„Lesefüchse International 2019”

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Fogarascher Lyzeaner gewinnt Lese- und Debattewettbewerb in Mediasch

Ausgabe Nr. 2619

Lesefüchse-Finale in Siebenbürgen: Birgit van der Leeden (1. v. r.) und Konsul Hans Erich Tischler (2. v. l.) mit dem Gewinner Paul Sofonea (3. v. r.) und den anderen Finalisten.                Foto: Ruxandra STĂNESCU

Die schlauesten und wortgewandtesten lesenden Lyzeaner in Siebenbürgen trafen sich am Samstag in Mediasch und besprachen vier Bücher im Rahmen der Endrunde des Lese- und Diskutierwettbewerbs „Lesefüchse International“. Der Gewinner kam aus Fogarasch, Paul Sofonea fährt im Herbst nach Berlin. Der zweite Preis ging an Nathalie Zalanyi aus Klausenburg, die ein internationales Preisträgerstipendium erhalten hat. Der dritte Platz ging an die Hermannstädterin Mara Bardac. Die vier Bücher für den kommenden Wettbewerb stehen schon fest, werden aber noch nicht verraten, so Birgit van der Leeden, die Fachberaterin in Siebenbürgen der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA).

Seit fünf Jahren wird auch in Rumänien der Lese- und Diskutierwettbewerb „Lesefüchse International“ der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und des Auswärtigen Amtes organisiert. Im Rahmen dieses Wettbewerbs soll 15 bis 18jährigen Deutschlernenden in Mittel- und Osteuropa deutschsprachige Jugendliteratur nahegebracht werden. Die Teilnehmer lesen vier aktuelle deutsche Jugendbücher und erarbeiten die darin behandelten Themen. Die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler besuchen die neunten bis zwölften Klassen an Sprachdiplomschulen, die von der ZfA betreut werden und zum Deutschen Sprachdiplom (DSD) führen. Auf der Bühne – erst in den eigenen Schulen, dann in einer Landesphase – stellen sie ihre Favoriten vor und üben in einer moderierten Diskussion literarische Kritik – was auch im Mediascher Schullerhaus der Fall war.

Lyzeaner aus Siebenbürgen, die die Wettbewerbe in ihren Schulen gewonnen hatten, stellten vor Jury und Publikum ihre Meinungen über die vier Bücher vor, die sie seit Anfang des Schuljahres gelesen haben. Ausgewählt für  dieses Schuljahr wurden: „In einem fremden Wald“ von Doris Dörrie, „Vierzehn“ von Tamara Bach, „Cache“ von Marlene Röder, „Der Drohnenpilot“ von Thorsten Nesch. Die Bücher können die Schüler übrigens nur auf Papier erhalten, was sich aber vielleicht in den nächsten Jahren noch ändern wird, so Birgit van der Leeden.

Vorgeschlagen wurden die Bücher von den Fachberatern in Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Georgien, der Mongolei, Russland, Belarus, Lettland, Litauen und Estland. Aus diesen Ländern treffen sich dann die Finalisten in Berlin, aus Rumänien fahren allerdings zwei – einer aus Siebenbürgen, und einer aus Westrumänien – und aus Russland vier, da in diesen Ländern zwei beziehungsweise vier Fachberater entsandt sind.

Die Fachberaterin Birgit van der Leeden war nicht nur als Organisatorin dabei, saß auch im Moderations-Team, zusammen mit Marin Stadler, Fachschaftsberater, Karola Rühmer, Programmlehrkraft und Carol Szabolcs, Fachschaftsberater. Sie leiteten die Debatten, so dass jeder Aspekt jedes Buches analysiert werden konnte.

Die Jury in Hermannstadt wurde vom deutschen Konsul in Hermannstadt Hans Erich Tischler präsidiert, der auch die Preise überreichte und schon vor einigen Wochen erklärt hatte, dass er auch selber alle vier Bücher gelesen hat. In der Jury saßen auch Mathias Heinrich, Programmlehrkraft, Hedwig Connert, Deutschlehrerin, Konstanze Thielen, ifa-Managerin, Julika Modro, Kulturfreiwillige und Ruth Fischer, ebenfalls Kulturfreiwillige.

Bewertet wurden auch in Mediasch Textkenntnis, Interaktion, Auseinandersetzung mit dem Werk und sprachlicher Ausdruck. Der Fogarascher Paul Sofonea konnte durch seine Schlagfertigkeit und oft durch Humor die Jury und das Publikum für sich gewinnen. „Der Gewinner war hervorragend in all den Bereichen, aber auch alle anderen Schüler waren sehr gut”, erklärte die Fachberaterin, auch wenn sie nicht in der Jury saß. Im Saal saßen hauptsächlich Lehrer, doch die meisten Teilnehmer ließen sich nicht einschüchtern und sagten offen ihre Meinung zu den Büchern – oft auch mit den eigenen Lebenserfahrungen verbunden. Sogar für die Autoren der Bücher hätte die Debatte sehr interessant sein können, denn die Schüler sagten sehr klar, was für sie wichtig gewesen war, was sie eher als unrealistisch für die verschiedenen Personen in den Büchern empfunden haben und ob ihnen das Buch gefallen hat, oder ob es sie eher enttäuscht hat.

Da im Mittelpunkt die Deutschkenntnisse der Schüler gestellt werden, die Deutsch als Fremdsprache (DaF) lernen, sind deutsche Schüler und Muttersprachler ausgeschlossen, „was ich ein bisschen problematisch finde, weil es oft Übergangsfälle gibt”, erklärte Birgit van der Leeden.  „Man kann schwer die genauen Grenzen ziehen, denn es kann vorkommen, dass zum Beispiel die Großmutter deutsch spricht, die aber im Haus wohnt.  Es ist dann ein bisschen schmerzhaft für diejenigen, die nicht nach Berlin fahren dürfen, auch wenn sie gewinnen, denn sie dürfen natürlich teilnehmen.”

Etwa 80 Schüler haben dieses Jahr in Siebenbürgen teilgenommen, aus Hermannstadt  kamen die Lyzeaner aus dem Päda und der Brukenthalschule. Birgit van der Leeden: „Ich finde diesen Wettbewerb ganz wichtig. Da wird der Wortschatz geübt, gerade im abstrakten Bereich. Dann ist das eine gute Vorbereitung für das Deustche Sprachdiplom, weil die Schüler lernen, kontrovers zu diskutieren und dialektisch  zu argumentieren. Und, nicht zuletzt, dass die Schüler überhaupt wieder lesen und sich mit den Büchern auseinandersetzen, was heutzutage nicht mehr so selbstverständlich ist – was auch der Konsul Tischler auch in seiner Eröffnungsrede unterstrichen hat.”

Die Schüler sind über mehrere Monate im Projekt impliziert, denn es gibt erst eine Lektürephase, die dann durch eine Debattephase ersetzt wird. Während der Lektürephase setzten sie sich in Arbeistgruppen mit den Themen der Bücher und ihrer literarischen Gestaltung auseinander, besprechen Thematik der Werke, Darstellung der Protagonisten, Sprache, Stil und Struktur auseinander. Während der Debattephase wird die kritische Analyse in den Vordergrund gestellt und die Rhetorik der Argumentation geübt. Danach finden im Frühling die Wettbewerbe erst in den Schulen statt, die Besten kommen dann in eine Landesphase, und der Gewinner nimmt beim internationalen Wettkampf teil, um den Titel „Lesefuch des Jahres” zu gewinnen.

Auch im nächsten Schuljahr soll „Lesefüchse International” stattfinden, die Fachberaterin wartet in den nächsten Wochen bereits auf einen Teil der Bücher, deren Titel noch nicht veröffentlicht werden. Schüler, die teilnehmen möchten, müssen sich an ihre Deutschlehrer wenden. „Wenn mehrere Schüler sich für diesen Wettbewerb interessieren, nimmt die Schule teil,” so die Fachberaterin. Nicht nur die Schüler müssen mitmachen, auch ihre Lehrer:  „Der Wettbewerb wird zum Teil von entsandten Lehrkräften aus Deutschland betreut und teilweise von den Deutschlehrern aus Rumänien und ich finde es immer wieder beeindruckend, mit wie viel Engagement die Lehrkräfte dabei sind. Sie treffen sich mit den Schülern dann nachmittags oder abends und besprechen diese Bücher. Ich denke, wenn die Schüler begeistert sind, machen auch die Lehrer begeistert mit”, schlussfolgerte Birgit van der Leeden.

Ruxandra STĂNESCU

 

 

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bildung.