Ausgabe Nr. 2371
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Ungewöhnliche Vernissage im Teutschhaus
„Am Ende soll ein Stück Musik im Raum stehen und… alle machen mit", sagte Musikwart Kurt Philippi eingangs zu einer ungewöhnlichen Ausstellungseröffnung im Terrassensaal im Teutschhaus am Freitag Abend. Die Einladung zum Mitsingen beruhte wohl auch auf der Erkenntnis, dass Lernen und Verstehen am besten funktioniert, wenn der oder die Lernende praktisch experimentieren können.
Die Ausstellung „Musik und Kirche, ein Streifzug durch drei Jahrhunderte evangelischer Kirchenmusik" konnte eine knappe Woche lang besichtigt werden. Zur Eröffnung stellte der Musikwart der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien wertvolle und interessante Musikalien aus den Archiven evangelischer Gemeinden vor und gestaltetet anschließend mit den zahlreich erschienenen Anwesenden ein „Dictum" auf den 1. Sonntag nach Epiphanias. Das Dictum hat Johann Knall komponiert und eine Abschrift von 1778 aus dem Musikarchiv der Gemeinde Großschenk diente als Vorlage der ungewöhnlichen Aufführung. Johann Knall sei ein Zeitgenosse von Carl Philipp Emanuel Bach gewesen, dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr gedacht wird, betonte Kurt Philippi. Er führte aus, dass das Dictum als „zentrale Form der Kirchenmusik in unserer Kirche" und als fester Bestandteil des evangelischen Gottesdienstes mancherorts bis Anfang des 20. Jahrhunderts fungierte.
Als „Aufhänger" für den Abend diente Philippi ein Kästchen aus dem Klosdorfer Kirchenarchiv von 1819, in dem die Partituren für die Adjuvanten untergebracht waren, „ein Sinnbild für die Sorgfalt, mit der man auch in den kleinsten gemeinden Musik gehegt und gepflegt hat", schwärmte der Musikwart, der darauf hinwies, dass es solche „Musiktheken" in vielen Gemeinden gegeben habe. Was die Bestände des Musikarchivs betrifft, so bräuchten die Evangelischen in Siebenbürgen noch 800 Jahre, um all das singen zu können, sagte Philippi.
Die gemeinsame Aufführung des „Dictums" aus dem 18. Jahrhundert gestalteten Instrumentalisten und die Gesangssolisten Melinda Samson, Eliza Gunesch und Steffen Schlandt mit, die Anwesenden bildeten den Chor. Und tatsächlich, am Ende stand ein Stück Musik in dem Raum des Terrassensaals und im Anschluss gab es ein geselliges Beisammensein, bei dem Erfahrungen und Eindrücke ausgetauscht werden konnten.
Beatrice UNGAR
Kurt Philippi (stehend) präsentiert die Klosdorfer Musiktheke, seine Gattin, die Organistin Ursula Philippi (links) übersetzt ins Rumänische.
Eigens aus Kronstadt angereist waren Gabriela und Steffen Schlandt. Steffen Schlandt (stehend) sang das Bass-Solo.
Fotos: Beatrice Ungar