Gedanken zu dem Roman ,,Endzeit“ von Franz Heinz
Ausgabe Nr. 2766

Franz Heinz: Endzeit. Roman. Umschlagbild: Franz Ferch: Maroschhaus (Ausschnitt). Pop Verlag Ludwigsburg 2020, 264 Seiten, ISBN 978-3-863563042. 96 Lei/19,50 Euro. In Hermannstadt im Erasmus-Büchercafé und in der Schiller-Buchhandlung erhältlich.
,,Endzeit“, ein Roman oder eine Biografie? Beim Lesen des im Pop Verlag Ludwigsburg erschienenen Buches, geschrieben vom 1929 in Perjamosch geborenen Schriftsteller und Journalisten Franz Heinz, gibt der Schriftsteller selbst die Antwort im Vorwort: ,,Endzeit“ sei ein Roman, dessen Begebenheiten nicht vordergründig als Biografie zu verstehen sind. Der Roman ist angelehnt an den Lebensweg des Banater Malers Franz Ferch (1900-1981), der im Roman „Lerch“ heißt.
Der Autor des Romans „Endzeit“ Franz Heinz, versucht im vorliegenden Roman, die Jahre 1914-1945 mit ihren dramatischen Ereignissen für die Menschen im Banat, mit der Diversität der Landschaft und der Menschen unterschiedlicher Nationalität am Ufer der Marosch zu verbinden. Er benutzt sehr trefflich dazu die Romanfigur „Lerch“ alias Franz Ferch. Wie kein zweiter ist der Maler Franz Ferch für dieses Unterfangen geeignet. Der Roman ist gestützt auf das Leben und Werk Ferchs, geboren 1900 in Rudolfsgrad im serbischen Banat, dessen Familie 1907 nach Perjamosch umzieht. Dort arbeitete der Vater als Notar. Den Hintergrund des jederzeit Neugier generierenden Romans bilden die sich abzeichnenden politischen Umbrüche und die damit verbundenen dramatischen Veränderungen der Existenzbedingungen für die Menschen im Banat.
Das ambivalente Verhältnis zum Grenzfluss Marosch ist ein weiterer Schwerpunkt der Geschichte. Der Autor nutzt das ambivalente Verhältnis der Banater zur Marosch. Er schreibt: „Die Bauern mochten den Fluss nicht. Das Banat war hier zu Ende, obwohl die Dörfer drüben ihre Kirchtürme in den gleichen Himmel stießen, die gleichen Kartoffeln ernteten, seien sie, so heißt es, ein anderer Menschenschlag, aber auch sie mochten den Fluss nicht!“ Damit schafft es der Autor Franz Heinz von Beginn des Romans an, eine gewisse Spannung beim Leser auszulösen. Die Marosch mit ihrem immer wiederkehrenden existenzbedrohenden Hochwasser ist exemplarisch für die „Endzeit“ der deutschen Siedlungen im Banat, also der erzwungenen Preisgabe einer Heimat, die von der Hauptfigur des Romans „Lerch“ nach 1944 nicht mehr als solche empfunden wurde. Der beschriebene Widerspruch, angelehnt an die Unbilden der Marosch, ist in der Lebenswelt „Lerchs“ die Basis seines künstlerischen Schaffens als Maler. Die Beziehung zur doch sehr jungen Lisi, der Tochter des einfachen Sandaushebers Gyuri, die er gegen heftigen Widerstand heiratet, oder die Rebellion gegen alte Habsburger Traditionen in seiner Familie, die sich durchaus zur besseren Gesellschaft zugehörig fühlte, sind das Elixier seiner künstlerischen Entwicklung. Die sich abzeichnenden politischen Veränderungen in den dreißiger Jahren erreichen auch „Lerch“ in seinem Dorf. Martialische Aufmärsche der Dorfjugend, initiiert von Dr. Matitzer, der früher „Dr.Matica“ geheißen hat, trugen eine Atmosphäre der Unsicherheit ins Dorf. Maler „Lerch“ konnte sich der vibrierenden, gefährlichen Atmosphäre entziehen, beauftragte ihn doch der Dorfpfarrer Berghaus, ein neues Deckenfresko in der Kirche zu realisieren. Nach wochenlanger Arbeit konnte er das Deckenfresko zum Wohlgefallen des Pfarrers, der in seinen weltlichen Vorstellungen durchaus Ähnlichkeiten zu „Lerch“ hat, übergeben.
Der Zweite Weltkrieg mit seinen großen Veränderungen, „Lerch“ wird in die rumänische Armee eingezogen, stellt den dramatischen Höhepunkt des Romans „Endzeit“ dar. Wobei die Schilderung des sinnentleerten Einsatzes, ausgerüstet mit Ochsengespannen und prekärer Ausrüstung in den Weiten Russlands, einer gewissen Komik nicht entbehrt. Letztendlich wird aber gerade durch die mangelhafte Ausrüstung das Leben der Soldaten, da sie nie an der Front angekommen sind, gerettet. Und letzten Endes erkrankt „Lerch“ und kehrt zurück in die Heimat.
Wieder zu Hause angekommen, wird die Zwiespältigkeit des Malers ein weiteres Mal deutlich: „Zwei Vaterländer haben zweimal meinen Feind bestimmt und mich zur Pflicht gerufen. Der Kaiser war Geschichte und der König wird es bald sein“ . Als alles schon zusammengebrochen und „Lerch“ aus seiner Heimat flüchten muss und die Zukunft ungewiss ist, lässt der bekennende Banater Schwabe Franz Heinz seinen „Lerch“ fragen: „Was haben wir falsch gemacht“ ?, worauf sein Fluchtgefährte antwortet: ,,Da wir nicht genau wissen, wo wir hingehören, sind es immer die anderen, die das bestimmen! Nur das Wasser der Marosch fließt unverdrossen!“
Was ein besonderer Autor über einen besonderen Maler und Menschen schreibt, ist mehr als lesenswert. Gönnen Sie sich Zeit, ,,Endzeit“ zu lesen.
Lothar SCHELENZ