaus. Kurz gesagt, ich sehe derzeit zeitnah eine große Marktbereinigung.
Merken Sie bereits etwas davon?
Wir merken, dass die Zahlungsmoral gesunken ist. Und wir bekommen in den letzten Monaten erheblich mehr Bewerbungen. Viele von Personen mit bestehenden Arbeitsverhältnissen. Das sah mal ganz anders aus.
Sehen Sie auch Ihr Unternehmen in Bedrängnis?
Im Gegenteil. Erdbaron schreibt seit dem Gründungsjahr fortlaufend Gewinne und hat deshalb eine ausgezeichnete Eigenkapitalquote. Wir bedienen keine Kredite, Investoren oder Aktionäre. Wir haben vier Jahre gezeigt, dass wir nachhaltig Mehrwert für unsere Kunden bringen und das zu wettbewerbsfähigen Preisen. Für ein wettbewerbsfähiges Unternehmen bedeuten fallende Preise nur eins: Wachstum.
Aber fallende Preise würden auch Ihren Gewinn schmälern. Stimmt das?
Das stimmt. In Relation zum Umsatz wird der Gewinn sinken, das haben wir so eingeplant. Das wird vor allem unsere Kunden freuen und deshalb hatten wir im ersten Halbjahr 2024 bereits deutlich mehr Nachfrage und steigende Umsätze verzeichnet.
Was macht Sie so sicher, dass Ihre Umsätze weiter steigen?
Wir haben eine gute Umsatzrendite und sind mit den Preisen hinunter gegangen. Viele Wettbewerber stehen bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand. Spätestens wenn deren Kunden selbst den Gürtel enger schnallen müssen und sich nach günstigeren Lösungen umschauen, werden sie bei uns fündig. Das ist unsere Erfahrung.
Das heißt, Sie wollen letztlich über den Preis Kunden gewinnen?
Genau, denn im Kundenservice können wir uns kaum noch verbessern. Wir bieten dem Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket. Wir sind schnell und professionell. Wir sind hundertprozentig digital. Und das alles zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Klingt gut. Wie schaut es mit deutschen Qualitätsstandards aus?
Die Dinge richtig zu machen, ist heutzutage kein Hexenwerk mehr. Heute gibt es für alles Regularien. Wer sich daran hält, macht alles richtig. Ich würde sagen, dass wir die Dinge ohne Regularien sogar noch besser und vor allem nachhaltiger machen könnten.
Es gibt für nahezu jedes Gewerk eine Norm oder „Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen”. Wer sich daran hält, arbeitet genau. In der Umsetzung nutzen wir z. B. für Baugruben fast ausschließlich Maschinen mit GPS-Steuerung. Das heißt, unsere Baugruben sind im globalen Koordinatensystem auf mindestens zwei Zentimeter genau und zwar bis ins letzte Eck. Wir vermessen Haufwerke mittels Drohne mit derselben Genauigkeit. Auf jeder Baustelle gibt es einen GNSS-Rover zum Gegenprüfen. Also, wenn die vom Architekten erstellten Pläne passen, dann passt auch unser Gewerk.
Und bei der Entsorgung gibt es keine Genauigkeit in der Bewertung bzw. gut oder schlecht, da gibt es nur ordnungsgemäß oder ordnungswidrig. Wir haben intern Dokumentationen für fast alle Prozesse. Das reicht vom Urlaubsantrag bis zur Buchhaltung und von der Probenahme bis zur Lieferantenqualifizierung, aber der Großteil betrifft tatsächlich die Entsorgung. Das ist ein komplexes Thema.
Und Sie behalten da als rumänische Firma den Überblick?
Ja. Wir haben gute Leute, die sich selbstständig in neue Sachen einarbeiten. Wir haben Prozesse und Tools, die teilweise gar keine Fehler zulassen. Und wir handeln nicht nur selbst ordnungsgemäß, wir schulen andere Marktteilnehmer, vor allem Lieferanten, in unserer Erdbaron Akademie, damit diese ebenfalls ordnungsgemäß handeln. Damit werden wir unseren Ansprüchen in Sachen Umweltschutz und Qualitätssicherung gerecht.
Wie viele Mitarbeiter arbeiten zwischenzeitlich bei Erdbaron?
Wir haben keine klassische Firmenstruktur eines normalen Unternehmens in der Branche, was uns von den Mitbewerbern abhebt. Darauf möchte ich deshalb nicht näher eingehen. Dieser Aspekt wird erst bei einem Unternehmensverkauf interessant.
Planen Sie denn den Verkauf des Unternehmens?
Das ist sicherlich immer eine Option.
Hängt man nicht an einem Unternehmen, das man selbst gegründet hat?
Doch, in jedem Fall. Aber wenn das Unternehmen profitabel ist, ist mein Job eigentlich erledigt.
Ich mag die Herausforderung, etwas Neues ins Lebens zu rufen, etwas aufzubauen. Und mit dem Verkauf stirbt das Unternehmen ja nicht, es bekommt einfach ein anderes Management und ich die Zeit, um eine neue Idee umzusetzen.
Sie machen einige Sachen anders als andere. Zum Beispiel der Firmensitz in Hermannstadt oder die Schulung deutscher Unternehmen als rumänische Firma. Das ist zumindest ungewöhnlich. Sehen Sie sich selbst als Rebellen, was Ihre Arbeit betrifft?
Also aus meiner Sicht macht ein Rebell aus Prinzip alles anders als andere. Das ist mir fremd. Ich würde sagen, ich scheue es nicht, ungewöhnliche oder auch mal unbequeme Wege zu gehen, wenn ich das für erforderlich halte. Das ist eines der wichtigsten Dinge, die ich bereits im Alter von 17 Jahren während meiner Wehrdienstzeit gelernt habe.
Aber die Frage ist doch vielmehr, warum es ungewöhnlich ist. Aus meiner Sicht ist das nur den schlechten Vorurteilen gegenüber Rumänien geschuldet. Wenn eine Firma aus Wien auf dem deutschen Markt tätig ist, stellt das niemand in Frage. Für mich sind Wien und Hermannstadt zwei Städte in der EU, in denen es viele deutschsprechende Leute gibt. Das sollte in beiden Fällen gleichermaßen nichts Ungewöhnliches sein.
Worin sehen Sie die größte Herausforderung der Baubranche in den nächsten Jahren?
In der Politik. Deregulierung. Loslassen! Deutschland legt sich mit seinen ganzen Regularien selbst in Fesseln. Das gilt nicht nur im Bausektor. Damit nimmt sich das Land jegliche Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft.
Aber braucht es nicht gewisse Regeln?
Was es braucht, sind Menschen, die motiviert sind, Dinge bestmöglich zu tun. Etwas zu bewegen. Keine Verbote, die sie dazu bewegen, gar nichts mehr zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Firma Erdbaron HQ SRL belegte Platz 3 im Top der kleinen und mittleren Unernehmen (KMU) im Kreis Hermannstadt in der Kategorie Technische Tests und Analysen.