„Keine Routine im Redaktionsalltag‟

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Streiflichter aus 50 Jahren deutsche Sendung im Rumänischen Fernsehen

Ausgabe Nr. 2650

 

Das Team der deutschen TV-Sendung in Bukarest heute (v. l. n. r.): Tiberiu Stoichici, Alex Mihăilescu, Adriana Constantin, Alexandru Ciornei, Anamaria Dimitrescu, Laura Moser, Irina Delca, Alex Calcan, Christel Ungar-Țopescu, Sonja Argint-Ionescu, Dragoș Tudor, Cristian Dudu und Radu Constantin. Foto: Beatrice UNGAR

Nicht immer ein leichtes Leben hatte die Deutsche Sendung des Rumänischen Fernsehens in in ihren fünf Jahrzehnten, doch jetzt darf gefeiert werden: Am 29. November 1969 – es war ein Samstag – wurde von 17 bis 18 Uhr die erste deutsche Fernsehsendung ausgestrahlt, zwölf Jahre nach der Gründung des Rumänischen Fernsehens.

 „Offen, tolerant und demokratisch” wollte sich die kommunistische Regierung Ende der 60-er Jahre gegenüber den Minderheiten zeigen und gründete mehrere Minderheitensendungen und -zeitungen. So wurde auch die deutsche Sendung ins Leben gerufen, schreibt Christel Ungar-Țopescu, langjährige Mitarbeiterin und Chefredakteurin der Sendung, zur Zeit Mitglied des Aufsichtsrates des öffentlich-rechtlichen rumänischen Fernsehsenders (Televiziunea Română).

Die bewegte Geschichte der Sendung geht weiter, zunächst mit „guten” Nachrichten: Mitte der 70-er Jahre hat sie die beste Sendezeit ihres „Lebens”: freitags von 17 bis 19.15 Uhr. Tatsächlich ist die Sendung aber genau geplant,  es gibt – wie für die gesamte Presse in Rumänien – ein Pflichtprogramm, das mit  Industriereportagen und Nachrichten beginnt und dann einen klaren Ablauf hat: In der ersten Woche ein Theaterstück, in der zweiten Woche ein Konzert, in der dritten Woche ein Unterhaltungsprogramm unter dem Titel ,,TV-Kalender“ und in der vierten Woche ein Kulturfilm.

In den 80-er Jahren geht es aber bergab, die Sendezeit wird immer weiter gekürzt und beträgt 1985 nur noch 30 Minuten, um dann völlig gestrichen zu werden.

Gleich nach der Wende wird im Januar 1990 die deutsche Sendung wieder ins Leben gerufen, von den früheren Redakteurinnen Ildiko Schaffhauser und Renate Storch, die es anfangs sogar schaffen, eine sehr gute Sendezeit für die zweistündige Sendung zu erhalten: immer freitags, zwischen 17 und 19 Uhr, mit einer 45-minütigen Wiederholung am Samstag.

Die Redaktion beginnt zu wachsen, die Sendung wird aber im Laufe der nächsten Jahren in mehrere Sendungen zersplittert, die Sendezeit verschoben, bis es zum heutigen Programm kommt: Sieben Redakteure und drei Kameramänner, zwei Übersetzer, ein Schnittmeister und zwei Sekretärinnen betreuen die Sendung „Akzente“ auf TVR1, donnerstags von 15 bis 17 Uhr, eine Sendung auf TVR 2, dienstags von 14 bis 14.30 Uhr und eine Sendung auf TVR  International, zwei Mal im Monat, montags von 14 bis 15 Uhr.

Alex Mihăilescu, Chefredakteur der Deutschen Sendung und Christel Ungar-Țopescu sind seit 1990 sind dabei, kümmern sich seit Wochen auch um die Feier zum 50. Jubiläum der Sendung, die heute in Hermannstadt stattfinden wird.

Der Alltag sieht in der Redaktion seit einigen Wochen anders als gewöhnlich aus, denn TVR sendet jetzt in HD, was den Mitarbeitern zusätzliche Arbeit bringt. „Unsere Sendung musste immer früher fertig sein, weil ein Teil unserer Zuschauer nicht deutschsprachig ist, da muss sie übersetzt werden“, so Christel Ungar-Țopescu. „Unsere Arbeitswoche sah in den letzten 29 Jahren immer fast gleich aus”, erklärt Alex Mihăilescu, „seit einigen Wochen sind wir beim totalen Umkrempeln, was auch den Alltag sehr stark belastet.” Die Sendungen müssen noch früher fertig sein, denn zum Teil werden sie in HD konvertiert. Alex Mihăilescu: „Am Montag begann die Woche ein bisschen piano, Dienstag und Mittwoch wurde gearbeitet, dass die Fetzen flogen, und am Donnerstag war der große Höhepunkt der Woche: die Sendung. Ab Freitag waren und sind auch jetzt noch einige von uns auf Ausfahrten. Jetzt müssen spätestens Mittwoch früh alle Beiträge fertig sein, denn sie müssen noch konvertiert und bearbeitet werden und alles dauert sehr lange…” Die Erneuerungen brachten nicht nur mehr Arbeit, sondern auch ein neues Studio, das den Namen des 2018 verstorbenen Sportkommentators Cristian Țopescu trägt.

Auch wenn die Nerven in der Redaktion manchmal blank liegen, ist die Sendung auch ab jetzt immer pünktlich zu sehen, versprechen die beiden Redakteure. „Wir decken das ganze Land ab, ab und zu auch Deutschland und Österreich”, sagt Christel Ungar-Țopescu, „durch die Internetpräsenz hat sich auch das Publikum verändert und wir erhalten auch mehr Unterstützung.“ Weiterhin schwierig mit dem neuen Programm ist es, „dass wir oft die Sachen im letzten Moment erfahren und nicht dabei sein können“, so die Redakteurin, „und wir bitten unsere Zuschauer, dass sie uns zur Zeit verständigen, denn wir müssen mit der ganzen Technik dort antanzen und wir müssen auch zum Teil recht lange Strecken bis zu unseren Filmgebieten zurücklegen – nach Sathmar, Oberwischau und Bistritz dauert zum Beispiel nur die Fahrt einen ganzen Tag.“

„Wir haben eine Sendung, die ist wie ein Magazin konzipiert, von Nachrichten bis zum Quiz ist alles drin, die Themen betreffen natürlich hauptsächlich die deutsche Minderheit in Rumänien, aber auch die Deutschen, die in Rumänien leben”, so die Redakteurin. Dabei versuchen sie, alle Teile des Landes zu erreichen, da freuen sich die Redakteure immer über Unterstützung – von der Logistik bis zur Finanzierung, denn besonders die Auslandsreisen sind kostenintensiv.

Als Anspielung auf das Interview, das Annemarie Schuller (Weber) mit Hans Liebhard zum 10. Jubiläum führte (Die Woche Nr. 628/28. Dezember 1979), fragte die HZ die zwei Redakteure, ob sie sich während ihrer Sendungen langweilen würden. „Nein, ich bestimmt nicht”, lacht Christel Ungar-Țopescu und Alex Mihăilescu ergänzt: „das muss man unsere Zuschauer fragen…”. „Wir bemühen uns, interessante Beiträge zu machen, damit die Zuschauer nicht wegschalten. Außerdem gibt es keine Routine, denn auch wenn es die gleichen Events sind, ist es nie dasselbe, die Menschen sind nicht die gleichen, der Mittelpunkt ist immer ein anderer…”, sagt die Redakteurin. „Das größte Problem ist eigentlich, dass zu viel Material weggelassen wird…”, sagt sie. Alex Mihăilescu: „Es ist ein innerer Kampf, auf was man verzichtet, weil man immer persönlich sehr impliziert ist…“

Angesprochen wurden auch Erfolge und Enttäuschungen, da kamen nach und nach Erinnerungen hoch: „Ein Erfolg war die Ausfahrt nach Bad Goisern in Österreich, mit Arno Ungar und die Auszeichnung in Berlin von Dr. Paul Philippi…“, sagt der Chefredakteur, „da sind ganz schöne Filme entstanden, und die sind nicht verloren gegangen…” Damit spricht er ein Problem des Rumänischen Fernsehsenders an: Viele Sendungen – nicht nur die deutschen – sind aus unterschiedlichen Gründen verloren gegangen. „Andrerseits finde ich es traurig, dass so viele Kirchenburgen – über die ich im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte berichtet habe – langsam einstürzen… das tut weh.”

„Mir haben viele Interviews Spaß gemacht, wie das mit Anne Sophie Mutter, oder der Film mit Eginald Schlattner, als er zum ersten Mal überhaupt über den Schriftstellerprozess erzählt hat. Das sind nicht nur Sachen, die stolz machen, sondern auch Kraft für später geben. Ich freue mich auch auf meine neue Serie – Frauenpower -, die ist ganz anders aufgebaut. Meine Enttäuschung ist, dass man manchmal nicht dort sein kann, wo man will, und manchmal ist es dann zu spät, weil man einige Menschen nicht mehr erreicht. Gegen die Zeit kann man nicht kämpfen.”

Finanziert wird die Sendung wie TVR auch: „Wir sind Teil des Rumänischen Fernsehsenders und haben dieselbe Finanzierung wie dieser und seit zwei Jahren hängen wir vom Staatsbudget ab. Wir machen einen Vorschlag für Budget, der wird besprochen und die Nöte, die man hat, werden größtenteils respektiert. Dieses Jahr gab es auch durch die 50-Jahr-Feier ein bisschen mehr Geld“, so die Aufsichtsrätin… „…aber wir haben auch magere Jahre überlebt, da haben wir manche Sendungen nur durch Eigenbeziehungen machen können”, fällt ihr der Chefredakteur ins Wort. Auf jeden Fall sind sich beide einig, dass es in den kommenden Jahren hoffentlich nicht mehr der Fall sein wird.

Einen Wunsch hegt die Redaktion noch, Christel Ungar-Țopescu fasst ihn ganz kurz zusammen: „Wir wünschen uns eine Sendung zu einer anderen Uhrzeit. Dann könnten mehr Menschen einschalten.” Bis dieser Wunsch in Erfüllung geht, kann man die neusten Sendungen auf Youtube sehen und als Zuschauer hoffen, dass das Rumänische Fernsehen zumindest ab jetzt bemüht ist, nicht noch mehr  Aufzeichnungen „alter Sendungen zu verlieren”.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Medien, Aktuelle Ausgabe.