„Grenzübergreifende Gemeinschaft“

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Ausgabe Nr. 2442
 

Mehr als 370 Hetzeldorfer und ihre Gäste feierten ihr 3. Heimattreffen

 

Zum Auftakt des Festgottesdienstes beim Hetzeldorfer Heimattreffen am Sonntag sang der Kirchenchor „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" unter Leitung des früheren Hetzeldorfer Pfarrers Georg Schmidt, zum Abschluss präsentierte Schmidt, der 1993 ausgewandert war und bis 2013 in einer Kirchengemeinde in Deutschland tätig gewesen ist, eine Statistik der Gemeindeglieder. 1.396 Evangelische seien es zu den besten Zeiten gewesen, 2015 zähle die evangelische Kirchengemeinde 40 Seelen. Wenn man allerdings die 30 Bewohner des anliegenden Altenwohnheims hinzuzählt, sind es 70, stellte der zuständige Pfarrer und Dechantstellvertreter Ulf Ziegler fest.

Dabei sind ja einige dieser Bewohner darum bemüht, die Kirchenburg so gut es geht, zu betreuen. Einer ist Glöckner, der andere bewahrt die Schlüssel auf und gewährt Besuchern Einlass, ein anderer wiederum hält die Grünflächen in Schuss.  Vor 24 Jahren, im Februar 1991, hatten 37 Helfer aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich den Umbau der beiden von der evangelischen Kirchengemeinde von Auswanderern angekauften Höfe zu einem Altenwohnheim in Angriff genommen, unter der Bauleitung von Hugo Scholz, dem Vater von Pfarrer Hans Joachim Scholz, der damals in Pforzheim tätig war und heute die Paulus-Gemeinde in Staufenberg betreut. Scholz unterstützte damit die Initiative seines Amtsbruders und Freundes Pfarrer Georg Schmidt, für die allein gelassenen Seniorinnen und Senioren eine Bleibe zu schaffen. Damals lebten in Hetzeldorf noch rund 270 Evangelische, die meisten saßen schon auf gepackten Koffern und in dem Bericht über die Hilfsaktion in der Hermannstädter Zeitung vom 1. März 1991 war zu lesen, dass nur einige wenige den Helfern zur Seite standen. Pfarrer Scholz sagte, man wolle „in dieser Lage ein kleines aber deutliches Zeichen der Hoffnung und der Solidarität" setzen.

Ein Zeichen der Hoffnung gesetzt hat auch die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien  (EKR) durch die Einbindung der Hetzeldorfer Kirchenburg in das EU-Kirchenburgenprojekt, in dessen Rahmen 18 Kirchenburgen in Siebenbürgen saniert und touristisch erschlossen wurden. Solidarität bewiesen wiederum die in Deutschland lebenden Hetzeldorfer, indem sie 10.000 Euro spendeten für Reparaturarbeiten, die in dem Projekt nicht vorgesehen waren, so z. B. für die Restaurierung der wertvollen Orgel. Wie der Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Hetzeldorf, Johann Depner, sagte, behalte man aber auch die sozialen Belange im Auge, man wolle nicht nur in Mauern investieren. Depner sprach auch von der Solidarität der mehrheitlich rumänischen Bevölkerung von heute, die ihren früheren Nachbarn problemlos Unterkunft boten, so dass alle 370 Angereisten gut untergebracht werden konnten.

In seiner Begrüßung im Festgottesdienst schilderte Pfarrer Ziegler einige wichtige Eckdaten aus der Geschichte der Kirchenburg, so z. B. wurde die Kirche um 1380 als spätgotische Pfeilerbasilika gebaut, stilmäßig der Hermannstädter Stadtpfarrkirche nachempfunden. Die Orgel stamme aus der Werkstatt von Josef Samuel Mätz, Baujahr 1802 und sei 1927 von Karl Einschenk restauriert und verändert worden. Die aktuelle Restaurierung habe Burkhard Wenzel durchgeführt, die Mittel kamen hauptsächlich von dem in Neumarkt am Mieresch lebenden Hetzeldorfer Klaus Pitters, von der HOG und aus einer Kollekte des EKR-Landeskonsistoriums. Allerdings sei noch nicht alles restauriert und deshalb bat Pfarrer Ziegler alle Anwesenden, die Kollekte des Festgottesdienstes der Fertigstellung der Orgel zu widmen.

Bischof Reinhart Guib weihte gemeinsam mit Pfarrer i. R. Georg Schmidt und dem gebürtigen Hetzeldorfer Pfarrer Michael Welther Kirche und Orgel wieder ein und sprach anschließend in seiner Predigt von der „grenzübergreifenden evangelisch-sächsischen Gemeinschaft", deren Potential an diesem Tag sichtbar sei.

Nach dem Gottesdienst wurden im Innenhof zwei junge Linden gepflanzt anstelle der alten, die im Zuge der Sanierungsarbeiten gefällt worden waren.  Außer dem Bischof und dem HOG-Vorsitzenden griff auch Norbert Kartmann, hessischer Landtagspräsident, zur Schaufel. Kartmann hielt dabei auch eine kurze Ansprache, in der er auf die Bedeutung der Wurzeln hinwies. Er selbst sei zwar in Deutschland geboren, seine Wurzeln liegen in Hetzeldorf. Eines der Anwesen, in denen heute das Altenwohnheim betrieben wird, gehörte seinem Großvater.

Wie es sich bei solchen Anlässen gehört, begaben sich alle in den Kulturheimsaal, wo der gesellige Teil des Festes bei Speis und Trank und  Musik auch nicht zu kurz kam.

Beatrice UNGAR

 

Foto 1: Stattlich anzusehen ist die mitten im Dorfzentrum stehende Hetzeldorfer Kirchenburg (das Bild zeigt die Kirche und einen Teil der Wehrmauer, aus dem Innenhof der Kirchenburg gesehen, der einzigen Perspektive, wo nicht alle möglichen Drähte die Sicht erschweren).

 

Foto 2: Der HOG-Vorstand vor dem Portal der sanierten Kirche (v. l. n. r.): Schriftführerin Christine Sutoris, Kulturreferentin Katharina Schmidt, Beisitzer Karl Maiterth, 1. stellvertretende Vorsitzende Renate Heilmann, Vorsitzender Johann Depner, Kassenwart Susanna Krauss,

Sozialreferentin Sibylle Hütter und Jugendreferentin Bruni Schenk.

Fotos: Beatrice Ungar

 

 

Veröffentlicht in Aktuelle Ausgabe, Soziales.