Ernste und wütende Grimassen

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Serge Ernst war mit seinem Comic „Boule à zéro“ in Hermannstadt

Ausgabe Nr. 2549

Serge Ernst zeigte, wie einfach es sein kann, Comics zu zeichnen. Foto: Vlad POPA

Ein Flipchart, mehrere Kinder und Jugendliche, ein Comiczeichner aus Belgien und ein paar Grimassen – mehr brauchte es nicht, um die kleine Gruppe zu motivieren, die sich am Samstag, den 23. September im Gewölbekeller des Hermeshauses am Kleinen Ring zusammengefunden hatte. Das Comics-Festival in Hermannstadt, das von der Maison Ile-et-Villaine (dem Französischen Kulturzentrum in Hermannstadt) initiiert wurde, konnte im Laufe der Zeit das Astra-Museum als Partner gewinnen und in diesem Jahr fand die fünfte Auflage statt.

 

Nach einer kurzen Einführung in die Welt der Comics und die Art, wie ein Comic entsteht, bat der belgische Comiczeichner Serge Ernst die Jugendlichen zunächst um ihre tatkräftige Unterstützung: Um zu verstehen, wie Gesichtsausdrücke gezeichnet werden, sollte einer der vielen kleinen Teilnehmer die Ausdrücke „Lachen“, „Angst“ und „Zorn“ für die Gruppe mimen: Er kam seiner Aufgabe sehr gut nach – so konnten beispielsweise die Kopfbewegungen beim exzessiven Lachen und bei Zorn sofort zeichnerisch umgesetzt werden. Vor den Augen eines lebhaften Publikums entstanden spielerisch drei Gesichtsausdrücke, die alle Teilnehmer sehr einfach nachzeichnen konnten. Auch die Gesichtsproportionen sowie die Walt Disney-Methode, bei der die Figuren auf der Basis von Kreisen und Ovalen entworfen werden und die in Zeichnerkreisen sehr bekannt ist, waren ein Thema.

Der Autor, der – inspiriert durch die reiche Comicszene in Belgien – seit seiner Kindheit den Zeichenstift schwingt, bezeichnet das Berufsfeld und den Beruf als Zeichner als sehr frei: brennt man aber dafür, wird alles einfach, so Serge Ernst. Der Künstler, der bereits 1975, zu Beginn seiner Karriere Rumänien bereiste und dabei auch mehrmals in Hermannstadt Station machte, ließ sich unter anderem auch durch die Grabstätte Vlad III. in Snagov inspirieren. Für Ernst schließen sich die ländliche Prägung Rumäniens und der Zauber seiner Städte nicht aus. Durch die Kooperation zwischen Hermannstadt und der Initiative Wallonie-Bruxelles International ist Ernst nun nach langer Zeit wieder einmal in Rumänien. Er ist oft unterwegs, um in Schulen und Bibliotheken Kindern und Jugendlichen die Welt des Comics näherzubringen.

Ein besonderes Projekt, das durch Ernst umgesetzt und im Laufe des Workshops vorgestellt wurde, ist der Comic „Boule à zéro“, der in der englischen Übersetzung „Baldy“ heißt. Auf Deutsch wäre die direkte Übersetzung des Titels „Glatzkopf“. In dieser Comicgeschichte geht es um ein Mädchen, das seit neun Jahren mit Leukämie lebt und für das das Leben im Krankenhaus zum Alltag geworden ist. Präsentiert werden in der Geschichte auch mehrere Freunde, die Baldys Leben begleiten. Die Idee, die auf den Zeichner Zidrou zurückgeht, ist auch von einer wahren Geschichte inspiriert: Die Tochter eines mit Serge Ernst befreundeten Ehepaares lebte als Kind mehrere Jahre mit Leukämie im Krankenhaus. In diesem Fall nahm die Krankheit einen guten Verlauf: Das Mädchen ist heute dreißig Jahre alt, hat eine Familie und führt ihr eigenes Unternehmen. Tatsächlich war es schwierig, die Geschichte zeichnerisch zu veröffentlichen – denn an ein so heikles Thema traute sich zunächst kein Verleger heran. Mittlerweile ist der Comic mehrfach ausgezeichnet und wird durch die Gesellschaft „2000 BD“ in Krankenhäusern in Frankreich, Belgien, der Schweiz, Luxemburg, Spanien, Deutschland und den USA an krebskranke Kinder verteilt.

Die Veranstaltung endete zur Freude der Teilnehmenden mit einer kleinen Autogrammstunde, zu der sich der beliebte Zeichner gerne bereitfand.

Aurelia BRECHT

 

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Kunst.