Im Blickpunkt: Der „Euro-Islam“

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Ausgabe Nr. 2467
 

Buchvorstellung an der EAS: „Halbmond über der Dobrudscha“ von Jürgen Henkel

 

 

Nicht alle Tage spricht ein Großmufti vor den Mitgliedern und Freunden der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Neppendorf. Doch letzten Samstagabend gab die Buchvorstellung Jürgen Henkels einen guten Anlass dazu.

Mit seinem neuen Band „Halbmond über der Dobrudscha“, erschienen als Band 7 der Reihe Deutsch-Rumänische Theologische Bibliothek" präsentierte der Herausgeber eine Dokumentation über das Leben der Muslime in Rumänien.

 

Es sei schon etwas Außergewöhnliches, wenn nun im Schillerverlag zwischen den ganzen Kirchenburgenbänden auf einmal ein „Moscheenbuch“ erscheint, meinte der Verleger Anselm Roth; doch genau darin liege die Kraft dieser Neuerscheinung, dass sie eine Welt offenlegt, die uns hier in Siebenbürgen noch fast unbekannt ist.

„Es ist kein richtiger Bildband, es ist aber auch nicht nur eine rein wissenschaftliche Arbeit“, erklärte Henkel sein Werk. Es sei ihm darum gegangen, dem Leser durch Interviews, Reportagen, wissenschaftliche Aufsätze, aber auch durch Fotografien, die seit über 800 Jahre in den rumänischen Staat fest integrierte islamische Minderheit möglichst vielseitig vorzustellen. Denn als selbst bezeichneter „Euro-Islam“ besitze das Muftiat in Konstanza durch seine betonte Anerkennung des christlich geprägten Staates einen Modellcharakter für islamische Immigranten in ganz Europa.

So soll der Leser durch „Rückblicke“ (historisch orientierte Texte), „Einblicke“ (Interview mit dem Mufti, Reportage) und „Rundblicke“ (fotografische Dokumentation von 30 Moscheen) einen Überblick über die „Vorzeigemuslime“ in der Dobrudscha bekommen.

Berechtigter Weise stellte der Theologe Hermann Pitters in der anschließenden Diskussion die Frage nach den „Ausblicken“, welche die Kapitelangabe des vorliegenden Bandes dem Leser noch vorenthält. Denn nicht zuletzt der Mufti Iusuf Murat selbst kam nach ausdrücklichen Loyalitätsbekundungen noch auf die Störungen in der euro-islamischen Harmonie zu sprechen. Schließlich gäbe es mittlerweile genügend arabische und türkische Stiftungen, die durch finanzielle Unterstützung fundamentalistischer Imame oder Gründung von sogenannten „Hinterhofmoscheen“ das tolerante Muftiat auszuhebeln versuchen.

Tatsächlich streift das Buch auch diese Problematik, nicht zuletzt im Interview mit dem Großmufti, jedoch sei dieses Thema zu komplex, um es in diesem Band ausführlich zu besprechen, meinte Jürgen Henkel.

Umso lebendiger entwickelten sich daher noch die Gespräche mit dem Herausgeber am späteren Abend, der von der Evangelischen Akademie in einen lukullischen Rahmen gesetzt wurde. So kann davon ausgegangen werden, dass dieses Buch sicherlich einen kompetenten „Überblick“ über den Euro-Islam geben kann, der jedoch für den Leser nur Ausgangspunkt sein darf, sich mit einer schwierigen Thematik auseinanderzusetzen, bei der es den „Durchblick“ zu behalten gilt.        

Jeremias LEIMCKE

 

Jürgen Henkel (links) und Mufti Iusuf Murat.      

Foto: Stefan BICHLER

 

Jürgen Henkel (Hg.): Halbmond über der Dobrudscha. Der Islam in Rumänien. Schiller Verlag, Hermannstadt – Bonn 2015, 230 Seiten, ISBN 978-3-944529-58-5

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Bücher.