Ausgabe Nr. 2420
>
Antrittsbesuch von Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis in Berlin
„Es ist heute ein historischer Tag, ein sehr gutes Zeichen nicht nur für Europa, Deutschland, sondern auch für uns Siebenbürger Sachsen im Allgemeinen. Dass heute mit Klaus Johannis ein Landsmann als Staatspräsident unseres Herkunftsgebietes, unserer Heimat, die Bundeshauptstadt Berlin besucht, ist ein wirklich bewegendes Moment, weil es zeigt, dass wir Deutschen, die Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, die Sathmarschwaben und alle anderen Landsleute in Rumänien, nicht nur eine gute Brücke innerhalb der rumänischen Gesellschaft bilden, sondern auch im Europa des 21. Jahrhunderts angekommen sind und es aktiv mitgestalten", sagte Bernd Fabritius MdB, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen der Siebenbürgischen Zeitung, deren Chefredakteur Siegbert Bruss im folgenden von dem Antrittsbesuch am Donnerstag der Vorwoche berichtet:
Der neue Staatspräsident Rumäniens Klaus Johannis erweist sich als enormer Gewinn für sein Land. Bei seinem Antrittsbesuch am 26. Februar in Berlin bekräftigte der Siebenbürger Sachse die starke europäische Bindung Rumäniens und kündigte eine aktivere Rolle seines Landes bei der Vertiefung der Europäischen Union an. Die jüngste Krise in der Ukraine und der Konflikt Russlands mit der Europäischen Union rücken auch das benachbarte Rumänien in den Fokus internationaler Aufmerksamkeit. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Klaus Johannis sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel „von einem sehr anregenden, sehr freundschaftlichen“ Austausch, den man fortsetzen wolle. „Wir werden uns regelmäßig bei den Europäischen Räten begegnen und dann auch eine gemeinsame Agenda hinsichtlich der Ukraine bis hin zu anderen außenpolitischen und europapolitischen Herausforderungen haben.“ Johannis' Staatsbesuch blieb zwar in den deutschen Medien weitgehend unbeachtet, erhöht aber schlagartig die außenpolitische Bedeutung Rumäniens, markiert eine Vertiefung der deutsch-rumänischen Beziehungen und zeigt, dass die rumänische Zivilgesellschaft und Diaspora in nachhaltige innenpolitische Reformen einbezogen wird.
Nach der Begrüßung mit militärischen Ehren auf Schloss Bellevue empfing Bundespräsident Joachim Gauck das Staatsoberhaupt Rumäniens zu einem gemeinsamen Mittagessen. Die deutsche Minderheit in Rumänien sei ein wichtiger Grund für die rumänisch-deutsche Verbundenheit, betonte Gauck, der das Land schon Anfang der neunziger Jahre besucht hatte. „Sie bereichert nicht nur unsere bilateralen Beziehungen, sondern ebenso das gesellschaftliche und kulturelle Leben in unseren beiden Ländern.“ Klaus Johannis habe zuerst als Bürgermeister Hermannstadts und nun im höchsten Staatsamt Verantwortung für sein Land übernommen und verkörpere so „den Gestaltungswillen der deutschen Minderheit Rumäniens“. Die Bande zwischen unseren Ländern seien tief, die kulturelle, historisch gewachsene Verbundenheit reiche zurück bis ins Mittelalter. Die heutige Kooperation gründe auf gemeinsamen Werten und finde ihren Ausdruck in der gemeinsamen Mitgliedschaft in wichtigen Bündnissen und Zusammenschlüssen von Staaten, sagte das deutsche Staatsoberhaupt. Als Beispiele der bilateralen Zusammenarbeit erwähnte Gauck den Jugendaustausch, die Förderung der deutschen Sprache, kommunale Partnerschaften, die Handelsbeziehungen (Deutschland ist mit einem Handelsvolumen von mehr als 20 Milliarden Euro Rumäniens größter Handelspartner) und den Einsatz deutscher Unternehmer für die duale Berufsausbildung in Rumänien.
Zudem sprachen die beiden Staatschefs über ihre gemeinsame Schirmherrschaft für die Stiftung Kirchenburgen der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien sowie über die Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Klaus Johannis Auskunft über ihr einstündiges Gespräch, in dem vor allem Fragen der europäischen Kooperation und aktuelle Entwicklungen in Rumänien erörtert wurden. So ging es um Fragen der europäischen Außenpolitik mit den Nachbarn Rumäniens, die zum Teil von großer strategischer Bedeutung sind: den westlichen Balkan, die Frage der Republik Moldau und die Situation in der Ukraine, „die aus der Perspektive Rumäniens natürlich nicht ganz so weit weg wie aus der deutschen Perspektive ist, wenn man sich einfach die geographischen Verbindungen anschaut“, so die Kanzlerin. Die Republik Moldova sei Teil der Östlichen Partnerschaft, ein Assoziierungsabkommen wurde unterzeichnet, das jetzt im Ratifikationsprozess im Deutschen Bundestag sei. Darüber werde die Republik Moldova auch erhebliche Hilfe von der Europäischen Union bekommen. „Wir sind auch politisch sehr eng mit Moldawien verbunden – das gilt im Übrigen für Rumänien und für Deutschland.“ Deutschland habe sich in den 2+5-Gesprächen um die Transnistrien-Frage gekümmert, ohne eine zufriedenstellende Lösung zu erzielen. Dennoch sehen weder Merkel noch Johannis eine akute Gefahr, dass der Konflikt aus der Ukraine in die Republik Moldova überschwappen könnte.
Angela Merkel würdigte – mit Blick auf den jüngsten Bericht der Europäischen Union – die Fortschritte Rumäniens bei der Stärkung des Rechtsstaates und der Korruptionsbekämpfung und ließ eindeutig erkennen, dass sie den Wunsch Rumäniens für den baldigen Schengen-Beitritt, den Klaus Johannis dezidiert vorgetragen hatte, unterstützen werde. „Wir werden schauen, dass wir auch in dieser Hinsicht schrittweise einen Fortschritt erzielen können, und wir werden darüber auch mit unseren europäischen Partnern sprechen.“ Ein Termin bis Jahresende kommt zwar nicht in Frage, aber der Wunsch Rumäniens sei „berechtigt“.
Die Stärkung des Rechtsstaates und Korruptionsbekämpfung in Rumänien müssen nach Ansicht der Europäischen Union fortgesetzt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Arbeit der Justiz, übte aber diskrete Kritik an dem rumänischen Parlament, das sich weigere, die Immunität einzelner Parlamentarier aufzuheben und dadurch die Ermittlungen der Justizbehörden wegen Korruptionsverdachts behindere. Dies erklärte Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, in einer Pressekonferenz am vergangenen Samstag in Hermannstadt. Porr gehörte neben den Präsidialberatern Dan Mihalache (Leiter des Präsidialamtes), Lazăr Comănescu (Leiter des Departements für Außenpolitik), Leonard Orban (Europäische Angelegenheiten), Sergiu Nistor (Kultur) und George Scutaru (Sicherheit und Verteidigung) zur offiziellen Delegation des Präsidenten, der in Begleitung seiner Gattin Carmen Johannis nach Berlin angereist war.
Unterstützung erhielt Klaus Johannis von der Bundeskanzlerin auch beim Thema Armutszuwanderung aus Rumänien, das in deutschen Medien kontrovers diskutiert wird. „Ich glaube, wir sollten hier nicht pauschalisieren“, beantwortete Merkel die Frage eines Journalisten, die eigentlich an Johannis gerichtet war. „Natürlich ist zum Teil auch von Armutszuwanderung die Rede, aber wir haben auch sehr viele qualifizierte Fachkräfte aus Rumänien, die im Sinne der Freizügigkeit hier ihre Arbeit machen. Deshalb sollten wir das, glaube ich, durchaus auch erwähnen“, betonte die Bundeskanzlerin.
Klaus Johannis bedauerte, dass man eher über die Armutszuwanderung, die zahlenmäßig nicht so wichtig sei, spreche und dabei oft ein wichtiges Phänomen übersehe, „das ein Problem für Rumänien und ein Gewinn für Deutschland ist: nämlich die Migration von sehr gut qualifizierten Arbeitskräften, die aus Rumänien auswandern und nach Deutschland kommen“. Es sei eine Herausforderung, das zu stoppen, indem „wir in Rumänien eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und bessere Gehälter – besonders für die Jugendlichen – erzielen und wenn wir durch Transparenz in den öffentlichen Ausschreibungen, aber auch, was die Karriere im privaten Raum betrifft, den Jugendlichen eine gute Chance, eine wirkliche Chance auf einen Lebenslauf in der öffentlichen oder in der privaten Ebene gewähren“.
Abends traf Klaus Johannis rund 300 Vertreter der rumänischen Diaspora, der siebenbürgischen und Banater Verbände in der Rumänischen Botschaft in Berlin. Der 55-jährige Politiker dankte den rumänischen Bürgern, die durch ihre Teilnahme an den Wahlen am 16. November 2014 den „Triumph der Demokratie“ ermöglicht haben. Sie hätten ihr Land nicht aufgegeben, sondern einen außerordentlichen Einsatz und Zuversicht gezeigt, um die Zustände zu ändern. Die wichtigsten Aussagen aus Johannis' Ansprache werden im Folgenden in deutscher Übersetzung wiedergegeben.
„Wir stehen am Anfang eines gemeinsamen Weges, der überhaupt nicht leicht ist und an dessen Ende sich Ihre Erwartung und mein Versprechen befinden: ein wohlhabendes Rumänien, ein Rumänien der Chancen und Möglichkeiten, ein Rumänien, das seine Bürger schätzt und in dem Arbeit und Bildung geschätzt werden. Rumänien verzeichnet eine stets wachsende Diaspora in Deutschland. Sie vertreten uns hier und in ganz Europa. Sie werten Ihre Nation auf, indem Sie seriös, effizient und professionell in Ihren jeweiligen Bereichen arbeiten. Sie alle sind Botschafter Rumäniens und durch alles, was Sie machen, bauen Sie den guten Ruf Ihres Landes auf. Ich möchte, dass diese meine Worte möglichst viele unserer Mitbürger hier in Deutschland erreichen. Zusammen mit den Rumänen im Lande haben Sie Rumänien die Chance einer anderen Zukunft eröffnet.“
Siegbert BRUSS
„Wir haben den Wahlkampf in Rumänien verfolgt, und es wird uns niemand in Deutschland übel nehmen, dass wir uns über den Sieg von Klaus Johannis gefreut haben, denn er ist ja auch ein Vertreter der deutschen Minderheit", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Rumäniens Präsident Klaus Johannis. Foto: Siegbert BRUSS