„Der Mai ist gekommen“

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Ausgabe Nr. 2379
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Maisingen und Maiblasen im Kreis Hermannstadt

 

 

Muss das denn sein? Schon 7 Uhr morgens am freien Tag der Arbeit auf die Michelsberger Burg steigen?" Solche Fragen gab es immer wieder zu hören. Die Antwort darauf konnten aber nur jene finden, die auch in diesem Jahr am 1. Mai pünktlich da waren zum Maisingen, das seit eh und je zur Tradition gehört. Es hat wohl nichts mit dem viel später ausgerufenen Tag der Arbeit zu tun. Die Tatsache, dass der 1. Mai arbeitsfrei ist, ermöglichte und ermöglicht allerdings die zahlreiche Teilnahme.

 

 

Wie auch im Falle anderer Feste, wird auch der Brauch, in den siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden den Mai am 1. Mai frühmorgens mit Gesang oder Blasmusik zu empfangen, nicht mehr nur von den Siebenbürger Sachsen gepflegt. Nicht nur in Michelsberg, auch in Neppendorf oder Probstdorf im Oberen Harbachtal sowie in Mediasch machten alle mit, die den Mai musikalisch begrüßen wollten.

Auf der Michelsberger Burg kamen rund 150 Menschen zusammen, aus Heltau, Hermannstadt, Alzen und Deutschland, ja sogar aus den Niederlanden und aus den USA, um den Mai zu begrüßen. Das beliebte Mailied „Der Mai ist gekommen" stimmten die Schülerinnen und Schüler von der deutschsprachigen Grundschule aus Heltau zur Gitarrenbegleitung ihrer Kollegen und einiger Lehrerinnen unter der Leitung von Lehrerin Julie Henning an, die Anwesenden sangen gerne mit.  Auch andere beliebte Weisen wurden dann beim Offenen Singen mit der Alzener Kuratorin Rosemarie Müller angestimmt. Nach einer kurzen zweisprachigen Andacht mit Pfarrer Stefan Cosoroabă in der romanischen Kirche gab es ein gemeinsames Frühstück und die Kinder konnten sich auf dem Gelände der Burg an einer Schatzsuche beteiligen. Wer alle roten Buchstaben fand, hatte sehr schnell auch das Lösungswort beisammen. Es lautete „Kirschblüte". Die zehn Besten erhielten als Belohnung je ein T-Shirt von der Hermannstädter Zeitung, alle Teilnehmenden bekamen einen Saft und eine Süßigkeit.

Ein Maiblasen gab es auch in diesem Jahr in Neppendorf. Die H-Musikanten marschierten durch die Straßen und wurden von einigen Neppendorfern eingeladen zu einem guten Trunk, Krapfen und Kuchen. Eine wichtige Station war der Hof des Tagungshauses der Evangelischen Akademie Siebenbürgen. Hier tanzten die Anwesenden, darunter auch die Konsulin Judith Urban und ihr Gatte sowie die Mitglieder des Männerchors aus Annabichl und ihre Gattinnen spontan zu den Klängen eines Walzers. Alle feierten dann mit bei Gegrilltem im Restaurant „Zum Sepp", wo dann auch gesungen und getanzt wurde.

Laut Bärbel Schöfnagel hat Probstdorf, „das Dorf mit Tradition und Zukunft" auch heuer das traditionelle Maiblasen durchgeführt. Sie berichtet: Nebel umhüllt das Dorf. Trotzdem sieht man ab 6.30 Uhr aus allen Ecken des Dorfes die neun Musikanten mit ihrem Instrument, in der Musikanten-Uniform den Berg hinauf stapfen. Alle haben es auch heuer wieder geschafft. Der älteste Musikant ist 81 Jahre, der Jüngste 56.  Oben angelangt konnte man kaum 10 Meter sehen – das Dorf liegt still im Nebel.

Als dann 'Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus' gespielt wird, klingt die Melodie weit übers ganze Dorf. Nach einer Polka, Walzer, dem Siebenbürgenlied und noch ein paar Stücken war es geschafft und die Sonne blinzelte durch den Nebel. Während musiziert wurde, haben Helfer Feuer gemacht, den Speck gegrillt und so konnte man sich mit Speck, Brot und Schnaps stärken. Inzwischen hat es die Sonne auch geschafft: das gesamte Dorf liegt ruhig und klar vor uns und der Sommer kann kommen.

Es ist ein unglaublich schönes Erlebnis, wenn die Sonne langsam den Nebel vertreibt und zuerst die Kirchenburg und dann das gesamte Dorf sichtbar wird.

Natürlich geht es nun weiter zum Kurator, nach Roseln, dem Pfarrhaus und zu den anderen Sachsen um ein Mai-Ständchen zu bringen. Bis zum Abend wird dann musiziert und gesungen.  Es ist nun klar – der Winter hat seine Macht verloren und wir freuen uns auf die Wärme und den Sommer."

Früh am Morgen begann auch die musikalische Darbietung anläßlich des 1. Mai vom Glockenturm der  Margaretenkirche in Mediasch.  Davon berichtet Helmut Novak vom Ponte-Kulturverein: "Obwohl es bewölkt war, so waren doch die Temperaturen akzeptabel und es ging vor allem kein Wind und es regnete nicht.

Durch die Windstille verbreiteten sich die Klänge so, wie man es sich erhofft hatte. Man hörte die Musik bis zum Rathaus der Stadt und sogar bis zur Kokel, und natürlich in der Altstadt.

Pfarrer Gerhard Servatius-Depner und Helmut Novak waren zwar nur zwei einsame Musikanten auf dem Turm, aber mit Hilfe der Technik wurden die Klänge der Trompete (Gerhard Servatius-Depner) und des Keyboards (Novak) in harmonischer Ergänzung weit fortgetragen.

Natürlich begann es traditionell mit dem Lied „Der Mai ist gekommen“ und endete mit dem Siebenbürgenlied. Dazwischen wurden die bekannten deutschen Volkslieder gespielt, und das eine Stunde lang. Ob es nun „Alle Vögel sind schon da“ oder die „Lustig ist das Zigeunerleben“ war, – für jeden war etwas dabei.

Natürlich huldigte man auch dem Mediascher Komponisten Hermann Kirchner mit seinem Lied vom „Holderstrauch“, und auch ein schwieriges Trompetenstück war im Programm ('Hier saß ich so manches liebe Mal'), das Pfarrer Servatius-Depner exzellent meisterte.

Manche Gäste, die in der 'Traube' übernachteten, verließen das Hotel ohne Frühstück, um den Klängen nachzugehen. Jedenfalls wurde dieser musikalische Maigruß sehr freudig und mit dem Hinweis auf Wiederholung im kommenden Jahr aufgenommen, sodasss dieser alte Brauch auch in Mediasch wieder zur Gewohnheit werden wird. Vielleicht im kommenden Jahr mit mehreren Musikern."

Zum Schluss lautet die Antwort auf die eingangs erwähnten Fragen wohl: Man muss nicht beim Maisingen oder Maiblasen dabei sein, aber es macht auf jeden Fall Spaß!

Beatrice UNGAR

 

Foto 1: Zum Auftakt des erfolgreichen Maiblasens spielten die Probstdorfer Adjuvanten vor der Kulisse der Kirchenburg auf.                           

Foto: Privat

Foto 2: Die Besten bei der Schatzsuche wurden von der Hermannstädter Zeitung mit je einem T-Shirt belohnt.                           

Foto: die Verfasserin 

Foto 3: Die H-Musikanten gehen aus dem Hof des Tagungshauses der Evangelischen Akademie Siebenbürgen los durch Neppendorf.    

Foto: Fred NUSS

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Gesellschaft.