10. Kronenfest in Frauendorf

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Ausgabe Nr. 2680

Jonathan Servatius-Depner erklomm 2018 gekonnt den Kronenbaum und ließ Bonbons herunterregnen.                       
Foto: Privat

In Frauendorf wurde im Jahr 2011 zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder das schöne gemeinschaftsstiftende Kronenfest gefeiert. Damals wurde die Idee von der zurückgekehrten Kuratorin Ilse Constantin geb. Seidner gemeinsam mit Freundinnen aus Deutschland, dazu die zuständige Pfarrerin (aus Mediasch) Hildegard Servatius-Depner und weiteren rumänischen Dorfbewohner entwickelt. Zimmermannsleute aus Deutschland haben einen Stamm für die Krone gedrechselt.

Seitdem wird der Stamm jedes Jahr um den Johannistag (24. Juni) neu aufgestellt und mit einer wunderschönen Blumenkrone geschmückt. Evangelische Gemeindemitglieder, rumänische Bewohner und Freunde aus Frauendorf und aus Mediasch binden die Krone gemeinsam am Samstagnachmittag. Ein unverheirateter Jugendlicher oder ein Junge klettert am Festtag unter den Augen der Zuschauer und den erwartungsvollen Kindern, die sich um die Krone versammeln, hinauf. Früher hielt er von oben eine „Kronenpredigt“. In Frauendorf wird von der zuständigen Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner oder von ihrem Mann Pfarrer Gerhard Servatius-Depner eine Festrede gehalten, die hauptsächlich eine Begrüßung der Gäste enthält, die zum großen Teil von außerhalb kommen. In der Rede wird aber auch an die Dankbarkeit für Gottes gute Gaben und für die schöne Gemeinschaft unter der Krone erinnert.

Ioan Gabor: Muzeul Cetate Axente Sever – Frauendorf. Un deceniu de activitate 2009-2019. 204 Seiten, Axente Sever, 2020.

Das Kronenfest hat in Siebenbürgen eine alte Tradition. Es wurde schon im Jahr 1764 erwähnt. Damals schrieb Martin Felmer, Stadtpfarrer von Hermannstadt, dass dieser „Gebrauch“ am „Johannistag“ (den 24. Juni) oder zu „Peter und Paul“ (den 29. Juni) in den sächsischen Ortschaften zwischen Alt und Kokel gefeiert wurde. Als ein Erntebittfest blieb es bis in den 1990er Jahren erhalten. Dann schien diese Tradition Vergangenheit zu sein. Seit etwa 20 Jahren ist sie aber hier und dort zu einem neuen Leben erwacht. So auch in Frauendorf, und zwar seit Juni 2011. So haben wir in diesem Jahr das 10. Jubiläum gefeiert, denn das Fest gehört zum festen Jahresverlauf in unserer kleinen aber schmucken Gemeinde Frauendorf.

Unterhalb der Krone hängt man hier eine hölzerne Weinflasche und eine Tüte mit reichlich Süßigkeiten. Diese wirft dann der Bursche den Kindern hinunter, die sich wild darauf stürzen, aber danach auch untereinander teilen. In den letzten Jahren ist Jonathan Servatius-Depner auf die Krone geklettert.

Vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert. Früher hatte das Kronenfest den Charakter als Erntefest. Bis zur Wende war es ein Fest der Jugend, es wurde von den konfirmierten und noch unverheirateten jungen Frauen und Männern organisiert (ursprünglich von den Bruder- und Schwesterschaften, die es schon lange nicht mehr gibt). Die Jugend tanzte dann um die Krone und wurde von den Älteren bewundert.

Heute ist das Kronenfest in Frauendorf ein sehr schönes Zeichen von Gemeinschaft, ein völlig übergemeindliches Fest. Es kommen nämlich nicht nur Besucher aus anderen (evangelischen) Gemeinden und aus dem Ausland dazu, sondern seit Anbeginn auch Glaubensgeschwister anderer Konfessionen. Es ist ein Fest, das zwar in der siebenbürgisch-sächsischen Tradition verwurzelt ist, aber zu einem Fest aller gewachsen ist. Es hat sich zu einem Gemeindefest im Mediascher Kirchenbezirk entwickelt, mit vielen Programmangeboten, die im Laufe der Jahre auch gewachsen sind. Außer dem Schmücken und der Aufstellung der Krone und am Sonntag dem Gottesdienst in zwei Sprachen, danach dem Erklimmen der Krone und dem traditionellen Tanz, können Besucher heute ein Imbiss- und Getränkestand genießen. In den letzten Jahren konnten Kinder und ihre Eltern auch an kreativen Workshops teilnehmen wie etwa Malerei oder Bildhauerei, dazu auch Ausstellungen in dem Burg-Museum besuchen. Das einzigartige Museum hat im letzten Jahr sein 10jähriges Bestehen gefeiert. Darüber hat einer der Hauptgründer des Museums, Herr Ioan Gabor, der Dorfhistoriker, ein neues Buch geschrieben und im März 2020 drucken lassen. Es sollte am 28. Juni in Frauendorf präsentiert werden. Das Buch kann direkt beim Museum in der Kirchenburg Frauendorf oder im Mediascher Stadtpfarramt erworben werden.

Für das 10jährige Jubiläum wurde pünktlich am 28. Juni von der zuständigen Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner ein Film gedreht, worin mehrere mitgewirkt haben, mit Predigt (Pfrn. Bettina Kenst), Rückblick (Ilse Constantin und Ioan Gabor) und Ausblick. Der Film befindet sich auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Kirchengemeinde Mediasch, wo er von Interessenten abgerufen werden kann. Er wurde am Sonntag der kleinen anwesenden Gemeinde in der Frauendorfer Kirche auch gezeigt – so konnte selbst in dieser sonderbaren Zeit das Gefühl des Festes und des Gottesdienstes gespürt werden.

Das große Engagement und die Freude all derer in Frauendorf ist seit Wiederaufnahme des Kronenfestes 2011 sehr zu bewundern! Es setzen sich viele Menschen heute für das Gelingen des Kronenfestes in Frauendorf mit Herz und Seele ein. Es ist oft nur eine Handvoll Menschen, die sich hier um alles kümmern. Dafür sind wir um so sehr dankbar und hoffen, dass dieses Fest noch viele Jahre weiter bestehen wird!

Hildegard und Gerhard

SERVATIUS-DEPNER

 

Der Film mit dem online-Gottesdienst aber auch Rück- und Ausblick des Kronenfestes kann auf YouTube gesehen werden unter https://www.youtube.com/watch?v=eGBoL52E03k

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Tradition.