Mobilität und Kulturtransfer im Fokus

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Wissenschaftliche Tagung zu Ehren des Historikers Dr. Konrad G. Gündisch

Ausgabe Nr. 2824

Gruppenbild der Teilnehmenden mit Konrad Gündisch auf der Terrasse des Elimheims.     Foto: Beatrice UNGAR

Unter dem Titel ,,Städtischer Raum. Merkmale von Mobilität und Kulturtransfer im spätmittelalterlichen Europa (1200-1500)“ haben der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde und das Siebenbürgenforum in Zusammenarbeit mit dem Hermannstädter Forschungsinstitut für Geisteswissenschaften der Rumänischen Akademie und weiteren unten genannten Institutionen aus Anlass des bevorstehenden 75. Geburtstags, den der renommierte Mediävist Professor Dr. Konrad G. Gündisch am 25. Juli d. J. feiert, eine wissenschaftliche Tagung veranstaltet. Getagt wurde am 7. Juli in Heltau und am 8. Juli in Michelsberg.

International führende Expertinnen und Experten, aber auch wissenschaftlicher Nachwuchs, den Gündisch immer gefördert hat, haben in vier Sektionen Vorträge gehalten und sich ausgetauscht. Im Fokus aller Beiträge standen die europaweiten geistigen und materiellen Verbindungen und Austauschprozesse des damals ökonomisch blühenden Siebenbürgen. Die Tagung erfolgte im Hybrid-Format und die Aufzeichnung kann auf der Facebook-Seite des Hermannstädter Forschungsinstituts unter https://www.facebook.com/events/282205487553487/?ref=newsfeed verfolgt werden. Alle Beiträge sollen in einem Sammelband abgedruckt werden, der voraussichtlich im Herbst 2024 erscheinen wird.

Die Teilnehmenden begrüßte  zunächst am 7. Juli im Städtischen Kulturhaus in Heltau Prof. Dr. Rudolf Gräf, der Leiter des Hermannstädter Forschungsinstituts, der den Jubilar vorstellte und würdigte. Online zugeschaltet war der ordinierte Pfarrer der Pfälzischen Landeskirche und Kirchenhistoriker Dr. Ulrich Andreas Wien, der seit 2001 Vorsitzender des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde sowie stellvertretender Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrats ist. Wien würdigte seinerseits Dr. Konrad G. Gündisch. Die Würdigung lesen Sie auf dieser Seite.

Seitens der Rumänischen Akademie schickte der Präsident Prof. Dr.  Ion Aurel Pop eine sehr persönliche Videobotschaft, war er doch Studienkollege mit Gündisch. Weitere Grußworte sprachen im Namen des Siebenbürgenforums Martin Bottesch und im Namen des Departements für Interethnische Beziehungen Unterstaatssekretär Thomas Șindilariu.

Dann begann die Tagung mit Vorträgen in der Sektion ,,Mobilität von Menschen und Ideen“ von dem Tagungsmoderator Adinel Dincă (Klausenburg) sowie von Nora Berend (Cambridge). In der Sektion ,,Städtische Rahmenbedingungen“ hielten Katalin Szende (Wien), Attila Verók (Eger), Zsolt Simon (Târgu-Mureș) und András Peter Szabó (Budapest) Vorträge und zuletzt in der Sektion ,,Kirche und Frömmigkeit“ Marie-Madeleine de Cevins (Rennes), Mária Lupescu-Makó (Klausenburg) und Carmen Florea (Klausenburg). Beim Doktorandenworkshop zum mittelalterlichen Siebenbürgen kamen Mirjam T. Wien (Erfurt), Matthew Coulter (Cambridge) und Andrei Moga (Klausenburg) zu Wort. Schließlich präsentierten am Abend der HOG-Vorsitzende Heinz Hermann und Adinel Dincă das Projekt zur Erforschung und Restaurierung der spätmittelalterlichen Kirchenbibliothek in Heltau.

Am 8. Juli gab es im Elimheim Michelsberg in der Sektion ,,Architektur & Kunst“ Vorträge von Robert Born (Oldenburg/Berlin), Sanda Salontai (Klausenburg), Armand Tif (Wien) und Emese Sarkadi-Nagy (Esztergom).

Veranstalter waren der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, das Siebenbürgenforum, das Departement für Interethnische Beziehungen, das Forschungsinstitut für Geisteswissenschaften Hermannstadt, die Fakultät für Geschichte und Philosophie der Babeș-Bolyai Universität Klausenburg, TRANS.SCRIPT – The Centre for Diplomatic and Medieval Documentary Palaeography Klausenburg, das Geschichte-Institut ,,George Barițiu“ Klausenburg, die Evangelische Kirchengemeinde und die Heimatortsgemeinschaft Heltau, das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa Oldenburg, REFORC – Reformation Research Consortium und das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München.                          B. U.

 


 

Würdigung von Konrad Gündisch

 

Nach dem Panel mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs melde ich mich noch einmal zu Wort. Die Förderung der verheißungsvollen jungen Leute war und ist eines Deiner großen Anliegen, sie ist aber auch von Dir persönlich praktisch jahrzehntelang verwirklicht und vorangetrieben worden. In diese Fußstapfen wollten Adinel Dincă und ich treten, indem auch bei dieser Tagung die Zukunft der Historikerzunft, zugleich aber auch die Sache selbst in den Fokus gerückt wird. Ich denke, damit haben wir Dir eine Freude machen können.

Du bist in der Lage, Begeisterung für die Geschichte zu wecken. Breite humanistische Bildung, der Sinn fürs Detail kombiniert mit dem „Panoramablick“ und Dein Entdeckergeist, Neues interessiert und fruchtbar aufzunehmen – auch technische Innovationen ohne Scheu zu nutzen –, zeichnen Dich aus. Stolz auf Siebenbürgen, kritische Empathie mit seiner Bevölkerung und Geschichte, die Du immer auch als modellhaft für Europa und das friedliche Zusammenleben gesehen und vermittelt hast, werden komplementär ergänzt durch Deine christlich-humanistische Grundhaltung mit europäischer Spannweite. Du konntest gleichermaßen den Westeuropäern horizontweitende Perspektiven erschließen wie umgekehrt auch den Siebenbürgern (Exkursionen, diplomatische Reisen …).

Als Vorsitzender des AKSL Hermannstadt möchte ich aber auch Deine Bedeutung für den AKSL kurz – doch ohne Anspruch auf Vollständigkeit – würdigen.

Die Formel von Walter König, „auch Bücher sind Lebensmittel“, hatte (während der kommunistischen Herrschaft) einen zeitgenössischen Akzent. In dieser Formel ist das Schlagen geistiger Verbindungen und Brücken über die politischen Grenzziehungen und historischen Gräben hinweg proklamiert worden, welches auch in Deinem Lebensentwurf Geltung findet. Dieser Satz war – wir haben es auf der Tagung bereits gehört und in der historischen Bibliothek in Heltau vor Augen – auch im Blick auf vergangene Zeiten relevant. Diese Aussage gilt aber auch heute – angesichts von Fake-news-Phänomenen und anderen manipulativen Techniken – genauso wie in Zukunft. Diese Grenzen überwindende Haltung, ja, Dein Charisma, Menschen miteinander zu verbinden, und auch Deine Verbindlichkeit sind auch für den Arbeitskreis ein großes Plus.

Die Buchreihen des AKSL wären zwischen 1985 und 2019 ohne Deine Impulse (meist im Hintergrund) und Deine wissenschaftliche Seriosität sowie Deine zahlreichen Redaktionsarbeiten nie zu solcher Wirkung und Anerkennung gelangt. Von 1986-2019 (mit einer freiwilligen Pause von 2010-13) warst Du in dessen Vorstand. Seit 1990 betreust Du die Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde als hauptverantwortlicher Redakteur. Ungezählte Beiträge einzuwerben, aber auch nicht-muttersprachliche Aufsätze veröffentlichungsreif zu redigieren, war und ist eine entsagungsvolle, aber von Dir mit Hingabe betriebene Aufgabe. Hier hast Du nachhaltig die Forschung unterstützt und ermöglicht. Stunden, Wochen und Monate hast Du dafür ehrenamtlich geopfert. Dasselbe gilt auch für die Zeit als stellvertretender Vorsitzender des AKSL (1994-2007), als Du den Vorsitzenden Günther Tontsch und mir mit Rat und Tat zur Verfügung gestanden hast.

Als Ideengeber für und späterer Vorsitzender des Fördervereins hast Du die Siebenbürgische Bibliothek vor der Auszehrung bewahrt und damit das „kulturelle Gedächtnis“ vornehmlich der Siebenbürger Sachsen auf Dauer zu sichern gewusst. Für das Siebenbürgen-Institut, das Deiner Initiative und der von Günter Tontsch seine Existenz verdankt, hast Du als Kulturratsvorsitzender 2013-2016 die Gesamtverantwortung getragen. Als „Schlossherr“ (2016-2021) hast Du mit einem hervorragenden Team die Konzeption des Siebenbürgischen Kulturzentrums Schloss Horneck für über 5 Millionen Euro Realität werden lassen, damit vor allem die Bibliothek, deren Leiter Du 1991-1993 selbst gewesen warst, und das Siebenbürgischen Museum eine zukunftsweisende und dauerhafte (bezahlbare) Bleibe finden konnten.

Initiative, Pioniergeist, persönliche Souveränität, politisch-diplomatisches Gespür, Diskretion und Umsicht, aber auch manchmal eruptive Direktheit, doch immer gepaart mit grundsätzlicher Menschlichkeit und gewinnender Freundlichkeit (oder wie Florian Kührer-Wielach meinte: mit altösterreichischem Gemüt, eventuell einem Erbstück Deiner aus Wien stammenden Mutter) sind einige Deiner Merkmale.

Freunde und Vorbilder von Dir sind schon – manchmal viel zu früh – gegangen, Freundschaften sind auch zerbrochen, doch viele Freundschaften tragen bis heute stabile Früchte: so wie es die aktuelle Tagung auch beweist.

Lieber Koni,

im Namen der hier Anwesenden und vieler weiterer Menschen, die Dich schätzen, respektieren, auf Dich und Deine Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit vertrauen und Dir in Freundschaft verbunden sind, danke ich Dir für alles, was wir von Dir an Zuwendung, Unterstützung, Kritik und Ermutigung sowie vorbildlich vorgelebten „preußischen Tugenden“ empfangen haben.

Wir wünschen Dir und uns, dass Du auch als Wissenschaftler noch einige Zeit mit Deinem Wissen, mit deinen vielfältigen Kompetenzen und Deiner herzlichen Empathie unserer Gemeinschaft kraftvoll, inspirierend und fördernd erhalten bleibst. Das alles „feiern“ wir mit allem, was in erweitertem Sinn zur „Nahrung“ gehört, also mit Büchern und vielem von Martin Luther Kleinen Katechismus Genannten:  Essen und Trinken, Kleidung, anständige Regierung, Frieden, gute Freunde oder auch getreue Nachbarn.

Persönlich wünsche ich Dir ganz herzlich und auch im Sinne der Mitglieder des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde Gottes Segen – ad multos annos!

Ulrich A. WIEN

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Persönlichkeiten.