Ausgabe Nr. 2390
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Vogelschützer brauchen Unterstützung der Electrica
Seit 15 Jahren zählt das Team die Storchennester und ihre Bewohner im Kreis Hermannstadt und die Ergebnisse sind in diesem Jahr mindestens zufriedenstellend: Im Durchschnitt leben in jedem Nest drei Jungstörche, sagen Friedrich Philippi und seine Freunde aus Brandenburg Anselm und Matthias Ewert. Recht gut im Vergleich zu anderen EU-Ländern, jedoch könnte man im Kreis schon mehr für die Störche tun. Noch macht allerdings der Stromanbieter Electrica nicht mit, doch der wäre einer der wichtigsten Partner in einer Schutzkampagne für diese Vogelart.
Erst am Ende der Zählung kann man genau sagen, wie der Kreis Hermannstadt im Vergleich zu anderen Gebieten Rumäniens, aber auch zu den anderen Jahren steht, doch das Team war bisher zufrieden. Es wurde bereits in mehreren Dörfern gezählt, zum Beispiel von Orlat bis Zoodt in der Mărginime, im Oberen Harbachtal aber auch in der Hermannstädter Senke. Bisher kann man von einem „guten Durchschnitt” sprechen. Besonders gut abgeschnitten hat Großau, denn in 31 besetzten Nestern ziehen 24 Storchenpaare 74 Jungstörche groß – sieben Paare haben keinen Nachwuchs.
Verglichen werden die Ergebnisse mit denen aus anderen Kreisen, wo die Störche mehr Unterstützung seitens der Menschen erhalten. „Im Kreis Kronstadt zum Beispiel hat jedes Nest einen Untersatz”, erklärt Friedrich Philippi, Nisthilfen fehlen im Kreis Hermannstadt bis auf Großau fast vollkommen. Der Kreis Muresch steht genau so gut, nur die Stromversorger im Kreis Hermannstadt tun nichts in dieser Richtung. Dabei würde man nicht nur den Störchen helfen, die somit einen sicheren Brutplatz erhielten, so Anselm Ewert , das wäre auch sicherer für die Energieversorgung. Ohne Untersetzer gibt es das Risiko, dass es zu einem Kurzschluss kommt, und dann „müssen die Elektriker, ob sie wollen oder nicht, das Nest hinunterwerfen, wenn sie die Leitung wieder reparieren wollen“.
Zuständig dafür sollte der Stormversorger sein, und man könnte sogar von einer Win-Win-Situation sprechen, denn „es ist auf die Dauer billiger, die Nisthilfen zu bauen, als immer wieder Reparaturen durchzuführen”, so Philippi. Zu dieser Einsicht sind die Verantwortlichen für die Instandhaltung der Stromleitungen im Kreis Hermannstadt leider noch nicht gekommen. „Wir denken darüber nach”, erklärte Anselm Ewert, „den Naturschutzbund NABU – der größte Naturschutzverein Deutschlands – zu bitten, uns zu unterstützen und hoffen, dass wir mit dem Stromversorger ins Gespräch kommen. Übrigens, NABU hat auf seinem Wappenzeichen einen Storch abgebildet“.
Im Kreis Hermannstadt gibt es allerdings einen viel größeren Konflikt, der nicht nur die Störche aus der Gegend gefährdet, sondern auch die Störche, die in anderen Ländern Europas nisten, aber hier durchfliegen und eigentlich alle Großvögel, wie zum Beispiel Eulen und andere Greifvögel. Es geht darum, Hauben auf Masten mit Quertraversen anzubringen, damit die Mittelspannungsleitungen abzudecken und so die Vögel zu schützen, die darauf rasten. „Das sind die reinsten Todesfallen für die Großvögel”, sagt Anselm Ewert. „In Deutschland wurden diese bereits entschärft, also mit Hauben isoliert, außerdem ist es inzwischen verboten, solche Masten zu bauen.”
Ein Teil des Problems könnte bereits ganz leicht gelöst werden, denn Miruna Gritu aus Großau, vom Verein Prietenii Berzelor, hat vor zwei Jahren von Anselm Ewert 170 solche Hauben erhalten und weiß auch, an welchen Leitungsabschnitten die meisten Störche verletzt werden, doch hat sie Electrica bisher nicht überzeugen können, diese anzubringen. Dabei fehlt nicht einmal die Expertise oder die Erfahrung, denn im Oberen Harbachtal wurden im Rahmen eines europäischen Projektes diese Masten bereits entschärft, das müsste eigentlich nur noch flächendeckend im ganzen Kreis gemacht werden. Dazu Philippi: „das Land Brandenburg hat bereits eine Partnerschaft mit der Region Mitte, vielleicht können wir dieser Zusammenarbeit ein solches Projekt anschließen.”
Dabei steht Rumänien im internationalen Vergleich noch gut da! Anselm Ewert: „Im Vergleich zu Deutschland steht Rumänien deutlich besser bei der Anzahl der flügge gewordenen Jungen pro Brutpaar, denn hier werden die Störche noch satt. In Deutschland ist das aufgrund der intensiven Landnutzung nicht mehr der Fall, seit 40 Jahren nimmt diese Zahl kontinuierlich ab.” Dabei kann es noch schlimmer kommen. Der dänische Storchenexperte Hans Skov will ebenfalls mit Friedrich Philippi hier bei der Storchzählung helfen, denn in seinem Land konnte er nur noch das Aussterben dieser Art dokumentieren – in Dänemark gibt es nur noch zwei Storchennester. „Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen!”, sagt Philippi und seine Kollegen sind offensichtlich bereit, ihm dabei zu helfen.
Ruxandra STĂNESCU
Peter Pöhls mit Sohn Simon, Friedrich Philippi, Anselm und Matthias Ewert (v. l. n. r.) vor dem Haus in der Wiesengasse in Hermannstadt, in dem sich die HZ-Redaktion befindet. Foto: Cynthia PINTER