Kirchenhistoriker mit großem Herzen

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Der Theologe Hermann Pitters wurde 90 – Ein Geburtstagsgruß / Von Jürgen HENKEL

Ausgabe Nr. 2758

Prof. Dr. Hermann Pitters bei dem internationalen Kolloquium von 2018. Foto: George Dumitriu/Ex fide lux

Er gilt als hochgebildet, humorvoll und geistreich, als liebenswürdig und aufmerksam, als genauso belesener wie begnadeter Theologe in mehreren Disziplinen von der Praktischen Theologie bis zur Kirchengeschichte, als Kunstliebhaber und exzellenter Kenner der Materie. Er ist bis heute ein leidenschaftlicher Vermittler im ökumenischen Dialog, besonders zwischen der evangelischen Theologie und Kirche und der Orthodoxie. Und er hat bei offiziellen Anlässen vor wie auch bei Verhandlungen hinter den Kulissen immer wieder ausgleichend und vermittelnd gewirkt. Wenn Professor Dr. Hermann Pitters nun bereits Ende des Vormonats, am 25. Januar, seinen 90. Geburtstag ohne jedes Aufsehen und öffentliche Bejubelung gefeiert hat, dann mag dies seine weiteren herausragenden Charaktereigenschaften unterstreichen: seine absolute persönliche Bescheidenheit und seine völlig unprätentiöse Art.

Das erfüllte Leben und das segensreiche Lebenswerk von Hermann Dankwart Pitters erschließen sich schon durch einen Blick auf seine Biographie und seine vielen Aufgaben in all den Jahren. Geboren wurde der Kirchenhistoriker am 25. Januar 1932 in Schäßburg/Sighişoara als fünftes Kind des evangelischen Pfarrers Samuel Pitters und der Grundschullehrerin Hilde.

Nach dem Schulbesuch und dem Pädagogikstudium in Hermannstadt, wohin die Familie übersiedelt war, kehrte er zunächst als frischgebackener Lehrer nach Schäßburg zurück, studierte dann aber von 1951 bis 1955 evangelische Theologie in Klausenburg/Cluj Napoca.

1955 heiratete er Helga Rehner. Dem Paar wurden drei Söhne geschenkt: Thomas, Andreas und Johannes. Zwischen 1956 und 1961 wirkte Hermann Pitters als Gemeindepfarrer in Zied/Veseud bei Agnetheln. Doch vertiefte er hier schon seine theologischen Studien, hatte ihn doch die wissenschaftliche Theologie von Anfang an fasziniert. Das führte ihn als Dozenten ab 1961 an das Protestantisch-Theologische Institut in Hermannstadt. 1969 promovierte er zum Doktor der Theologie.

Von 1978 bis zu seiner Emeritierung – und vertretungsweise bis 2012 – hatte er schließlich als Professor den Lehrstuhl für Kirchengeschichte am Institut inne. In den spannenden wie aufregenden Jahren der Wende und des Umbruchs von 1986 bis 1998 war er auch Dekan des Instituts. Diese Jahre mit Hermann Pitters als Dekan waren Glanzzeiten des Instituts. Er konnte zahlreiche hochkarätige Theologen aus Deutschland und Österreich für Gastvorlesungen und Blockveranstaltungen gewinnen. Viele Gaststudenten aus Deutschland, aber auch ungarische Studenten aus Klausenburg  waren für zwei oder mehr Gastsemester am Institut, das in dieser Zeit der neu gewonnenen Freiheit nach dem Ende des Kommunismus aufblühte. Die gewinnende und einladende Art von Hermann Pitters als Professor und Dekan trug dazu wesentlich bei.

Aber auch die kirchliche Publizistik hatte in Hermann Pitters einen profilierten und führenden Kopf. So war er von 1979 bis 1999 Schriftleiter der Monatsschrift Kirchliche Blätter. Neben Forschung und Lehre war das Publizieren überhaupt ein Herzensanliegen des umtriebigen wie rührigen Theologen. Zwischen 1985 und 1995 erschien seine bahnbrechende Übersetzung der „Orthodoxen Dogmatischen Theologie“ des großen rumänischen Theologen Dumitru Stăniloae (1903-1993). Beide kannten und schätzten sich. Die kongeniale Übersetzung Pitters bietet die bisher umfangreichste Dogmatik aus orthodoxer Feder in einer deutschsprachigen Ausgabe. Pitters schaffte es auch, Gaststudenten aus Deutschland für Theologie und Werk des großen rumänischen Theologen zu interessieren und zu begeistern.

In die nationale wie internationale Ökumene der Evangelischen Kirche mit der Orthodoxie war Hermann Pitters umfangreich eingebunden. Auch das so eindrucksvolle wie aussagekräftige  „Rumänische Martyrologium“ von 2007, das auf 800 Seiten Biographien orthodoxer, katholischer und protestantischer Opfer des Kommunismus dokumentiert, hat er ganz wesentlich mit initiiert und gefördert. Bis heute ist er gerne gesehener Gast und Referent bei Tagungen und Konferenzen. 2018 hat er bei dem großen internationalen Kolloquium der ökumenischen Gesellschaft „Ex fide lux – Deutsch-Rumänisches Institut für Theologie, Wissenschaft, Kultur und Dialog“ in Kooperation mit der Orthodoxen Metropolie von Siebenbürgen und der Evangelischen Akademie Siebenbürgen zum Thema „Heiligenverehrung in Ost und West“ einen vielbeachteten Vortrag über das „Martyrologium“ gehalten.

Stichwort „Evangelische Akademie Siebenbürgen“ (EAS). Deren Gründung 1992 hat er zusammen mit Gerhard Möckel und Andreas Möckel ganz wesentlich mit initiiert. Er hat Arbeit und Programm der EAS stets gefördert und mit Freude, Lob und auch manchem Rat begleitet. Legendär sind dabei die Vorträge und Ausflüge zu den vorreformatorischen Flügelaltären. Der ohnehin weit überdurchschnittlich begeisterungsfähige Hermann Pitters blühte bei kaum einem Thema mehr auf, als wenn er Studenten und Zuhörern bei Veranstaltungen der EAS alle Details einzelner Flügelaltäre erläuterte und die künstlerische Gestalt wie die geistlich-theologische Aussage dieser sakralen Kunstwerke näher bringen konnte. Augen und Antlitz strahlten dann immer um die Wette.

Ehrungen blieben bei diesem Lebenswerk nicht aus. So wurde Hermann Pitters auf Vorschlag von Erzbischof Teodosie von Tomis die Ehrendoktorwürde der Ovidius-Universität Konstanza verliehen. Er ist außerdem „Professor h. c.“ der Universität Bukarest, erhielt den Staatsorden für „Kulturelle Verdienste“ und die Ehrenmedaille der Evangelischen Akademie Siebenbürgen.

Als ihm bis heute herzlich verbundener Schüler, der von 1993 bis 1995 bei Hermann Pitters studiert hat, unendlich viel von ihm lernen durfte und ihm seither auch darüber hinaus sehr viel zu verdanken hat, reihe ich mich in die Schar der Gratulanten ein und wünsche dem Freund und Förderer zu seinem 90. Geburtstag Gottes reichen Segen, weiterhin stabile Gesundheit und „Ad multos annos!“ Hermann Pitters ist ein Kirchenhistoriker mit großem Herzen, möge es noch lange so stark bleiben und in dieser Welt schlagen.

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.