Mit dem Evangelischen Gesangbuch durchs Jahr 2024 / Von Dr. Carmen SCHUSTER
Ausgabe Nr. 2863
„Ein feste Burg ist unser Gott… ”, das Lied Nr. 233 in unserem Gesangbuch – angelehnt an Psalm 46, („Gott ist unsere Zuversicht und Stärke“) und Martin Luther zugeschrieben – ist ein nicht unumstrittenes Lied, wurde es doch in unterschiedlichsten historischen Kontexten gesungen – als Kampflied zu Luthers Zeiten oder mit nationaler Aufladung im Ersten Weltkrieg.
Trotz allem habe ich dieses Lied für mich entdeckt: Mehr Ausruf als Liedanfang, findet es sich in der Kleinschenker Kirchenburg wieder, meinem Heimatort. Und dort an prominenter Stelle, am Triumphbogen! Ich bin damit aufgewachsen, habe es zunächst inbrünstig in der Sturm-und Drang-Zeit der Jugend gesungen und dann mit ganz anderer symbolischer Aufladung als Erwachsene. Nach der Auswanderung 1984 wurde es für mich zum Inbegriff von Siebenbürgen, Kleinschenk, meinem Elternhaus – sichere Rückzugsorte, die mir in der Bundesrepublik fehlten. Diese neue Welt war nicht gerade „voll Teufel”, sie drohte auch nicht, mich völlig zu „verschlingen“, aber sie war anders, unbekannt und anfangs war es unendlich schwer. Es tat gut, im Prozess der beruflichen und privaten Neuorientierung in diesem Lied Trost zu finden und damit ermutigt zu werden: „So fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen!“ Beruflich war dieses Lied eine gute Grundlage für meine Entwicklung in einer globalen Welt, privat bauten mein Mann und ich es in die Liturgie des Traugottesdienstes ein. Es war Leitlied für Erfahrungen, die Vertrauen, Mut, Stärke und Zuversicht in die Zukunft brauchten. „Ein feste Burg ist unser Gott… es soll uns doch gelingen!” Nach meiner Rückkehr nach Kleinschenk 2014 sehe ich es in jedem Gottesdienst wieder am Triumphbogen. Es verstärkt die Überzeugung, dass ich hier zuhause bin. Und sein Optimismus, gepaart mit den Erfahrungen in der großen weiten Welt ermutigen mich, alle Zweifel hinter mir zu lassen – auch in meiner Arbeit für unsere Kirche und für Kleinschenk!
Dr. Carmen SCHUSTER
Landeskirchenkuratorin