Schengen-Zugang für Rumänien zum Luft- und Seeverkehr

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Wirtschaftsforum in Wien – Rumänische Botschaft in Österreich und Österreichische Wirtschaftskammer

Ausgabe Nr. 2864

S.E. der Botschafter von Rumänien in Österreich, Emil Hurezeanu.
Foto: Facebook-Seite der
Rumänischen Botschaft in Wien https://www.facebook.com/ambasadaromanieiaustria

Am 9. April 2024 hat die Agentur „Aussenwirtschaft Austria“ gemeinsam mit der Botschaft von Rumänien in Österreich zu einem Wirtschaftsforum eingeladen. Der klingende Titel mit sehr ernstem Hintergrund lautete: „Potenzial freisetzen: Rumäniens Schengen-Zugang zum Luft- und Seeverkehr – Katalysator für Investitionen und Unternehmenswachstum”. Die Aussenwirtschaft Austria, international bekannt als Advantage Austria ist die Internationalisierungs- und Innovationsagentur der österreichischen Wirtschaft mit Sitz in Wien und Büros in rund 100 Städten der Welt. Die Büros im Ausland unterhalten Kontakte mit den Behörden und anderen öffentlichen Stellen der jeweiligen Länder, in denen sie aktiv sind und knüpfen Kontakte zwischen österreichischen Unternehmen und potenziellen Kunden im jeweiligen Land.

Organisatorisch gesehen handelt es sich um eine Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich – deshalb fand das Forum auch in deren Räumlichkeiten statt.

Der politisch interessierte Leser kennt die „Verstimmung“ zwischen Rumänien und Österreich, nämlich als die österreichische Regierung im Jahr 2022 die Erweiterung des Schengen-Raumes der EU für Rumänien und Bulgarien mit einem Veto belegte. Als Grund für die Problematik wurden die „undichten“ Außengrenzen – speziell in Bulgarien – genannt – Grenzen die laut Österreich nicht ausreichend geschützt würden. Die hohe Zahl illegaler Grenzübertritte stünden in Verbindung mit konstant steigenden Asylanträgen in Österreich. Das alles führte und führt gesellschaftspolitisch zu einer folgenschweren Herausforderung für Österreich und seine Bürger. Die innerösterreichischen Konflikte verstärkten sich durch anwachsende Illegalität, oftmalige Inkompatibilität der Kulturkreise sowie steigernder Integrationsunwilligkeit der Migranten – parallel dazu schlitterte Österreich in eine wirtschaftliche Rezession gepaart mit hoher Inflation. Außerdem stehen im Herbst 2024 österreichische Nationalratswahlen an und das Thema Migration entwickelt sich hier tagespolitisch immer mehr zum heißen Eisen!

Anfang Dezember 2023 erklärte sich Österreich in Verhandlungen dann doch bereit sein Veto zu lockern, wenn Brüssel die EU-Außengrenzen stärkt. Somit wurde der Zugang für die größte visumfreie Zone ermöglicht und ab März 2024 gab es daher zwischen Rumänien und Österreich keine Luft- und Seegrenzkontrollen mehr. Wann die Kontrollen an den Landesgrenzen wegfallen, soll im Laufe des heurigen Jahres entschieden werden.

Das Forum in Wien war prominent besetzt. S.E. der Botschafter von Rumänien in Österreich, Emil Hurezeanu konnte neben zahlreichen hochkarätigen rumänischen und österreichischen Vertretern von Interessengruppen und Entscheidungsträgern aus dem Verkehrs- und Infrastruktursektor auch Bogdan Mîndrescu, den rumänischen Staatssekretär des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur begrüßen. Ebenso anwesend waren Doru-Claudian Frunzulică, der Vizepräsidenten der rumänischen Agentur für Investitionen und Außenhandel und die Manager des Hafens von Konstanza (Constanta).

Der Hafen Konstanza ist mit einem jährlichen Frachtvolumen von 75 Mio. Tonnen nicht nur der größte Seehafen Osteuropas, sondern auch der wichtigste Binnenhafen der Donauregion. Konstanza und weitere 25 Donau-Binnenhäfen sind bedeutende Logistikhubs, die die zentral- und osteuropäischen Binnenländer mit dem Osten und mit Asien verbinden. Nicht zuletzt aufgrund des durch den Krieg in der Ukraine bedingten vermehrten Frachtaufkommens wird massiv in den Ausbau der rumänischen Hafeninfrastruktur investiert, wofür auch bedeutende EU-Förderungen genehmigt werden.

S.E. Emil Hurezeanu betont, dass die Aufhebung der Schengen-Grenzkontrollen nicht nur ein wichtiger Schritt hin zu einer bilateralen Normalität darstellt, sondern es ist auch ein notwendiger Impuls für die Erschließung des Potenzials bilateraler Beziehungen beider Länder in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur mit den damit verbundenen Geschäftsfeldern. Doch der rumänische Botschafter bringt einen weiteren Aspekt in die Diskussion: „Man kann nicht über das Potenzial von Unternehmen und Investitionen in unserem Teil Europas sprechen, ohne auf die strategische Bedeutung der Donau einzugehen. Im Geiste der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Konvergenz in der Region haben Rumänien und Österreich vor 13 Jahren eine gemeinsame Initiative für einen regionalen Kooperationsrahmen in Europa gestartet – die EU-Strategie für den Donauraum, deren Vorsitz Österreich in diesem Jahr innehat. In unseren bilateralen Beziehungen hat die Donau die Rolle einer Autobahn, wenn ich so sagen darf, gespielt, die nicht nur den Personen- und Warenverkehr gewährleistet, sondern auch zu einem intensiven Austausch von Ideen und regionalen Entwicklungsinitiativen beiträgt.“ Es wird die hohe geopolitische Bedeutung Rumäniens deutlich gemacht, speziell auch als Anrainer des Schwarzen Meeres. Aufgrund des verstärkten politischen, praktischen und humanitären Engagements zur Unterstützung der Ukraine bietet Rumänien seinem vom Aggressorkrieg gezeichneten Nachbarland weiterhin multidimensionale Unterstützung an. Denn Rumänien hat bis dato eine entscheidende Rolle bei der Erleichterung der ukrainischen Getreideexporte zu den Weltmärkten gespielt. Seit Beginn des Krieges wurden mehr als 36 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide durch Rumänien – einschließlich über den Hafen Konstanza und der Donau – exportiert. Es folgen zahlreiche auch technische Beiträge zu dem wichtigsten Hafen Rumäniens, seinen modernen Anlagen, einem für die Zukunft ausgerichteten Containerverteilzentrum für die Schwarzmeerhäfen, Zolleinrichtungen für Handelsgeschäfte und eine sehr gut angebundene Verkehrsinfrastruktur. Ebenso wird auf die Wichtigkeit der Flughäfen Rumäniens im Rahmen der teilweisen Schengenöffnung verwiesen. Auch dabei stehen neben freier Reisemöglichkeit für rumänische Staatsbürger als EU-Bürger die vielfältigen wirtschaftlichen Möglichkeiten im Vordergrund. Die Wirtschaft Rumäniens sollte nicht durch Kontrollen beeinträchtigt werden. Deshalb muss ebenso die Öffnung der Landesgrenzen in absehbarer Zeit folgen. Oder, um nochmals den rumänischen Botschafter zu zitieren: „Nur dann kann das volle wirtschaftliche Potenzial ausgeschöpft werden und unsere beiden Länder können in einem sicheren Klima gedeihen.“

Der visumfreien Zone des Schengen-Raums gehören derzeit 27 europäische Länder mit rund 400 Millionen Bürgern an. Darunter sind 23 EU-Länder und vier Partnerstaaten: die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.

Ingrid WEISS

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Politik.