Rezension zu „La Nation entre les lignes“ von Catherine Roth
Ausgabe Nr. 2846
In dem Buch „La Nation entre les lignes – Les Saxons de Transylvanie et la question des identités”, erschienen 2022 in der Reihe Essais im Verlag Presses Universitaires de Rennes, führt Catherine Roth auf über 600 Seiten durch die Geschichte und Prägung einer Minderheit. Sie untersucht die Identität der Siebenbürger Sachsen und schafft es, Kommunikation, Geschichte, Natur, Gegenwart, Kunst, Nationalismus und unsichtbare Medien zu einem schlüssigen Gesamtwerk zusammenzuführen.
Als Dozentin für Informations- und Kommunikationswissenschaften arbeitete Roth an der Universität in Rennes. Dabei spezialisierte sie sich in ihrer Literatur auf das Thema der kollektiven Identitäten und Minderheiten in Siebenbürgen. Heute ist Catherine Roth Forscherin in Kultur- und Kommunikationswissenschaften am Institut National de Recherche en Informatique et Automatique (INRIA) in Nancy.
Zu Beginn des Sachbuchs – dessen Titel und Untertitel in deutscher Übersetzung etwa so lauten würden: „Die Nation zwischen den Fronten – Die Siebenbürger Sachsen und die Frage der Identitäten” – geht Roth intensiv auf verschiedene Historiker und Kulturtheorien ein. Sie zeigt dabei eine breitgefächerte Sammlung an verschiedensten Theorien und erklärt diese ausführlich. Dies bildet eine Grundlage, auf die sie sich im Laufe des Buchs immer wieder bezieht. Mit direkten Zitaten dieser Wissenschaftler vereint sie verschiedene Stimmen in ihrem Werk.
In sorgfältig gegliederten Kapiteln geht sie auf die behandelten Themen im Buch ein und versucht die verschiedenen Aspekte zusammenzuführen.
Roth gelingt es, intensiv auf die Kommunikation verschiedener Gruppen einzugehen, darauf, was es bedeutet, zwischen zwei „Fronten”, sprich: Nationen zu stehen und stellt die Frage in den Raum, ob die Siebenbürger Sachsen letztlich Deutsche oder Rumänen sind. Sie betrachtet das Zusammenspiel dieser Minderheit mit anderen Kulturen der Region und erklärt, wie diese durch verschiedenste Faktoren verschmelzen.
Die Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen erläutert Roth ausführlich und schafft es, 850 Jahre Vergangenheit zusammenzufassen und einen Bezug zum Europa von heute herzustellen.
Sie erklärt die Entstehung der Religionen im historischen Kontext und wie verschiedene Institutionen während der Zeiten als Medien, wie wir sie heute verstehen, fungiert haben. Sei es die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien, die Museen oder der Siebenbürgische Karpatenverein (SKV). Dabei erklärt sie, wie unsichtbare Medien agieren und die Geschichte prägen. Auf den SKV geht sie noch einmal intensiver in ihrem jüngsten Buch „Naturaliser la montagne“ ein und wie wichtig dessen Rolle für die Identität der Deutschen in Rumänien war.
Außerdem behandelt Roth intensiv das Thema Nationalismus und wie die Diktaturen des Nationalsozialismus und später des Kommunismus die Minderheiten geprägt haben.
In dem Kapitel zur Sprache führt Roth eindrückliche Beispiele vor, wo sich Begriffe im Sprachraum doppeln, sodass man den direkten Zusammenhang zur Gegenwart versteht. Roth verknüpft diese Punkte mit der Bedeutung der Kunst in Architektur, Literatur, Malerei und weiterem und wodurch diese geprägt sind. Letztlich geht sie darauf ein, wie all diese Einflüsse einen Corpus bilden, der, gezeichnet durch eine Multiperspektive, die Identität einer Kultur darstellt.
All diese Aspekte ergeben ein lehrreiches Gesamtwerk, das sich intensiv mit der Kultur der Siebenbürger Sachsen auseinandersetzt und viele Fragen beantwortet. Zudem bezieht Roth eigene Erfahrungen in ihr Buch mit ein, was eine angenehme Nähe zum Lesenden schafft. Mit einer guten Sprache, einer angenehmen Unterteilung der Kapitel und einem intensiven Auseinandersetzen zum gewählten Thema, erzählt Roth die Geschichte einer Minderheit und entschlüsselt dabei eine vielschichtige Kultur.
Carolin GRAW