Streiflichter vom sechsten Evangelischen Kirchentag in Kronstadt
Ausgabe Nr. 2549

Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner schloss die Reihe der Predigten im Eröffnungsgottesdienst in der Schwarzen Kirche ab. Ihr zur Seite stand Musikwart Jürg Leutert mit dem Kirchenburgen-Hinweisschild. Foto: Beatrice UNGAR
Unter dem Motto „Aus gutem Grund. Evangelisch in Rumänien“ fand vom 29. September bis 1. Oktober in Kronstadt der Evangelische Kirchentag statt, der dem 500. Reformationsjubiläum gewidmet war und den die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien erstmals gemeinsam mit der ungarischsprachigen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rumänien ausgerichtet hat. Zum Auftakt am Freitag Abend in der evangelisch-lutherischen Kirche an der Bahngasse begrüßten Bischof Reinhart Guib bzw. Bischofsvikar Jozséf Zelenak die zahlreichen Gäste.
Das Motto treffe vor allem für diejenigen zu, die bewusst – gemeint war: als Erwachsene – der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien beigetreten sind, sagte Diana Mureșan beim Podiumsgespräch am Samstag Nachmittag im Festzelt auf dem Honterus-Hof, das Pfarrer Stefan Cosoroabă moderierte. Die Dipl.-Apothekerin aus Mediasch erzählte, sie sei als Kleinkind zwar rumänisch-orthodox getauft worden, sei dann aber als 14-Jährige durch die Konfirmation in die evangelische Kirchengemeinde A. B. in Mediasch aufgenommen worden. Dieser Entwicklung in der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien wurde eben dadurch Rechnung getragen, dass die Mediascherin Gast der sehr gut besuchten Podiumsdiskussion war. Das Podium ergänzten Stadtrat Géczi Gellért (Siebendörfer, Präses i. R. Nikolaus Schneider (Berlin) und der aus der Schweiz stammende Theologe Prof. Dr. Stefan Tobler vom Departement für Protestantische Theologie der Lucian Blaga-Universität Hermannstadt.
„Heute ist Gott evangelisch“ schwärmte der Michelsberger Kurator Michael Henning angesichts der strahlenden Sonne am Samstag. Und ca. 1.000 Kirchentagsbesucher freuten sich mit ihm. Der Michelsberger war übrigens beim Pflanzen des siebenten Apfelbäumchens in Karpfen in der Slowakei (slowakisch Krupina, ungarisch Korpona) dabei. Das achte Apfelbäumchen wurde im Hof der Obervorstädter Kirche gepflanzt.
Stellvertretend für die zahlreichen Gäste von den Landeskirchen und kirchlichen Gremien der Evangelischen Kirche in Deutschland sei aus einer E-Mail zitiert: „Die Gastfreundschaft der Kirche hat uns beeindruckt und die vielen Begegnungen, Veranstaltungen und damit verbundenen Erlebnisse haben mir gezeigt, welche Herausforderungen die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien bewältigen musste und auch heute noch in diesem Veränderungsprozess steckt. Unsere Kirche kann viel von Euch lernen, dessen bin ich mir gewiss.
Ich hoffe, der Kirchentag war auch für alle Mitglieder der Kirche eine Zeit der Stärkung und Gemeinschaft und das ist ja etwas, was lange trägt“, schreibt Annette Salomo, Vorsitzende der Vereinten Evangelischen Mission (Evangelische Kirche von Westfalen), die am Sonntag im Gottesdienst in Weidenbach Grüße ihrer Kirche überbrachte.

Die Stadtpfarrer Christian Plajer (Honterusgemeinde) und István Koszta (evangelisch-lutherische Gemeinde) begrüßten gemeinsam die Gäste zum am Abend der Begegnung zum Auftakt des Kirchentages am Freitag Abend in der evangelisch-lutherischen Kirche. Foto: Beatrice UNGAR
Frank-Thomas Ziegler vom Organisationskomitee zieht folgende Bilanz: „Unser Kirchentag war dazu angestimmt, Gott und dem Glauben vollkommenen Raum zu gewähren. Denn, wie es richtig im Augsburger Bekenntnis von Festen und Feierlichkeiten, von ‚kirchlichen Ordnungen‘ (Kap. 15) heißt, sind ‚Ordnungen der Kirche, die von Menschen gemacht sind‘, nicht ’nötig zur Seligkeit‘. Kurz gefasst: Feierlichkeiten sind schön, aber nichts wert, wenn der Glaube fehlt. Was Gott fröhlich stimmt und das Leben gegen jeden Widerstand gelingen lässt, ist der reine Glaube“.
Gefehlt haben die Handarbeitskreise mit ihren Ständen dann doch: Es war zum Teil sehr frisch und da hätte wohl der eine oder andere gerne Wollsocken oder Handschuhe erstanden, oder auch eine Wollmütze… Andererseits ist es dem klaren Verstand dienlich, wenn die Außentemperaturen etwas niedriger sind. Der Kirchentag war sehr gut durchdacht und bot allen, die sich tatsächlich mit ihrem (evangelischen) Glauben auseinandersetzen wollten, beste Gelegenheiten. Wie Stadtpfarrer Christian Plajer es im Vorfeld formulierte: „Die Vorbereitungsgruppe habe das erprobte Modell des Volksfestes bewusst gemieden und das traditionelle Format von Großveranstaltungen verlassen, die in unserem Raum erfolgreich Fuß gefasst haben (Blasmusik, Volkstanzgruppen, Verkaufsstände u. a. m.). Die, von diesem Standpunkt aus betrachtet, asketische Gestaltung soll dem Schwerpunkt des Kirchentags dienen.“
Doch am eindrucksvollsten war der Eröffnungsgottesdienst mit den vier thematisch chronologisch angesetzten unter dem Motto „Die vier Zeiten“ stehenden Predigten und der exzellenten Darbietung des Kirchentagchores, der Sängerinnen und Sänger aus mehreren Gemeinden der Landeskirche vereinte. Zukunftsweisend die Predigt von Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner, die noch lange in den gedanken der Kirchentagsbesucher nachhallen wird. Spätestens dann, wenn sie auf ihren Fahrten durchs Land das Hinweisschild „Biserică Evanghelică Fortificată“ sehen werden. Davon schwärmte nämlich die Mediascher Pfarrerin: Sie freue sich, sagte sie, dass auf dem Hinweisschild das Wort „Evanghelică“ (Evangelisch) steht, nicht nur „Biserică Fortificată“ (Wehrkirche/Kirchenburg).
Der krönende Abschluss am Samstag Abend war die Messe von Kronstadt „Credo in Unum Deum“, deren Teile von fünf verschiedenen Musikern (Zoltán Szalay, Steffen Schlandt, Heinz Acker, Șerban Marcu und Brita Falch-Leutert) komponiert worden war und die unter der Leitung von Steffen Schlandt von dem Projektchor des Kirchentags und Solisten vorgetragen wurde. Die Messe wird am 15. Oktober in Miercurea Ciuc/Szeklerburg, erneut aufgeführt. Die Hermannstädter müssen noch warten, denn die Sauer-Orgel in der evangelischen Stadtpfarrkirche ist derzeit verstimmt.
Beatrice UNGAR